Schlachtenlärm Erdogan gibt sich im Gewässerstreit kompromisslos

AP/toko

26.8.2020

Der türkische Präsident schwelgt in Erinnerungen an mittelalterlichen Schlachtenlärm. Die EU überlegt indessen, wie sie mit dem Mitgliedskandidaten umgehen soll.

Griechenland und Türkei ergehen sich im Streit um Bodenschätze im Mittelmeer zum Entsetzen ihrer Nato-Verbündeten in martialischen Gesten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigte am Mittwoch an, er werde keine Kompromisse machen und beschwor Erinnerungen an einen Sieg türkischer Seldschuken gegen griechisch-byzantinische Truppen im Mittelalter. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis sagte, sein Land sei erst zu einem Dialog bereit, wenn die Türkei ihre Probebohrungen nach Öl und Gas einstelle.

Die Türkei lässt das Forschungsschiff «Oruc Reis» zwischen Kreta und Zypern nach Bodenschätzen suchen. Die Aktion sollte nach türkischen Angaben bis Donnerstag dauern. Griechenland beansprucht in der Gegend jedoch exklusive Nutzungsrechte, weil die dortigen Inseln zu seinem Territorium gehören. Ankara argumentiert dagegen, Inseln sollten bei der Berechnung der Seegrenzen zwischen Ländern nicht berücksichtigt werden. Beide Staaten veranstalteten in den umstrittenen Gewässern Marine-Manöver.

Der deutsche Aussenminister Heiko Maas versucht, zu vermitteln und warnte, die Situation sei so gespannt, dass schon ein winziger Funke zur Katastrophe führen könne. Seine Aussenministerkollegen in Athen und Ankara erklärten sich zwar zum Dialog bereit, gaben aber der jeweils anderen Seite die Schuld an der Lage.

Mitsotakis sagte im Parlament, die türkischen Probebohrungen seien rechtswidrig und provokatorisch. «Unsere Position ist glasklar und kann in sechs Worten zusammengefasst werden: Wenn Provokationen enden, können Gespräche beginnen», sagte er im Parlament.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigte an, er werde keine Kompromisse machen und beschwor Erinnerungen an einen Sieg türkischer Seldschuken gegen griechisch-byzantinische Truppen im Mittelalter.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigte an, er werde keine Kompromisse machen und beschwor Erinnerungen an einen Sieg türkischer Seldschuken gegen griechisch-byzantinische Truppen im Mittelalter.
Uncredited/Turkish Presidency POOL /AP/dpa (Archivbild)

Erdogan sagte, die Türkei werde sich nehmen, was ihr zustehe. Niemand solle ihre Geduld und Entschlossenheit auf die Probe stellen. «Wir sind entschlossen, in politischer, wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht alles Notwendige zu tun», sagte er während einer Gedenkveranstaltung an die Schlacht bei Manzikert im Jahr 1071, nach der türkische Seldschuken Anatolien vom Byzantinischen Reich eroberten. «Wenn wir sagen, wir tun etwas, werden wir es tun und den Preis zahlen», sagte Erdogan. «Wir fordern unsere Gesprächspartner auf, sich am Riemen zu reissen und Fehler zu vermeiden, die zu ihrem Untergang führen werden.»

Die EU-Aussenminister wollten sich am Donnerstag in Berlin über ihr Vorgehen beraten. Auf dem zweitägigen, informellen Treffen könnte es auch um Sanktionen gegen die Türkei gehen, die offiziell immer noch EU-Aufnahmekandidat ist. Bei früheren Gelegenheiten hatte die EU bereits Mittel gestrichen, die die Türkei zur Vorbereitung auf eine EU-Mitgliedschaft erhalten sollte. Erdogan wiederum hat Anfang des Jahres seine Bereitschaft demonstriert, syrische Bürgerkriegsflüchtlinge aus der Türkei in die EU weiterreisen zu lassen.

Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell sagte, die türkische Seite sei sehr aufgebracht und habe den Eindruck, dass Griechenland nicht verlässlich sei. Ein führender EU-Beamter sagte, eine solche Lage habe es noch nie gegeben. Borrell fürchte die Gefahr einer militärischen Eskalation. Er versuche, eine Entwicklung zu stoppen, die zu «sehr ernsten, unbeabsichtigten und unerwünschten Konsequenzen» führen könne.

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