US-ZwischenwahlenBiden warnt Amerikaner, Trump deutet Kandidatur für 2024 an
dpa
7.11.2022 - 06:37
Was bei den US-Wahlen auf dem Spiel steht
STORY: Wenn am kommenden Dienstag in den USA zur Wahl gerufen wird, steht Präsident Joe Bidens Name nicht auf den Stimmzetteln. Dennoch geht es für den 79-Jährigen bei den Kongresswahlen um nichts Geringeres als die Frage, wie effektiv er in den kommenden zwei Jahren seine Agenda durchsetzen kann. Verlieren seine Demokraten die Kontrolle über auch nur eine der beiden Parlamentskammern, können die Republikaner ihm das Regieren erheblich erschweren. Die Partei von Bidens Vorgänger Donald Trump könnte dann Gesetzesvorhaben blockieren und die Regierung mit einer Flut von Untersuchungsausschüssen ausbremsen – wie begründet oder unbegründet sie auch immer sein mögen. Es ist praktisch ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Partei, die an der Macht ist, bei den Kongresswahlen Federn lassen muss. Dieses Jahr müssen die Republikaner im Repräsentatntehaus nur fünf Mandate hinzugewinnen, um die Kammer zu erobern. Dass ihnen dies gelingt, ist Umfragen zufolge sehr wahrscheinlich. Im Senat geht es noch knapper zu. Hier verfügen beide Parteien aktuell über je 50 Stimmen. Gewinnen die Republikaner am Dienstag nur einen Sitz hinzu, übernehmen sie die Mehrheit. Ihre Chancen dafür stehen laut Umfragen ebenfalls nicht schlecht, ausgemacht ist ein Machtwechsel in dieser Kongresskammer aber nicht. Laut der jüngsten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters sind derzeit gerade einmal 40 Prozent der Amerikaner mit Bidens Arbeit zufrieden. Viele Kandidaten der Demokraten müssen befürchten, dass sie stellvertretend für den Präsidenten abgestraft werden. Auch Trumps Name steht nicht auf den Wahlzetteln. Dennoch ist er omnipräsent im Wahlkampf. Er hat eine ganze Reihe von Bewerbern in Stellung gebracht, die seinen Kurs vertreten und die er quasi als Statthalter in den Kongress bringen will. Längst wird erwartet, dass er 2024 einen neuen Anlauf auf das Weisse Haus nimmt. Doch auch seine Beliebtheitswerte sind insgesamt nicht viel besser als die Bidens. Wie so oft bei Wahlen in den USA stehen die Sorgen über die Wirtschaft in der Liste der Themen, die die Amerikaner bewegen, ganz oben – und zwar mit deutlichem Abstand etwa vor Verbrechen, Einwanderung, Abtreibung und Klima. Entsprechend haben die Republikaner landauf und landab diese Ängste in den vergangenen Wochen verstärkt aufgegriffen und ins Zentrum ihres Wahlkampfs gerückt.
07.11.2022
Mit den «Midterms» am Dienstag endet eine hitzige Phase des Wahlkampfs in den USA. Präsident Biden findet noch einmal mahnende Worte, während Ex-Präsident Trump die Aufmerksamkeit für seine eigene Agenda nutzt.
07.11.2022, 06:37
07.11.2022, 09:23
dpa
Zwei Tage vor den Zwischenwahlen in den USA hat Präsident Joe Biden noch einmal die Wichtigkeit der anstehenden Abstimmungen betont. «Die Demokratie steht buchstäblich auf dem Stimmzettel», sagte Biden bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat New York. Zum Abschluss einer mehrtägigen Wahlkampftour durch mehrere Bundesstaaten warb er in New York für die demokratische Gouverneurin Kathy Hochul, die sich in einem überraschend engen Rennen gegen den Republikaner Lee Zeldin durchsetzen will.
Biden warnte in seiner Rede einmal mehr vor den Kandidatinnen und Kandidaten der republikanischen Partei, die Anerkennung von Wahlergebnissen offen infrage stellten – oder gar leugneten. «Ich scherze nicht mit diesen Wahlleugnern. Für sie gibt es nur zwei mögliche Wahlergebnisse: Entweder sie gewinnen oder sie wurden betrogen», sagte er. Es gebe «zwei grundlegend unterschiedlichen Visionen von Amerika», sagte Biden. Darüber müssten die Wählerinnen und Wähler am Dienstag entscheiden.
Am 8. November stimmen die Amerikanerinnen und Amerikaner über die Mehrheitsverhältnisse im US-Kongress sowie über zahlreiche Gouverneurs- und andere Posten ab. Den Demokraten droht der Verlust ihrer Mehrheit im US-Kongress. Sollte das tatsächlich passieren, dürften die Republikaner Bidens Politik in den kommenden zwei Jahren weitgehend blockieren.
Trump macht Wahlkampf in Florida – kein Wort zu DeSantis
Im US-Bundesstaat Florida kam es unterdessen zu einer Art Showdown zwischen potenziellen Kandidaten der Republikaner für die Präsidentenwahl 2024. Ex-Präsident Donald Trump, der am Dienstag genau wie US-Präsident Biden nicht selbst auf dem Stimmzettel steht, nutze die Gunst der Stunde, um energisch für die Republikaner zu werben – und für sich selbst.
Während einer Wahlkampfveranstaltung in Miami wiederholte der 76-Jährige unter dem Jubel seiner Anhänger die Mär von der gestohlenen Wahl 2020, warnte einmal mehr vor der Gefahr, die von der «radikalen Linken» ausgehe, und kokettierte erneut mit seiner Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2024.
Auffallend war, dass der republikanische Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, bei der grossen Trump-Kundgebung fehlte – und der Ex-Präsident ihn mit keinem Wort erwähnte. Der 44-Jährige, der am kommenden Dienstag im Amt bestätigt werden möchte, gilt als stärkster innerparteilicher Konkurrent Trumps für die Präsidentenwahlen 2024. Umfragen zufolge hat DeSantis gute Chancen, das Gouverneursrennen in Florida zu gewinnen.
Noch haben zwar weder Trump noch DeSantis offiziell ihre Präsidentschaftsbewerbung verkündet, zumindest Trumps Ankündigung wird aber nach den «Midterms» erwartet.
US-Medien berichteten unter Berufung auf Mitarbeiter Trumps, DeSantis sei nicht zu der Kundgebung eingeladen worden und habe auch nicht um eine Teilnahme gebeten. DeSantis nahm unterdessen andere Wahlkampftermine in dem südlichen US-Bundesstaat wahr. Beobachter werteten die konkurrierenden Auftritte als Zeichen einer wachsenden Spannung zwischen den beiden.
Trump unterstützte im Wahlkampf sehr viele auch erfolgreiche Republikaner, die ihm gewogen waren, öffentlich. Am Sonntagabend trat er mit dem republikanischen Senatoren Marco Rubio auf, dessen Wiederwahl am Dienstag ebenfalls als sehr wahrscheinlich gilt.
Zudem lobte er in seiner Rede eine ganze Reihe an Republikanern in Florida. «Jede dieser Personen, die ich hier aufzähle, hat meine volle und uneingeschränkte Unterstützung», sagte er. DeSantis erwähnte er nicht. In einer Rede am Samstag erlaubte er sich einen Seitenhieb, indem er ihn als «Ron DeSanctimonious» bezeichnete. «Sanctimonious» heisst auf Deutsch scheinheilig.
DeSantis bietet ähnliche Hardliner-Positionen wie Trump, gilt aber als disziplinierter und smarter als sein Parteikollege. Er hat die Elite-Unis Yale und Harvard besucht, war bei der Navy und im Irak im Einsatz.