Der Streit um die Herausgabe von Finanzunterlagen des US-Präsidenten Donald Trump ist auch nach Entscheidungen des Obersten Gerichts der USA nicht beendet. Doch der Supreme Court sprach Trump «absolute Immunität» ab.
Der Supreme Court, das Oberste Gericht der USA, hat dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump am Donnerstag «absolute Immunität» abgesprochen. Das Gericht gestand der Bezirksstaatsanwaltschaft in Manhattan das Recht zu, grundsätzlich Finanzunterlagen Trumps einsehen zu können. Eine zweite Entscheidung des Gerichts hindert Ausschüsse des Parlaments aber vorerst daran, ähnliche Dokumente zu erhalten.
Die Entscheidungen waren vier Monate vor der Präsidentenwahl mit grosser Spannung erwartet worden. Allerdings ist vollkommen offen, ob und wann die Öffentlichkeit jemals Details über Trumps Finanzen und Steuerzahlungen erfahren wird.
Trump versucht seit langem, die Herausgabe seiner Finanz- und Steuerunterlagen durch seine Buchhalterfirma Mazars und die Kreditinstitute Deutsche Bank und Capitol One zu verhindern. Kritiker mutmassen daher, er habe etwas zu verbergen.
Die Herausgabe von Finanz- und Steuerunterlagen hoher Amtsträger hat in den USA eine lange Tradition. Präsidentschaftskandidaten veröffentlichen diese üblicherweise bereits im Wahlkampf. Trump hat dies stets abgelehnt.
Präsident hat keine absolute Immunität
Den Widerstand gegen die angeforderte Herausgabe von Dokumenten begründeten Trumps Anwälte damit, dass er als Präsident Immunität geniesse. Dieser Annahme widersprach der Supreme Court nun.
Das Gericht bekräftige, dass «kein Bürger, nicht einmal der Präsident» kategorisch über der allgemeinen Pflicht stehe, Beweise zu liefern, die in einem Strafverfahren angefordert werden, wie der Oberste Richter John Roberts ausführte. Die Entscheidung ebnet den Weg dafür, dass die Staatsanwaltschaft die Unterlagen einsehen kann.
Die Staatsanwaltschaft in Manhattan will um Zuge von Ermittlungen Steuerunterlagen von Trump und dessen Firmen über einen Zeitraum von acht Jahren einsehen. Dabei geht es um angebliche Schweigegeldzahlungen, die Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen dem Pornostar Stormy Daniels und dem ehemaligen Playmate Karen McDougal gezahlt haben soll. Beide Frauen geben an, Affären mit Trump gehabt zu haben, was dieser dementiert.
Staatsanwalt Cyrus Vance sprach nach den Entscheidungen des Supreme Court in einer Mitteilung von einem «enormen Sieg» für das Rechtssystem des Landes. «Niemand – nicht einmal der Präsident – steht über dem Gesetz», erklärte er. Das Gericht ordnete allerdings nicht an, dass die Buchhalterfirma Mazars Dokumente an die Staatsanwaltschaft übergeben muss.
Rückschlag für die Demokraten
Einen Rückschlag erlitten die US-Demokraten: Verschiedene Ausschüsse des von ihnen dominierten Repräsentantenhauses hatten ebenfalls mithilfe sogenannter Subpoenas – Anforderungen unter Strafandrohung – versucht, an Unterlagen zu kommen, die Trumps Finanzen und Geschäfte betreffen. Die Subpoenas gingen zum einen an Trumps Buchhalterfirma und zum anderen an Trumps Hausbank – die Deutsche Bank – und das Geldhaus Capital One.
Die Richter bemängelten unter anderem, dass für ein solches Vorgehen eine spezifischere Begründung nötig wäre, und verwiesen den Fall zurück an untere Instanzen. Die Gerichte sollten sorgfältig prüfen, ob gesetzgeberische Absichten des Kongresses die Einbeziehung des Präsidenten und seiner Unterlagen rechtfertigten, hiess es.
Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sprach dennoch von einer schlechten Nachricht für den Republikaner Trump. Der Supreme Court habe das Recht des Parlaments bestätigt, die Regierung zu kontrollieren, verlange aber für das weitere Vorgehen zusätzliche Informationen, erklärte Pelosi. Der führende Demokrat im US-Senat, Chuck Schumer, erklärte: «Egal, wie sehr er sich wünscht, dass es wahr ist, Präsident Trump ist kein König.» Der Supreme Court habe einen «fundamentalen Grundsatz unserer Demokratie bestätigt». Die Demokraten erhofften sich durch die Einsicht in die Unterlagen Informationen über mögliche Verbindungen Trumps zu Personen im Ausland oder Interessenskonflikte.
Präsident verärgert
Obwohl Trump sich erst einmal in Sicherheit wiegen kann, dass Details seiner Unterlagen zunächst nicht an die Öffentlichkeit gelangen, zeigte sich der Präsident verärgert über die Entscheidungen des Supreme Court. «Das ist alles eine politische Verfolgung», schrieb Trump auf Twitter. Der Supreme Court hätte im Fall eines anderen Präsidenten nie so entschieden.
Schon wenige Minuten vor der Bekanntmachung der Entscheidungen hatte Trump auf Twitter eine «Drangsalierung» des Präsidenten und «staatsanwaltschaftliches Fehlverhalten» beklagt. Sein Anwalt Jay Sekulow zeigte sich dagegen erfreut. Er kündigte auf Twitter an, dass das Rechtsteam weitere verfassungsrechtliche und rechtliche Fragen vor niedrigeren Instanzen vorbringen werde.
Trumps Darstellung, Opfer einer politischen Verfolgung zu sein, ist nicht neu. Sowohl die Ermittlungen wegen möglicher russischer Einflussnahme auf die US-Wahl 2016 als auch das von den Demokraten angestrebte Amtsenthebungsverfahren bezeichnete er immer wieder als «Hexenjagd». Mit Blick auf die Finanzunterlagen hatte das Magazin «The Atlantic» geschrieben, der Fall sei die nächste Phase im Streit um die Frage, ob Trump als Präsident machen könne, was er wolle.
Trump hat allein im Sommer vergangenen Jahres mehrfach gesagt, als Präsident tun zu können, was er wolle. Trumps Anwalt William Consovoy hatte einem Richter bestätigt, dass die temporäre Immunität durch das Präsidentenamt aus seiner Sicht so weit reiche, dass Trump sogar auf der Strasse in New York einen Menschen erschiessen könnte, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen – wie Trump im Wahlkampf 2016 selbst behauptet hatte.
Die Sprecherin des Weissen Hauses, Kayleigh McEnany, machte klar, dass sich an Trumps Haltung zur Immunität eines Präsidenten nichts geändert habe. «Er akzeptiert jede Entscheidung des Supreme Court als geltendes Recht, ändert aber trotzdem nicht seinen Standpunkt.»
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