Kritik an Berliner Charité Kreml sieht keine Beweise für Vergiftung von Nawalny

SDA

25.8.2020 - 14:27

Das Bettenhochhaus der Berliner Charite ist am Morgen hinter dem Bundeskanzleramt zu sehen. In der Klinik wird der russische Oppositionelle Nawalny behandelt. Foto: Christoph Soeder/dpa
Das Bettenhochhaus der Berliner Charite ist am Morgen hinter dem Bundeskanzleramt zu sehen. In der Klinik wird der russische Oppositionelle Nawalny behandelt. Foto: Christoph Soeder/dpa
Source: Keystone/dpa/Christoph Soeder

Die russische Regierung hat die Einschätzung der Berliner Charité, dass der Regierungskritiker Alexej Nawalny vermutlich vergiftet wurde, als vorschnell bezeichnet.

«Wir verstehen nicht, warum es unsere deutschen Kollegen so eilig haben, das Wort 'Vergiftung' zu verwenden», sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. «Diese Version war eine der ersten, die unsere Ärzte in Betracht gezogen haben.» Um welche Substanz es sich handele, sei aber noch unklar, sagte Peskow.

Der russische Oppositionelle Alexej Nawalny wird seit Samstag in der Berliner Klinik behandelt. Ärzte gehen nach einer Auswertung von klinischen Befunden davon aus, dass er vergiftet wurde. Der Regierungskritiker liegt bereits seit Donnerstag im Koma. Zunächst wurde er in einem Spital in Sibirien versorgt, dann kam er auf Drängen seiner Familie und seines Teams mit einem Spezialflugzeug nach Deutschland.

Nach Angaben der Charité deuten die ersten Untersuchungen auf eine Substanz aus der Wirkstoffgruppe der Cholinesterase-Hemmer hin, die bei Nawalny gefunden wurde. Laut Charité wurde die Wirkung des Giftstoffes mehrfach in unabhängigen Laboren nachgewiesen. Um welche Substanz es sich handelt, war zunächst unklar.



Nach Angaben von Peskow «stimmt die medizinische Analyse der deutschen Ärzte absolut mit unserer überein, aber die Schlussfolgerungen sind unterschiedlich». Mit Blick auf die Mitteilung der Charité vom Vortag sagte Peskow: «Wir haben nichts Neues erfahren.» Russische Ärzte seien aber bereit, Proben der ersten Analyse den Ärzten in Berlin zur Verfügung zu stellen.

Es gebe viele Gründe, weshalb ein Cholinesterase-Wert sinken könne, sagte der Kremlsprecher. Eine Möglichkeit sie die Einnahme von Medikamenten. «Weder unsere noch die deutschen Ärzte konnten diesen Grund bisher feststellen.»

Cholinesterasen sind körpereigene Enzyme, sie sind im Stoffwechsel unverzichtbar für den Abbau bestimmter Stoffe, insbesondere des Botenstoffs Acetylcholin im Gehirn. Sogenannte Cholinesterase-Hemmer blockieren dieses Enzym.

Die genauen Umstände des Falls sind noch unklar. Nawalny gehört zu den schärfsten Kritikern von Kremlchef Wladimir Putin. Auf den 44-Jährigen wurden schon mehrere Anschläge verübt.

Zurück zur Startseite