Klare Worte Hätte Putin Nawalny töten wollen, «hätte er das auch zu Ende geführt»

dpa

18.12.2020 - 10:38

Wer steckt hinter dem Giftanschlag auf Alexej Nawalny? Der russische Oppositionelle hat immer wieder den Kremlchef dafür verantwortlich gemacht. Wladimir Putin reagiert nun auf diesen Vorwurf.

Der russische Präsident Wladimir Putin sieht keinen Grund für eine Vergiftung seines Gegners Alexej Nawalny. «Wer ist er schon? Wenn das jemand gewollt hätte, dann hätte er das auch zu Ende geführt», sagte der Kremlchef bei seiner Jahrespressekonferenz.

Putin reagierte damit auf Vorwürfe Nawalnys, ein «Killerkommando» des Inlandsgeheimdienstes FSB habe ihn vergiften sollen. Russlands prominentester Regierungskritiker hatte Putin für den Mordanschlag verantwortlich gemacht.

Nawalny ist eigenen Angaben zufolge in Deutschland von Ermittlern zu dem Giftanschlag auf ihn befragt worden. Er habe den halben Tag bei «der deutschen Staatsanwaltschaft» verbracht, schrieb er in seinem Telegram-Kanal.

Damit erweise sich die Aussage von Putin, Deutschland kooperiere nicht bei der Aufklärung des Verbrechens, als Lüge, schrieb Nawalny, der sich zurzeit in Deutschland erholt.

Putin beschuldigt Washington

«[Die Deutschen] wurden gebeten, mich zu befragen und haben Fragen geschickt bekommen. Sie haben mir diese Fragen gestellt, die Antworten aufgeschrieben und schicken sie nach Moskau», schrieb Nawalny.

Ein Bild aus Berlin vom September 2020: (von links) Daria Nawalny, ihr Bruder Zahar, ihr Vater Alexej und Mutter Julia machen in der Charité ein Selfie am Krankenbett.
Ein Bild aus Berlin vom September 2020: (von links) Daria Nawalny, ihr Bruder Zahar, ihr Vater Alexej und Mutter Julia machen in der Charité ein Selfie am Krankenbett.
KEYSTONE

Der Oppositionelle hatte mehrere mutmassliche FSB-Agenten namentlich und mit Foto in einem Video beschuldigt, sie hätten auf ihn im August einen Anschlag mit einem Nervengift der Nowitschok-Gruppe verübt. Der chemische Kampfstoff ist international verboten.

Es handele sich hierbei um Material amerikanischer Geheimdienste, sagte der frühere FSB-Chef Putin. Er behauptete, US-Geheimdienste hätten Nawalny geholfen, die Behauptungen gegen russische Agenten aufzustellen.

«Dann müssen ihn die Geheimdienste natürlich beobachten»

Der Kremlgegner hatte dagegen erklärt, die telefonischen Verbindungsdaten und Reiselisten von FSB-Mitarbeitern stammten von in Russland auf dem Schwarzmarkt käuflichen Dateien. Putin meinte nun, wenn Nawalny Zugriff auf solche Datensätze habe, dann sei das interessant.

Wladimir Putin, Präsident von Russland, spricht am 17. Dezember bei einer grossen Pressekonferenz per Video zu Medienvertretern in Moskau.
Wladimir Putin, Präsident von Russland, spricht am 17. Dezember bei einer grossen Pressekonferenz per Video zu Medienvertretern in Moskau.
KEYSTONE

«Dann müssen ihn die Geheimdienste natürlich beobachten. Aber das heisst überhaupt nicht, dass man ihn vergiften muss», sagte er. Putin sagte auch mit Blick auf jüngste Berichte zu seinem Privatleben und zu seiner Familie, dass dies gezielte Aktionen der US-Geheimdienste seien. «Es ist nicht möglich, das zu lesen», sagte er.

Die russische Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta» wertete Putins Eingeständnis, das Nwalany observiert werde, am Freitag als kleine Sensation und analysierte: «Die Logik des Präsidenten war äusserst einfach: Der Patient wird von amerikanischen Geheimdiensten unterstützt – umso berechtigter ist das Interesse russischer Geheimdienste an ihm.»

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