Präsident Emmanuel Macron und Generalstabschef Francois Lecointre (r.): Letzterer kündigte Disziplinarmassnahmen gegen die Unterzeichner der Briefe an.
Macron im Gespräch mit Generälen: Der Oberbefehlshaber schweigt bisher.
Der ehemalige Armeechef Pierre de Villiers mit dem damaligen Präsidenten François Hollande: Der Fünf-Sterne-General trat nach Macrons Amtsübernahme zurück, weil dieser bei der Armee sparen wollet.
De Villiers hat wiederholt vor Unmut in der Bevölkerung gewarnt und wird als möglicher Präsidentschaftskandidat der Rechten angesehen.
Rechtspopulistin Marine Le Pen will die Unzufriedenheit beim Militär für ihren Wahlkampf nutzen.
Premierminister Jean Castex sieht ein politisches Manöver von Rechtsextremen.
Rechte Militärs sorgen für Unruhe in Frankreich
Präsident Emmanuel Macron und Generalstabschef Francois Lecointre (r.): Letzterer kündigte Disziplinarmassnahmen gegen die Unterzeichner der Briefe an.
Macron im Gespräch mit Generälen: Der Oberbefehlshaber schweigt bisher.
Der ehemalige Armeechef Pierre de Villiers mit dem damaligen Präsidenten François Hollande: Der Fünf-Sterne-General trat nach Macrons Amtsübernahme zurück, weil dieser bei der Armee sparen wollet.
De Villiers hat wiederholt vor Unmut in der Bevölkerung gewarnt und wird als möglicher Präsidentschaftskandidat der Rechten angesehen.
Rechtspopulistin Marine Le Pen will die Unzufriedenheit beim Militär für ihren Wahlkampf nutzen.
Premierminister Jean Castex sieht ein politisches Manöver von Rechtsextremen.
Sie sehen das Land kurz vor dem Zerfall und träumen von einer militärischen Intervention. Zwei Brandbriefe von Armeeangehörigen sorgen für Unruhe in Frankreich.
Droht in Frankreich ein «Bürgerkrieg» mit Tausenden Toten oder gar ein Militärputsch? Diesen Eindruck erwecken zwei Brandbriefe französischer Armeeangehöriger, die ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl für Unruhe sorgen. Die französische Armeespitze hat sich zwar klar distanziert und die «Putschfantasien» verurteilt. Aber die Sorge vor einem Erstarken rechtsextremer Kräfte in Frankreich bleibt.
«Für eine Rückkehr unserer Regierenden zur Anständigkeit» ist der erste Brandbrief überschrieben, den die rechtsidentitäre Zeitschrift «Valeurs Actuelles» vor rund zwei Wochen abdruckte. Unterschrieben haben ihn gut 20 frühere Generäle, die Frankreich vor dem Zerfall sehen: Schuld seien der «Islamismus und Horden der Banlieue» – gemeint sind Einwanderer aus den früheren Kolonien –, aber auch linke Kreise.
«Die Gewalt steigt von Tag zu Tag», heisst es in dem Text unter Verweis auf islamistische Anschläge und Gewalt in französischen Vorstädten. «Es ist keine Zeit mehr zu zögern, sonst wird der Bürgerkrieg dem wachsenden Chaos ein Ende bereiten und die Zahl der Toten in die Tausende gehen.» Sogar von einer möglichen Intervention der Armee ist die Rede.
Die Antwort folgte prompt: Generalstabschef François Lecointre verurteilte die «Putschfantasien» und kündigte Disziplinarmassnahmen gegen die Unterzeichner an. Der Aufruf spiegele «in keiner Weise die geistige Verfassung der heutigen Armee» und ihrer 210'000 Mitglieder wider, betonte Lecointre.
Marine Le Pen will Situation für sich nutzen
Diese Woche erschien dann ein zweites Schreiben, in dem Präsident Emmanuel Macron vor Zugeständnissen an Islamisten gewarnt wird. Letztere hätten nur «Verachtung oder sogar Hass» für Frankreich übrig, heisst es in dem Text, der ebenfalls von «Valeurs Actuelles» veröffentlicht wurde – allerdings anonym. Die Urheber sollen demnach aktive Militärangehörige sein, die ihre Namen aus Angst vor Sanktionen nicht nennen wollen. Nach Angaben der Zeitschrift schlossen sich mehr als 145'000 weitere Menschen dem Aufruf an.
Die Regierung ist deshalb in Alarmstimmung: Von einem politischen Manöver von Rechtsextremen spricht Regierungschef Jean Castex. «Wenn sie denken, dass alles auf dem Spiel steht, sollen sie ihre Gesichter zeigen», sagte er der Zeitung «Le Parisien» zu den anonymen Unterzeichnern.
Für Empörung sorgt in Frankreich nicht nur die unverhohlene Drohung mit einem Putsch. Es gibt auch massive Kritik an der Rechtspopulistin Marine Le Pen. Diese rief die Militärs auf, sie bei der Präsidentschaftswahl gegen Macron in einem Jahr zu unterstützen. Im Jahr 2017 war Le Pen Macron in der Stichwahl deutlich unterlegen, diesmal rechnen Meinungsforscher mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen.
Regierungschef Castex empörte sich, die Chefin des Rassemblement National unterstütze offen einen Vorstoss gegen den Staat. Damit zeige die 52-Jährige ihr wahres Gesicht nach jahrelangen Versuchen, die frühere Front National ihres Vaters Jean-Marie Le Pen zu «entteufeln».
«Die Streitkräfte sind apolitisch»
Ein Mitglied des französischen Generalstabs sagte der Nachrichtenagentur AFP, mit den Soldaten, Offizieren und Generälen werde nun Tacheles geredet: «Die Streitkräfte sind apolitisch und dem Präsidenten zur Treue verpflichtet. Wer damit Probleme hat, sollte die Armee verlassen.»
Präsident Macron als Oberbefehlshaber schweigt bisher. Womöglich will sich der 43-Jährige nicht erneut mit der Armee anlegen. Macron hatte kurz nach seinem Amtsantritt im Sommer 2017 für Missmut gesorgt, als er Sparmassnahmen für die Streitkräfte ankündigte und der angesehene Generalstabschef Pierre de Villiers daraufhin zurücktrat.
Seitdem hat der Fünf-Sterne-General de Villiers wiederholt vor massivem Unmut in der Bevölkerung gewarnt, der sich geballt entladen könnte, zuletzt wegen der Corona-Pandemie. Auch als möglicher Präsidentschaftskandidat gegen Macron wurde de Villiers in rechten Kreisen schon gehandelt. Die Aufrufe hat der General nicht unterzeichnet. Zumindest nicht namentlich.