US-Wahl 2020 Republikaner in Arizona glauben noch immer an Wahlfälschung

AP/toko

26.4.2021

Der ehemalige Staatssekretär von Arizona Ken Bennett.
Der ehemalige Staatssekretär von Arizona Ken Bennett.
KEYSTONE AP Photo/Ross D. Franklin

Bei den Präsidentenwahlen im November haben die Republikaner ihre einstige Hochburg Arizona an die Demokraten verloren. Obwohl das Ergebnis seit Monaten amtlich ist, wollen es einige immer noch nicht locker lassen. Einen freut das besonders.

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26.4.2021

Gut ein halbes Jahr nach der Präsidentenwahl sind US-Republikaner immer noch auf der Suche nach Stimmen für Verlierer Donald Trump. Der Senat von Arizona setzte sich mit der Mehrheit der Republikaner in den Besitz aller rund 2,1 Millionen Stimmzettel des Bezirks Maricopa County sowie von Zählmaschinen und Computerfestplatten und händigte diese einer Beratungsfirma aus Florida aus, die sie überprüfen soll.

Die Demokraten hatten bei der Wahl in Arizona eine knappe Mehrheit errungen, womit die elf Wahlleute des Staates an Joe Biden gingen. Das Unternehmen Cyber Ninjas hat keine Erfahrung mit Wahlprozessen. Sein Chef Doug Logan hat unbelegte Verschwörungstheorien verbreitet, denen zufolge das Ergebnis der Wahl unrechtmässig ist.

Trump zeigte sich erfreut über das Vorgehen seiner Parteigänger. «Ich danke den Senatoren des Bundesstaates und anderen in Arizona, dass sie diese vollständige forensische Prüfung in die Wege geleitet haben», erklärte der Ex-Präsident. «Ich prophezeie, dass die Ergebnisse verblüffend sein werden!» Trump hoffte, dass auch Wahlergebnisse in anderen Staaten überprüft werden, in denen er verloren hat.



Wahlexperten befürchten, dass die Prüfer von Cyber Ninjas der komplexen Aufgabe nicht gewachsen sind und das Vertrauen in die Demokratie ernsthaft untergraben werden. «Ich denke, die Aktivitäten, die hier stattfinden, sind unbesonnen und ähneln in keiner Weise einer Prüfung», urteilte Jennifer Morrell, Partnerin bei der Beratungsfirma Elections Group, die staatliche und lokale Wahlbeamte berät, die aber nicht in Arizona gearbeitet hat.

Cyber-Ninja-Chef Logan versichert zwar, er wolle eine transparente Nachzählung, weigerte sich aber offenzulegen, wer ihn bezahlt, und wie viel das Ganze überhaupt kostet. Klar ist, dass das vom Senat bereitgestellte Geld nicht reicht. Vom rechten Fernsehsender One America News Network gesammeltes Geld ging direkt an Cyber Ninjas. Über die Spender schweigt sich Logan aus.

Auch wer die Stimmen überhaupt nachzählt, verriet er nicht und weigerte sich, Teams aus Mitgliedern beider Parteien einzusetzen. Nach seinen Angaben werden sie Stimmzettel von Teams aus je drei Leuten nachgezählt. Dabei handle es sich um Polizeibeamte, Militärs und Pensionäre. Wie viele Republikaner und Demokraten dabei sind, wollte Logan nicht sagen.



Gegen die Presse-Ethik

Der von den Republikanern dominierte Senat von Arizona liess keine Medien zur Beobachtung zu. Reporter müssten sich als offizielle Beobachter für eine Sechs-Stunden-Schicht einteilen lassen, wobei sie aber weder fotografieren, noch sich Notizen machen dürften, hiess es. Es widerspricht aber der journalistischen Ethik, dass Reporterinnen oder Reporter an einem Prozess teilnehmen, über den sie selbst berichten.

Cyber Ninjas begann am Freitag mit der manuelle Nachzählung. Die Demokraten haben bei Gericht beantragt, die Aktion abzubrechen. Der Richter bot an, die Auszählung über das Wochenende zu unterbrechen, falls die Demokraten eine Million Dollar (rund 920'000 Franken) hinterlegen, um zusätzliche Kosten zu decken. Doch die Partei lehnte ab. Bei einer Anhörung am Montag muss Cyber Ninjas Trainingshandbücher und schriftliche Unterlagen über das Verfahren vorlegen.

Cyber Ninjas wollte auch die Wahlmaschinen und ihre Daten überprüfen und die Zusammensetzung der Fasern in den Papierwahlzetteln kontrollieren, um mögliche Fälschungen aufzuspüren. Ausserdem wollte das Unternehmen in ausgewählten Wahlbezirken von Tür zu Tür zu gehen und die Leute befragen, ob sie tatsächlich gewählt haben. Logan äusserte sich nur vage dazu, wie die Bezirke ausgewählt wurden. Er sagte lediglich, es habe eine statistische Analyse auf der Grundlage früherer Wahlen gegeben. Überprüft werden im Übrigen nur Abstimmungen, die die Demokraten gewonnen hatten.

«Unglaublich problematisch»

Die Nachzählung begann mit Amateurfehlern, die Kritiker als Beweis dafür werten, dass die von Cyber Ninjas eingesetzten Teams ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind. So arbeiteten sie mit Stiften, die beim Auszählen verboten sind, weil sie von den Zählmaschinen aufgezeichnet werden. Als die Prüfer in den Tagen vor der Nachzählung die Ausrüstung einrichteten und Stimmzettel und Zählmaschinen erhielten, hatte ein Team einer Gruppe von Fernsehsendern aus Phoenix, azfamily, ungehinderten Zugang zu der angeblich sicheren Einrichtung.

Der Landkreis Maricopa County hat vor und nach der Wahl selbst diverse Prüfungen vorgenommen. Unter anderem wurden Stichproben von Hand nachgezählt, um zu sehen, wie genau die Wahlmaschinen arbeiten. Der Bezirk beauftragte ausserdem zwei Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die keine bösartige Software oder fehlerhafte Zählgeräte feststellten und zu dem Schluss kamen, dass keiner der Computer oder Geräte mit dem Internet verbunden war.

Die frühere Wahlleiterin von Maricopa County kritisierte, bei der Nachzählung von Cyber Ninjas gehe es letztlich um die Frage, ob eine neue Norm eingerichtet werde, nach der Wahlergebnisse einer freien, fairen und gerechten Demokratie nicht mehr akzeptiert würden. «Das ist der Kern dessen, was hier auf dem Spiel steht», sagte die Beraterin des Democracy Funds. «Ich denke, das ist unglaublich, unglaublich problematisch.»