Säbelrasseln im Pazifik Russland hält Manöver zur «Einschüchterung Japans» ab

Von Philipp Dahm

28.3.2022

Diese Kurilen-Inseln sind zwischen Russland und Japan umstritten.
Diese Kurilen-Inseln sind zwischen Russland und Japan umstritten.
Japanisches Verteidigungsministerium

Russland will beweisen, dass es trotz Krieg in der Ukraine genug Reserven hat, um auch im Pazifik noch militärisch Präsenz zu zeigen: Der Kreml führt ein Manöver bei den auch von Japan beanspruchten Kurilen durch.

Von Philipp Dahm

28.3.2022

Russland steht im Krieg. Nicht nur mit der Ukraine, sondern auch mit Japan: Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die beiden Staaten nie offiziell Frieden geschlossen.

Der Grund dafür ist der andauernde Streit um die Kurilen: Japan fordert die seit damals besetzten vier südlichen Inseln Etorofu (Russisch: Iturup), Kunashiri (Kunaschir), Shikotan (Schikotan) sowie die Habomai-Gruppe zurück und bezeichnet die Inseln als Japans nördliche Territorien. Russland lehnt das Ganze als rechtliche Nachfolgerin der Sowjetunion ab.

Kein Wunder: Das Territorium garantiert Moskau einen Zugang zum Pazifik. Die japanischen Bewohner*innen der Inseln in den fischreichen Gewässern sind schon lange vertrieben worden, doch Tokio kann seine Ansprüche nicht aufgeben: Das Gebiet liegt viel zu nahe an der Hauptinsel Hokkaido und ist militärisch ein Stachel im Fleisch der potenziellen Verteidiger.

«Einschüchterung Japans»

Die diplomatischen Verhandlungen über diese Inseln hat der Kreml wegen der Sanktionen infolge des Krieges in der Ukraine nicht nur vergangene Woche zum Ärger Japans abgebrochen, sondern hat auch seine militärische Präsenz dort massiv erhöht – und zeigt nun zusätzlich mit einem Manöver Stärke.

An der Übung sollen zwar nur 3000 Soldaten beteiligt seien, doch das Motiv ist das, was Tokio Kopfweh bereitet: Bei dem Manöver wurde explizit die Abwehr feindlicher Landungen geprobt, wobei Jets, Marine-Einheiten und Raketen zum Zuge kommen. Das Ganze sei «eine Einschüchterung Japans», fasst die indisch-kanadische «EurAsian Times» zusammen.

Das liegt an dem Paket, das das russische Militär in der Gegend geschnürt hat und über das die Regierung in Tokio informiert hat: 3500 sind demnach bereits auf den Inseln stationiert. Einen Schirm im Luftraum baut das moderne Flugabwehrsystem S-300V4 auf. Damit keine Flottenverbände zu nahe kommen, sollen die K-300P Bastion-P und die 3K60 Bal, die die Raketen P-800 Oniks und Kh-35 Bal verschiessen.

Der Schirm von Russlands Raketen

Erstere ist eine Anti-Schiff-Rakete mit 300 Kilometer Reichweite, die mit Überschallgeschwindigkeit fliegt – also zwischen Mach 1 und Mach 3. Die Kh-35 ist ebenfalls ein Seezielflugkörper, hat aber nur etwa 130 Kilometer Reichweite, fliegt Mach 0,8 und soll kleine, wendige Boote zerstören. Wie Grafiken des japanischen Militärs zeigen, kann Moskau Tokio effektiv den Zugang zu dieser Region mit den Waffen verwehren.

Die Reichweiten der auf den Kurilen stationierten russischen Raketen. Tor-M2 und Muk-M-1 werden gegen Flugzeuge eingesetzt.
Die Reichweiten der auf den Kurilen stationierten russischen Raketen. Tor-M2 und Muk-M-1 werden gegen Flugzeuge eingesetzt.
Japanisches Verteidigungsministerium

Weitere militärische Vorteile hat sich der Kreml durch die Stationierung von Aufklärungsdrohnen vom Typ Orlan-10 und Mehrfach-Raketenwerfern vom Typ Smerch gesichert. Die Artillerie hat eine Reichweite von maximal 70 Kilometer. Abgerundet wird Russlands Verteidigungsbereitschaft durch Iskander-Raketen, Jets, die auf Etorufu stationiert sind, sowie U-Booten der Borei-Klasse und Korvetten der Stereguschtschi-Klasse.

Russische Stützpunkte nahe der japanischen Hauptinsel.
Russische Stützpunkte nahe der japanischen Hauptinsel.
Japanisches Verteidigungsministerium

Japan hat im Dezember einen Rekord-Wehretat bekannt gegeben – zum achten Mal in Folge: Die Sicherheit lässt sich Tokio 47,2 Milliarden Dollar kosten.  Zum Vergleich: Washington gibt 778 und China 252 Milliarden Dollar aus. Russland belegt nach Indien mit 61,7 Milliarden Dollar Rang vier, Japan ist weltweit Neunter bei den Rüstungsausgaben.