USA Trump reist am Dienstag nach Kenosha — Ein Toter in Portland

sda/AP/toko

30.8.2020 - 10:16

US-Präsident Donald Trump wird in die Stadt Kenosha reisen, die nach Schüssen in den Rücken eines Schwarzen bei einem Polizeieinsatz von Protesten erschüttert wird.

Trump werde sich dort am Dienstag mit Sicherheitsbehörden treffen und den Schaden nach den Ausschreitungen der vergangenen Tage ansehen, sagte ein Sprecher des Weissen Hauses am Samstag (Ortszeit). Eine zentrale Botschaft Trumps im laufenden Präsidentschaftswahlkampf ist das Versprechen von «Recht und Ordnung». Das war auch das Leitmotiv seiner bisherigen Äusserungen zu den Ereignissen in Kenosha.

In der Stadt im US-Bundesstaat Wisconsin hatte vor einer Woche ein Polizist dem 29-jährigen Jacob Blake siebenmal in den Rücken geschossen. Auf einem Video des Zwischenfalls ist zu sehen, wie Blake davor um ein Auto geht, während ihm zwei Polizisten mit gezogenen Waffen folgen. Eine davon ist auf seinen Rücken gerichtet. Als Blake die Fahrertür aufmacht und sich hineinbeugt, greift einer der Polizisten ihn am Shirt und schiesst. Das Video löste in den USA Empörung und Proteste aus. Im Auto befanden sich Blakes Kinder im alter von drei, fünf und acht Jahren. Am Samstag gab es in Kenosha einen Protestmarsch mit hunderten Teilnehmern.

Donald Trump, Präsident der USA, spricht während eines Briefings über den Hurrikan Laura.
Donald Trump, Präsident der USA, spricht während eines Briefings über den Hurrikan Laura.
Keystone/AP/Alex Brandon

Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden und seine Vize Kamala Harris hatten in den ersten Tagen nach dem Polizeieinsatz mit der Familie Blakes telefoniert. Von Trump habe er nicht gehört, sagte Vater Jacob Blake Senior dem Sender CNN am Freitag. Und er lege auch keinen Wert mehr darauf: «Es ist zu spät. Er hätte vor vier Tagen anrufen müssen.» Trump hatte sich am Freitagabend zum ersten Mal nicht nur zu den Krawallen, sondern auch zu den Schüssen auf Blake geäussert: «Wir untersuchen das sehr nachdrücklich. Es war kein guter Anblick.» Kenoshas Bürgermeister John Antaramian sagte dazu: «Ich denke, der Präsident sollte sich heraushalten.»



Biden, der acht Jahre Vize von Präsident Barack Obama war, ist bei schwarzen US-Amerikanern populär. Trump erklärte in seiner Nominierungsrede auf dem Parteitag der Republikaner am Donnerstag: «Ich sage mit grosser Bescheidenheit, dass ich mehr für die afroamerikanische Community getan habe als jeder Präsident seit Abraham Lincoln.» Zugleich versucht Trump, die Demokraten mit Gewalt bei Protesten in Verbindung zu bringen und Ängste bei potenziellen Wählern zu schüren. Die Krawalle seien ein Vorgeschmack darauf, dass in «Bidens Amerika» niemand sicher sein werde, sagte Trump.

Unterdessen werden nur häppchenweise Details zum Ablauf des Polizeieinsatzes gegen Blake bekannt. Der Generalstaatsanwalt von Wisconsin, Josh Kaul, der in dem Fall ermittelt, teilte zwischenzeitlich mit, dass im Fahrzeug auf dem Boden der Fahrerseite ein Messer gefunden worden sei. Er machte aber auf Nachfrage von Reportern keine Angaben dazu, ob Blake ein Messer in der Hand gehabt habe. Zudem hiess es, die Polizisten hätten zweimal versucht, Blake mit einem Elektroschocker zu betäuben, das habe aber nicht funktioniert.

Die Polizeigewerkschaft von Kenosha, die nicht an den Ermittlungen beteiligt ist, erklärte am Wochenende, gegen Blake habe zum Zeitpunkt des Polizeieinsatzes ein Haftbefehl wegen des Vorwurfs eines sexuellen Übergriffs vorgelegen, wovon die Polizeibeamten gewusst hätten. Zudem hätten sie ein Messer in seiner Hand gesehen und es habe eine körperliche Auseinandersetzung zwischen Blake und den Polizisten gegeben. Blakes Anwälte erklärten im Sender CNN, diese Behauptungen seien «übertrieben» und sollten dazu dienen, den Einsatz übermässiger Gewalt gegen Blake zu rechtfertigen.

Die Anzeige war der Grund dafür, dass der nach den Schüssen von der Hüfte abwärts gelähmte Blake mit einer Fussfessel an das Krankenhaus-Bett gebunden wurde. Nach Kritik der Familie wurde dies aufgehoben.

Trump hatte die Forderungen, in der Stadt schnell für Ordnung zu sorgen, verschärft, nachdem in der dritten Nacht der Proteste zwei Menschen getötet und einer verletzt wurde. Als Schütze wurde im benachbarten Bundesstaat Illinois ein 17-Jähriger festgenommen. Er war unterwegs zusammen mit anderen bewaffneten Zivilisten, die von sich behaupteten, Eigentum vor Plünderungen beschützen zu wollen. Seine Schüsse auf zwei Menschen wurden von Augenzeugen auf Videos festgehalten. Er wurde unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagt. Sein Anwalt erklärte am Wochenende, es sei Selbstverteidigung gewesen. Auf seinem von US-Medien gefundenen Social-Media-Profilen trat der 17-Jährige als Fan der Polizei und Trump-Befürworter in Erscheinung.

Auf Videoaufnahmen aus der Nacht ist auch zu sehen, wie der 17-Jährige nach den tödlichen Schüssen mit erhobenen Händen und seinem Gewehr auf herannahende Polizeifahrzeuge zugeht. Ringsum rufen Menschen, dass er der Schütze sei, doch die Wagen fahren weiter. Er wurde erst am Tag darauf festgenommen. Blakes Vater hob das als Beispiel für «zwei Justizsysteme in Amerika» hervor.

Ein Toter nach Schüssen am Rande von Demonstrationen in Portland

Bei Demonstrationen in der Stadt Portland im US-Bundesstaat Oregon ist am Samstagabend (Ortszeit) ein Mann erschossen worden. Der Vorfall ereignete sich gegen 20.45 Uhr (5.45 Uhr MESZ) am Rande von Kundgebungen von Anhängern und Gegnern von US-Präsident Donald Trump, wie örtliche Medien berichteten. Demnach zogen nach Schätzungen etwa 2500 Trump-Unterstützer mit mehreren Hundert Autos durch die Stadt. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit linken Gruppen.

Der genaue Hergang war zunächst unklar. Bei dem Toten soll es sich um einen Trump-Anhänger handeln. Die Polizei machte keine genaueren Angaben zu seiner Identität und äusserte sich zunächst auch nicht dazu, wer geschossen haben soll. Es werde wegen eines Tötungsdelikts ermittelt, hiess es. In Portland war es seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis Ende Mai immer wieder zu Protesten gekommen.

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