BAG zieht Bilanz «In der zweiten Welle haben wir zu spät eingegriffen»

lpe/red/SDA

26.4.2022

Externer Bericht zeigt Lücken bei der Pandemievorbereitung auf

Externer Bericht zeigt Lücken bei der Pandemievorbereitung auf

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat im ersten Pandemiejahr seine Aufgaben «grundsätzlich gut bewältigt», wie eine externe Evaluation zeigt. Jedoch gibt es insbesondere bei der Krisenvorbereitung und beim Krisenmanagement Luft nach oben.

26.04.2022

Die Verantwortlichen von Bund und Kantonen hätten die Pandemie insgesamt gut bewältigt, urteilt eine Evaluationsgruppe des BAG. Nur auf den Beginn der Pandemie und auf die zweite Welle hätten sie ungenügend reagiert.

lpe/red/SDA

26.4.2022

Bund und Kantone haben ihre Aufgaben im ersten Corona-Jahr grundsätzlich gut bewältigt. Das zeigt eine externe Evaluation, die BAG-Direktorin Anne Levy gemeinsam mit dem Generalsekretär der Gesundheitsdirektorenkonfenz GDK Michael Jordi und dem Ökonomen und Politologen Andreas Balthasar von Interface vor den Medien in Bern vorstellte.

Kritik an Schulschliessungen und Umgang mit Älteren

Die Analyse offenbart jedoch auch, dass die Krisenvorbereitung teils nicht genügte und das Krisenmanagement zu Beginn in einzelnen Bereichen nicht optimal funktionierte. So werden etwa die Schulschliessungen im Frühling 2020 im Schlussbericht als «nicht angemessen» beurteilt. Auch sei die Angemessenheit des Verbots von nicht dringend angezeigten medizinischen Eingriffen infrage zu stellen.

Ebenfalls kritisch bewertet wird im Bericht der Umgang mit besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen – also älteren Menschen und Bewohnenden von Alters- und Pflegeheimen. Die strengen Schutzmassnahmen hätten hier «zu grossem Leid» sowie zum Teil zu «negativen gesundheitlichen Auswirkungen» bei den Bewohnenden und ihren Angehörigen geführt.

Mangelnde Krisenvorbereitung

Ursächlich für die Probleme sind laut den Experten «die mangelnde Krisenvorbereitung bei Bund, Kantonen und betroffenen Institutionen». Auch sei das BAG «organisatorisch unzureichend auf die Corona-Pandemie vorbereitet» gewesen. Das Krisenmanagement des Amts litt laut den Experten zudem unter länger bestehenden Problemen wie einer fehlenden digitalen Strategie und einer fehlenden Lagerhaltung von Schutzmaterial.

Auch der Bundesrat machte laut dem Bericht Fehler. Er habe der Taskforce im BAG und nicht den dafür in den Verordnungen zum Krisenmanagement des Bundes vorgesehenen Organen zentrale Aufgaben des Krisenmanagements übertragen. Zudem habe die Regierung im Sommer 2020 auf den Führungsanspruch verzichtet. Die Kantone seien danach auf die sich anbahnende zweite Welle im Herbst 2020 ungenügend vorbereitet gewesen. Auch im Winter 2020/2021 seien Koordinationsprobleme zwischen Bund und Kantonen aufgetreten.

Empfehlungen für die Zukunft

Im internationalen Vergleich gut bewertet wurde indes die Gesundheitsversorgung, die «stets in hoher Qualität gewährleistet» gewesen sei. «Das BAG hat den Auftrag, die Bevölkerung zu schützen, sehr ernst genommen», heisst es in der Zusammenfassung der Evaluation.

Die Corona-Massnahmen seien in der Bevölkerung zudem auf breite Akzeptanz gestossen. Die Angemessenheit verschiedener, zum Teil umstrittener Massnahmen seien sowohl von der Stimmbevölkerung als auch vom Bundesgericht bestätigt worden. Auch sei der nationale Lockdown in der ersten Welle sei zeitgerecht gewesen, weil es gelungen sei, die Verbreitung der Infektion rechtzeitig einzudämmen. Auch die Massnahmen in der dritten Corona-Welle beurteilt der Bericht positiv.

Der Evaluationsbericht enthält fünf Empfehlungen, die sich teils an den Bund, an das BAG oder an die Kantone richten. Dem BAG wird grundsätzlich empfohlen, sich organisatorisch besser auf eine nächste Krise vorzubereiten. Dazu sollen die notwendigen Ressourcen sichergestellt und das Krisenmanagement regelmässig geübt werden.

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  • 15.04 Uhr

    Die Fragerunde ist beendet

    Wir danken für das Interesse.

  • 15.03 Uhr

    Warum wurde niemand befragt, der die Taskforce verlassen hat?

    Das sei unbewusst geschehen, antwortet Andreas Balthasar. Die Evaluationsgruppe habe zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht gewusst, wer die Taskforce verlassen würde.

  • 15.02 Uhr

    Warum der Vergleich mit Österreich und Schweden?

    Österreich hat man in den Vergleich genommen, weil das Land wirtschaftlich und auch in der Grösse in etwa mit der Schweiz vergleichbar sei, sagt Balthasar. Schweden sei herangezogen worden, weil man hier zu Beginn der Pandemie nur wenige Massnahmen ergriffen habe.

  • 15.01 Uhr

    Wie schaffen es Bund und Kantone, die Fehler der zweiten Welle nicht zu wiederholen?

    Das Schwierige sei, zu wissen, was in den nächsten Tagen passiert, wenn die Fälle so schnell zunehmen, erklärt Anne Lévy. Es ist eine politische Entscheidung, wie viel Risiko wir eingehen wollen. Wir wissen jetzt mehr darüber, welche Viren es gibt, wie die Krankheit verläuft. Darum werden wir nicht mehr die gleichen Fehler machen.

    Es sei die Verantwortlichkeit von allen, Bund und Kantonen, zu entscheiden, wie man reagieren soll. Wir müssen aus der zweiten Welle lernen, um Fehler nicht zu wiederholen. Wir haben entschieden, zum Schutz der Kinder die Schulen offen zu halten, obwohl wir sahen, dass die Kinder die Infektionen in die Familien trugen.

  • 14.55 Uhr

    Wo ist der kritische Kommentar zur zweiten Welle?

    Das hätten sie benannt, antwortet Balthasar. Auch am Anfang der Pandemie hätte man das Problem unterschätzt und die Vorbereitung sei ungenügend gewesen.

  • 14.55 Uhr 

    Was hat die Evaluation zur Bettensituation ergeben?

    «Die Bettenkapazität war immer ausreichend», sagt Balthasar. Eine Triage habe es nie gegeben. Die Belastungsphase im letzten Winter, wo man stark an die Grenzen gekommen sei, habe man im Bericht aber nicht beachtet. Er habe aber keine Hinweise, dass es hier zu einer Triage gekommen sei. Das Problem seien aber nicht die Zahl der Betten an sich gewesen, sagt Balthasar, sondern genügend qualifiziertes Personal.

  • 14.53 Uhr

    Welche Konsequenzen haben Schulschliessungen und Besuchsverbote gehabt?

    Todesfälle ohne Begleitung seien etwas vom Schlimmsten, weil das nicht wieder gut gemacht werden könne, sagt Balthasar. Welche Effekte die Schulschliessungen haben, sei noch in Abklärung.

  • 14.50 Uhr

    Wie Kantone und Bund im Winter besser zusammenarbeiten sollen

    Die Auswertung der Vernehmlassung stehe noch aus, antwortet Jordi. Ihre Bedenken, wenn wieder 26 Kantone sich darauf einigen müssen, bei welcher Situation beispielsweise Maskenfplicht gelten müsse, sei berechtigt. Wenn schweizweit die gleichen Verhältnisse gelten, sollten die Massnahmen auf Bundesebene verfügt werden. Der Bundesrat habe die Hürde aber hoch gesetzt, ab welcher er eingreifen werde.

  • 14.47 Uhr

    Die Fragerunde beginnt

    Warum wurde der Schutz in den Altersheimen in der Analyse nicht vertieft betrachtet? Das will ein Journalist wissen.

    Lévy sagt, ihrer Meinung nach habe man das in der Analyse schon getan. Andreas Balthasar sagt, hierzu gebe es eine weitere Studie, die den Bereich abdecke und die auch bereits publiziert sei. Die hier gemachten Erkenntnisse seien auch in die Analyse eingeflossen.

  • 14.45 Uhr

    Impfkampagne

    Jordi zeichnet ein positives Bild der schweizweiten Impfkampagne. Kein Kanton habe zu langsam gearbeitet. 

  • 14.44 Uhr

    Die zweite Welle wurde verpasst

    Bund und Kantone seien nicht gut auf die zweite Welle vorbereitet gewesen, weshalb mehr Menschen gestorben seien, als möglich gewesen wäre.

    Einheitliche Massnahmen für alle Kantone müssten aber national beschlossen werden.

  • 14.43 Uhr

    Personalförderung

    Um auch künftig über genug Personal in den Spitälern zu verfügen, seien bereits diverse Massnahmen in der Umsetzung, sagt Jordi von der GDK. Das gelte etwa in Sachen Ausbildung oder Vereinbarkeit von Arbeit und Familie.

  • 14.38

    Contact Tracing und Gesundheitspersonal

    Die Entspannung im Sommer 2020 hätten nicht alle Kantone genutzt, sagt Jordi. Das Contact Tracing sei aber trotzdem im Lauf der Pandemie massiv ausgebaut worden. Am Anfang sei die Schwelle der Verarbeitbarkeit bei 100 Fällen pro Tag gelegen. Diese sei auf über 1000 angehoben worden. 

    Die Digitalisierung im Gesundheitswesen müsse aber vorangetrieben werden, erklärt Jordi. Das Meldesystem müsse optimiert und automatisiert werden. 

    Neben der krisenspezifischen Versorgung müsse zudem die Grundversorgung jederzeit voll zugänglich sein. Das hätten die Spitäler aber geschafft, dank der Verschiebung von elektiven Eingriffen, Verlegungen und weiteren Massnahmen. Betten seien keine abgebaut worden, hält Jordi fest. Noch mehr ausgebaute Kapazitäten wären an ihre Grenzen gestossen, hätte die Schweiz auf Schutzmassnahmen verzichtet.

    Die Kantone müssten für die Zukunft aber Vorbereitungen treffen, um noch flexibler auf den Krisenmodus umstellen zu können, also auch mehr Personal einzustellen und dieses länger halten zu können.

  • 14.37 Uhr

    Ungenügende Lagerhaltung

    Michel Jordi, der Generalsekretär der GDK, erklärt, vieles sei richtig gemacht worden, vieles aber auch nicht. Das Virus habe sich ja auch ständig gewandelt und zu Beginn habe man noch sehr wenig Kenntnis dazu gehabt.

    Die Pläne im Epidemiengesetz seien zu unverbindlich formuliert gewesen. Das habe zu ungenügender Lagerhaltung geführt. Darum müssten diese Pläne künftig verbindlicher formuliert werden. 

  • 14.35

    Zusammenarbeit mit Stakeholdern

    Nicht nur Expert*innen in Epidemiologie, sondern z.B. auch in Recht, Kommunikation, IT habe es gebraucht, um die Pandemie zu bewältigen, sagt Lévy. Kantone hätten dabei zu den wichtigsten Stakeholdern gehört. Hier müsse, so Lévy, die Aufgabenteilung überprüft werden. Gleichwohl sei die  Zusammenarbeit partnerschaftlich und vertrauensvoll gewesen. Ebenfalls hätten die  Medien dabei geholfen zu informieren und zu korrigieren, hält die BAG-Chefin fest.

  • 14.33 Uhr

    Digitalisierung

    Es seien grosse Fortschritte erzielt worden. Covid-App, Zertifikat und Dashboard seien Beispiele dafür, so Anne Lévy. Der Schub werde mitgenommen. Empfehlungen sollen helfen, eine mögliche nächste Krise besser zu bewältigen. Künftig werde das Dashboard noch ausgebaut, auch um über andere Krankheiten zu informieren.

  • 14.31 Uhr

    Schweiz bewältigte Pandemie gut

    Die Schweiz habe die Pandemie am zweitbesten überstanden, besser gelang dies nur Norwegen, wie ein Ranking der 53 grössten Volkswirtschaften ergeben habe, führt Lévy an. 

  • 14. 30 Uhr

    Information der Öffentlichkeit

    Die Bevölkerung sei den Massnahmen gefolgt, weil das BAG offen kommunizierte, resümiert Lévy. Das hätten auch Untersuchungen des Istituts Sotomo bestätigt. Demnach sei das BAG sei von der Mehrheit der Befragten als vertrauenswürdig wahrgenommen worden. 

  • 14.28 Uhr

    Psychische Gesundheit

    Besonders Kinder sollten in der Pandemie geschützt werden, sagt Lévy. Darum habe die Schweiz die Schulen weniger lang geschlossen als andere Länder. Zudem seien die Massnahmen für Schulkinder weniger streng gewesen als in anderen Ländern. Trotz Einschränkungen sei es in der Schweiz gelungen, in den Schulen einen einigermassen normalen Alltag zu bieten.

  • 14.27 Uhr

    Einbezug der Wissenschaft

    Der Start sei harzig gewesen, erklärt Lévy, aber bald schon habe sich der  Einbezug der Wissenschaft institutionalisiert. Die Science-Taskforce habe dabei gute Arbeit geleistet. Sie hätte geholfen die neusten Erkenntnisse einzuordnen, Konsequenzen abzuschätzen und Literaturrecherche zu betreiben. 

    Die Corona-Immunitas zur Immunität der Gesamtbevölkerung bringe bis heute wertvolle Erkenntnisse, sagt Lévy. 

  • 14.25 Uhr

    Impfkampagne

    Dank der Expert*innen habe die Schweiz auf die richtigen Impfstoffe gesetzt und früh Verhandlungen aufgenommen. So habe sie früh Impfstoff zur Verfügung stellen können.

  • 14.22 Uhr

    Meldepflicht im Januar 2020 eingeführt

    Die Fälle seien früh systematisch erfasst worden, erklärt Lévy. Im BAG-Dashboard seien sie später publiziert worden. Bereits im Februar 2020 seien entsprechende Verhaltensregeln veröffentlicht worden. Schon im Februar 2020 habe es dabei über 200 Geschäfte im Bundesrat gegeben, die sich mit der Pandemie beschäftigten, umreisst sie die Situation. Darunter auch der Entscheid, ab dem 16. März einen Lockdown zu verfügen. 

  • 14.19 Uhr

    Anne Lévy ergreift das Wort

    Lévy zeigt sich erleichtert über das Urteil, zeitgerecht und angemessen reagiert zu haben. Ihr Team sei bereits erschöpft gewesen, als sie in das Krisenmanagement eingestiegen sei. Niemand habe gedacht, dass die Situation so lange dauern würde. 

    Expert*innen hätten sich auf das Fachliche konzentrieren müssen, erklärt Lévy. Für das Management seien andere zuständig gewesen. Diese Trennung sei erst allmählich durchgesetzt worden, so die BAG-Chefin.

    Das Maganement der Krise sei komplex gewesen, dauernd seien neue Informationen eingetroffen, die verarbeitet werden hätten müssen. In kurzer Zeit seien Entscheide von grosser Tragweite gefällt worden.  Dabei sei der Zeitdruck enorm gewesen, da die Zuständigen stets mit dem Virus hätten mithalten müssen.

  • 14.17 Uhr

    Hohe Motivation

    Es sei motiviert gearbeitet worden, hält Andreas Balthasar fest. Das gelte auch für die Evaluation. 

  • 14.11 Uhr

    Fünf Empfehlungen

    Organisation: Das BAG müsse bessere Grundlagen erarbeiten und diese bekannt machen. Krisenfachleute müssten zur Verfügung stehen. Das Krisenmanagement müsse geübt werden. Beim Bund sei die Krisenbewältigung nicht wie vorgesehen vorbereitet gewesen. Es gebe gesetzlichen Handlungsbedarf dazu, hält Balthasar fest.

    Gesundheitsversorgung: Es müsse geregelt werden, was vorhanden sein muss und wer dafür verantwortlich ist. Mindestbestände seien festzulegen. Auch Personalengpässe seien zu antizipieren.

    Pandemeivorbereitung: Die Grundversorgung sei ungenügend vorbereitet gewesen, nicht nur die direkte Bewältigung der Pandemie, sagt Balthasar.

    Digitalisierung: Diese müsse auf Stufe Epidemiengesetz geregelt werden. Datenschutz spiele eine Rolle. Der Zugang zu den Daten sei zu regeln. 

    Einbezug der Akteure in Vorbereitung und Umsetzung der Entscheide. Vor der nächsten Krise habe man wissen, wer die Partner sind, die Kontakte und Ansprechstellen, damit keine Zeit verloren gehe.

    Gesundheit als ganzheitliche Herausforderung: Gesundheit habe eine physische, psychische und gesellschaftliche Dimension, sagt Balthasar. Darum müsse die Pandemievorbereitung breit aufgestellt werden. Ethik, Wirtschaft, Politik seien einzubeziehen.

  • 14.09 Uhr

    Nicht alles war angemessen und zeitgerecht

    Es habe nie eine Triage gegeben. Das Ausgangs- und Besuchsverbot in Institutionen habe aber unnötiges Leid verursacht. Schulschliessungen seien ebenfalls nicht angemessen gewesen.

    Elektive Eingriffe in Spitälern, die aufgeschoben wurden, das sei nicht angemessen gewesen.

    Impfstoff sei zeitgerecht vorhanden gewesen. Nicht zeitgerecht seien die Krisenvorbrereitung in Bezug auf die digitale Vorbrereitung, Lagerhaltung gewesen. Auf die zweite Welle habe die Schweiz allerdings zu spät reagiert, sagt Balthasar.

  • 14.06 Uhr

    Die Schweiz ist gut durch die Pandemie gekommen

    Balthasar zählt auf, mit welchen Themen sich die Gruppe befasst hat. Er kommt nun zu den Ergebnissen. Die Schweiz sei gut durch die Pandemie gekommen. 

    Die Kosten hätten sich in Grenzen gehalten. Der Einbruch des Wirtschaftswachstums sei ebenfalls im unteren Drittel. Bei den Todesfällen liege die Schweiz im Mittelfeld.

    Die Hauptaussage sei, dass die Behörden angemessen und von Ausnahmen abgesehen zeitgerecht auf die Bedrohung reagiert hat.

  • 14.03 Uhr

    Die Schweiz im internationalen Vergleich. 

    Andreas Balthasar ergreift das Wort. Die Übersterblichkeit sei vergleichbar, in der zweiten Welle seien in der Schweiz aber mehr Menschen gestorben. Als Vergleichsländer dienen ihm Österreich und Schweden. 

    Haben der Bund, BAG und Kantone zeitgerecht und angepasst gehandelt? Das seien die Hauptfragen der Evaluation. Ein interdiszplinäres Team aus Universitäten, privaten Büros in der Schweiz, Österreich und Schweden hätten die Untersuchung durchgeführt. 

  • 14 Uhr

    Es geht los

    Die Referent*innen: Andreas Balthasar, Anne Lévi, Patrick Mathys und Tamara Bonassi.  

  • 13.55 Uhr

    Die Medienkonferenz beginnt um 14 Uhr

    Die Expert*innen sind bereit.

Die Medienkonferenzen am Dienstagnachmittag sind über die letzten zwei Jahre zur Tradition geworden. Seit dem Februar 2020 haben die Experten des Bundesamts für Gesundheit regelmässig die Medien und die Bevölkerung über die aktuelle Corona-Situation informiert. Am 22. März fand der vorerst letzte «Point de Presse auf Fachebene» statt. 

Doch nun treten die Experten des Bundesamts für Gesundheit nochmals vor die Medien, um Bilanz zu ziehen. Jedoch nur über das erste Corona-Jahr, bis zum Sommer 2021. 

Ökonomisch hat die Schweiz gut abgeschnitten

In den Wochen seit dem 1. April, dem Ende der meisten Massnahmen, haben bereits erste Experten einen grossen Blick zurück gewagt. Ökonomen kommen dabei zu einem positiven Resultat: «Angesichts des starken Schocks, der die Wirtschaft getroffen hat, sind wir relativ gut durchgekommen», sagt Ökonom Klaus Abberger von der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich in der Radiosendung «Echo der Zeit». Die Wirtschaft habe sich schneller erholt als von der Finanzkrise 2009.

Staatliche Stützungsmassnahmen wie die Kurzarbeitsentschädigung und die Härtefallhilfe für Firmen hätten einen wichtigen Beitrag geleistet.

Auch eine Analyse von Ökonomen der HSG windet der Schweiz aus wirtschaftlicher Sicht ein Kränzchen. 45 Länder wurden nach fünf Faktoren analysiert: die Gesundheitsbilanz, die Massnahmenhärte, die Entwicklung der Wirtschaft und der Inflation sowie die fiskalpolitische Unterstützung, etwa durch Corona-Hilfspakete.

In der Auswertung von Stefan Legge, Makroökonom und Dozent an der Uni St. Gallen, liegt die Schweiz nach Norwegen weltweit auf Platz zwei der Länder, die gesamthaft am besten durch die Pandemie gekommen sind.

«Die Schweiz hat zwar insgesamt eine etwas höhere Übersterblichkeit. Aber der Unterschied ist im Vergleich zu Ländern mit viel schärferen Massnahmen gar nicht so gross», sagt Legge im Gespräch mit dem Blick. Einzelne Daten wie Übersterblichkeit oder die Inflation würden seiner Meinung nach überinterpretiert.

Legge stellt aber gegenüber Blick auch klar, dass die Zahlen vorsichtig interpretiert werden müssen. So könne das Ranking nur teilweise abbilden, wie gut die Politik reagiert habe.

Epidemiologe kritisiert die träge Corona-Politik

Und genau dieser Punkt wurde von Epidemiologen immer wieder kritisiert, so zum Beispiel durch Epidemiologe Marcel Salathé. Die Behörden seien schlicht schlecht vorbereitet gewesen zu Beginn. Der Pandemieplan sei nicht konsequent umgesetzt gewesen und an Masken, Desinfektionsmittel und Schutzausrüstung habe es gefehlt, sagt er im Gespräch mit der SRF-Radiosendung «Echo der Zeit». Auch später habe die Schweiz wiederholt zu langsam auf die Entwicklungen reagiert und darum einen gesundheitlichen Preis bezahlt. Insgesamt könne er der Schweiz darum nur eine mittelmässige Note in der Bewältigung der Gesundheitskrise erteilen.

Auch Gesundheitspolitiker sind nicht zufrieden mit der Führung in der Krise. Als Grund für die schleppende Corona-Strategie wird der Föderalismus ins Feld geführt. «Man muss klar feststellen: Der Föderalismus ist nicht krisentauglich», urteilt Mitte-Nationalrätin und Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel im «Echo der Zeit».

Dies relativiert jedoch Christian Rathgeb, Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen im NZZ-Interview. Zwar hätten auch die Kantone Fehler gemacht, jedoch: «Das föderale Labor hat sich bewährt», die Kantone hätten in der Krise voneinander lernen können und der Austausch habe viele Verbesserungen gebracht.

Bessere Regelung der Kooperation von Bund und Kantonen

Den Wunsch vieler Schweizerinnen und Schweizer nach einheitlicheren Regeln könne er verstehen. «Man vergisst oft, dass auch Einheitlichkeit zum Föderalismus gehört, wenn es die Lage erfordert», sagt Rathgeb. Wenn die Fallzahlen überall hochschnellen, bräuchte es einheitliche Massnahmen durch den Bund. «Wenn in der Westschweiz die Fallzahlen stark ansteigen, in der Ostschweiz aber nicht, bringen unterschiedliche Ansätze die besten Lösungen.» 

Um ein Kompetenzgerangel, wie es in den letzten zwei Jahren wiederholt vorkam, in Zukunft zu verhindern, müsse das Epidemiengesetz rasch revidiert und verbessert werden, so Rathgeb. «In diesem Bereich braucht es eine klare Kompetenzregelung.»

Doch wie beurteilt das Bundesamt für Gesundheit auf die Zusammenarbeit zwischen Bund, Covid-Taskforce und Kantone? Um 14 Uhr folgt die Medienkonferenz. blue News tickert live.