Corona und mehrDas hat der Bundesrat heute bislang beschlossen
SDA
23.6.2021 - 14:30
Ausschaffungen, Marktzugang, Solarstrom: Auf seiner heutigen Sitzung hat der Bundesrat zahlreiche Themen beraten. Die Entscheide im Überblick.
Keystone-SDA, SDA
23.06.2021, 14:30
23.06.2021, 15:05
SDA/uri
Lockerung der Massnahmen
Der Bundesrat hat am Mittwoch einen weiteren Öffnungsschritt beschlossen. Dieser geht weiter als vor zwei Wochen vorgeschlagen. Wer sich im Freien aufhält, muss ab kommendem Samstag keine Maske mehr tragen. Das gilt auch für kulturelle und sportliche Aktivitäten. Im Büro und in höheren Schulklassen wird die Maskenpflicht ebenfalls aufgehoben. Die Homeoffice-Pflicht fällt. In Restaurants gibt es keine Beschränkung mehr der Anzahl Gäste pro Tisch. Ab Samstag ebenfalls wieder uneingeschränkt möglich sind Laden-, Fitnessstudio- und Sportcenterbesuche. Auch Clubs und Discos dürfen wieder öffnen, wenn der Zugang auf Personen mit Covid-Zertifikat beschränkt wird.
Reisen
Wer aus einem Land des Schengen-Raums in die Schweiz reist, muss ab Samstag nicht mehr in Quarantäne. Eine Testpflicht besteht nur noch für Flugreisende, die nicht geimpft oder genesen sind. Auch Drittstaatenangehörige dürfen wieder in die Schweiz einreisen. Die Anerkennung des Covid-Zertifikats durch die EU sei "lanciert", heisst es in einer Mitteilung. Man gehe davon aus, dass ab dem 1. Juli während einer sechswöchigen Übergangsfrist auch andere Impfnachweise als das Covid-Zertifikat anerkannt werden. Es empfiehlt sich, sich jeweils über die Einreisebedingungen zu informieren.
Daten
Der Bundesrat will den Zugang zu Verwaltungsdaten weiterhin mit seiner «Open Government Data»-Strategie 2019-2023 fördern. Einheitliche Kriterien, um zu bestimmen, welche Daten für welche Verwendungszwecke und für welche Akteure generell frei oder auf Anfrage kostenlos oder kostenpflichtig angeboten werden sollen, lehnt er ab. Das schreibt er in einem Postulatsbericht. Der Aufbau eines neuen Systems wäre laut der Regierung "aufgrund zahlreicher konzeptueller, praktischer und finanzieller Hürden schwer umsetzbar".
Nachhaltigkeit
Der Bundesrat hat eine Strategie für eine nachhaltige Entwicklung und einen Aktionsplan für die Jahre 2021 bis 2023 verabschiedet. Mit der Strategie setzt er Schwerpunkte für die Umsetzung der Uno-Agenda 2030. Schwerpunkte sind "nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion", "Klima, Energie und Biodiversität" sowie "Chancengleichheit und sozialer Zusammenhalt". Unter anderem soll bis 2030 der Anteil der Bevölkerung unter der nationalen Armutsgrenze sinken. Zudem will der Bund negative Auswirkungen auf die Umwelt aufzeigen, die durch finanzielle Anreize für die Nutzung fossiler Energieträger entstehen.
BAG-Personal
Thomas Christen wird neuer Stellvertretender Direktor des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Der Jurist leitet beim BAG den Direktionsbereich Kranken- und Unfallversicherung und übernimmt die zusätzliche Funktion per 1. August 2021, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte. Christen werde BAG-Direktorin Anne Lévy vertreten und sie bei der Führung und Weiterentwicklung des Amts unterstützen. Christen folgt auf Roland Charrière, der im Februar 2022 in Pension geht.
Gesundheitskosten durch die Pandemie
Die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheitskosten sind vorerst noch schwer zu beziffern. So lautet das Fazit eines Zwischenberichts des Bundesrats. Der Schlussbericht soll Ende 2022 vorliegen. Nach Schätzungen liegen für 2020 die Kosten zulasten der obligatorischen Krankenversicherung zwischen 230 und 270 Millionen Franken und zulasten der Kantone zwischen 280 und 330 Millionen Franken. Ein Drittel entfällt auf die Intensivpflege. Bei den Tests belief der Teil für die Krankenversicherer zwischen März und Juni 2020 auf geschätzte 48 Millionen Franken, 2020 zahlte der Bund 194 Millionen. Für das laufende Jahr budgetierte der Bund für die Tests 2,4 Milliarden Franken. Für den Kauf von Impfstoffen gab der Bund 2020 190 Millionen Franken aus. Für 2021 werden die Impfkosten zulasten der Versicherer auf 200 bis 250 Millionen Franken und zulasten des Bundes auf 1,2 Milliarden geschätzt. Indirekte Kosten etwa bei den Kantonen wurden im Bericht nicht analysiert.
Kurzarbeit während der Pandemie
Der Bundesrat hat die Kurzarbeitsentschädigung für Lernende, Personen in befristeten Arbeitsverhältnissen und Personen auf Abruf definitiv bis Ende September 2021 verlängert. Dies hat er nach der Konsultation entschieden. Im Weiteren soll für den Bezug von Kurzarbeit ab dem 1. Juli wieder eine minimale Karenzzeit von einem Tag eingeführt werden. Zu diesen Anpassungen kommen die bereits beschlossene Erhöhung der Höchstbezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung auf 24 Monate und die Verlängerung des summarischen Abrechnungsverfahrens.
Fernverkehr
Der Bundesrat will bei der Erneuerung der Fernverkehrskonzession im Jahr 2029 wieder das gesamte Netz direkt an die SBB vergeben. Gleichzeitig soll die SBB dazu verpflichtet werden, andere interessierte Transportunternehmen mit dem Betrieb einzelner Linien zu beauftragen. Dies hat der Bundesrat mitgeteilt. Das Parlament verlangte einen entsprechenden Bericht. Die heutige Marktordnung im öffentlichen Personenverkehr habe sich bewährt und soll deshalb weitergeführt werden, heisst es weiter. 2019 konnte dank Vermittlung des Bundes zwischen der SBB und der BLS eine Einigung gefunden werden. Die Bahnen einigten sich auf eine Kooperationslösung: Die SBB erhielt eine Einheitskonzession, BLS und SOB bedienen einzelne Fernverkehrslinien.
Datenschutz
Bevor das im Herbst 2020 vom Parlament verabschiedete neue Datenschutzgesetz in Kraft treten kann, müssen zahlreiche Bestimmungen in der entsprechenden Verordnung grundlegend angepasst werden. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Vernehmlassung zu den Änderungen eröffnet. Die Anpassungen betreffen etwa die Bestimmungen über die Mindestanforderungen an die Datensicherheit, die Modalitäten der Informationspflichten und des Auskunftsrechts oder die Meldung von Verletzungen der Datensicherheit. Die Verordnung soll laut dem Bundesrat mit dem neuen Datenschutzgesetz in der zweiten Jahreshälfte 2022 in Kraft treten. Gleichzeitig werde die Schweiz auch die modernisierte Datenschutzkonvention 108 des Europarates ratifizieren.
Flüchtlingsschutz
Die Genfer Flüchtlingskonvention muss nach Ansicht des Bundesrats nicht revidiert werden. Die Flüchtlingskonvention sei weiterhin ein zentrales Instrument des internationalen Flüchtlingsschutzes, das genügende Antworten auch auf aktuelle Herausforderungen biete, teilte der Bundesrat mit. Im Auftrag des Ständerats hat der Bundesrat die Aktualität der Konvention von 1951 und deren Bedeutung für die Schweiz untersucht. Er hat einen Expertenbericht erstellt und eine Begleitgruppe eingesetzt. Die Ergebnisse hätten gezeigt, dass wirtschaftliche Gründe alleine die Flüchtlingseigenschaften weder nach Genfer Konvention noch nach Schweizer Asylrecht begründen könnten.
Asyl
Bund und Kantone haben sich auf ein neues Finanzierungssystem im Asylbereich verständigt. Neu ist vorgesehen, dass der Bund den Kantonen für alle 18- bis 25-jährigen Flüchtlinge oder vorläufig Aufgenommenen eine Globalpauschale bezahlt. Dieser Betrag ist immer gleich hoch, unabhängig davon, ob einer Person arbeitet oder nicht. Mit diesem Vorgehen sollen Fehlanreize beseitigt werden, wie der Bundesrat mitteilte. Um Teilzeiterwerbstätigkeit nicht zu benachteiligen, wird auch bei Personen mit tiefen Einkommen bei der Berechnung der Globalpauschale kein Abzug mehr gemacht. An der Kostenaufteilung zwischen Bund und Kantonen ändert sich nichts. Die Verordnungen gehen in die Vernehmlassung.
Ausschaffungen
Bei Ausschaffungen sollen Personen künftig zu einem Covid-19-Test verpflichtet werden können. Der Bundesrat hat am Mittwoch eine dringliche Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) für zwei Wochen in die Vernehmlassung geschickt. Die neue Regelung soll rasch in Kraft treten und bis Ende 2022 gelten. Die Massnahme solle helfen, Kosten zu vermeiden. Dies insbesondere in den Kantonen, die für den Vollzug von Wegweisungen zuständig sind. Viele Fluggesellschaften sowie Herkunfts- und Dublin-Staaten verlangen einen negativen Covid-19-Test für Ausschaffungsflüge respektive die Rückübernahme von Personen. In Bundeszentren haben bisher 50 Personen einen Covid-19-Test verweigert, um nicht ausgeschafft zu werden.
Corona-Einsatz des Zivilschutzes
Der Bundesrat hat den Corona-Einsatz des Zivilschutzes ein weiteres Mal bis Ende Oktober verlängert. Noch immer sind pro Woche rund tausend Zivilschutzangehörige zur Unterstützung des Gesundheitswesens im Einsatz – derzeit primär im Zusammenhang mit den Impfungen. Der Zivilschutz ist in vielen Kantonen beim Betrieb der Impfzentren und in mobilen Impfequipen eingebunden. Der Unterstützungsbedarf bei den Impfungen wird über die nächsten Monate hinweg bestehen bleiben, wie es in einer Mitteilung heisst.
Solarstrom
In der Schweiz könnte der Winteranteil der Solarstromproduktion ohne grosse Zusatzkosten von 27 auf 30 Prozent erhöht werden. Dazu müssten mehr Fotovoltaikanlagen auf nach Süden ausgerichteten Fassaden erstellt werden, heisst es in einem Bericht des Bundesrats. Der Zubau könnte über eine höhere Einmalvergütung gefördert werden. Von potenziellen 34 Terawattstunden Solarstrom im Jahr 2050 könnten so rund 10 im Winter produziert werden. Eine Steigerung des Winteranteils auf bis zu 35 Prozent wäre dem Bericht zufolge zwar möglich, würde jedoch unverhältnismässig hohe Kosten verursachen. Das Potenzial der Solarstromproduktion auf und an Gebäuden liegt laut dem Bund bei 67 Terawattstunden pro Jahr. Die Ende 2019 in der Schweiz installierten Anlagen produzierten rund 2,5 Terawattstunden.
Klimaschutz
Der Bundesrat hat zwei Klimaabkommen mit dem westafrikanischen Staat Senegal und der Inselrepublik Vanuatu im Südpazifik genehmigt. Mit den Abkommen werden die Rahmenbedingungen geschaffen, damit die Schweiz CO2-Emissionen über Klimaschutzprojekte in diesen beiden Staaten kompensieren kann. Ähnliche Abkommen hat die Schweiz bereits mit Ghana in Westafrika und Peru in Südamerika abgeschlossen. Mit dem Pariser Klimaabkommen hat sich die Schweiz verpflichtet, bis 2030 ihren Treibhausgasausstoss gegenüber dem Stand von 1990 zu halbieren. Das Übereinkommen von Paris erlaubt es den Staaten auch, ihre Emissionen durch Klimaschutzprojekte im Ausland zu kompensieren.
Gesundheit
Ärztinnen und Ärzte, die künftig eine ambulante Praxis eröffnen wollen, müssen mindestens drei Jahre lang an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte im beantragten Fachgebiet gearbeitet haben. Sie müssen sich zudem dem elektronischen Patientendossier anschliessen und über die notwendigen Sprachkenntnisse verfügen. Der Bundesrat setzt die entsprechenden Zulassungskriterien per 1. Januar 2022 in Kraft. Mit weiteren Verordnungen will der Bundesrat die Spitalplanung verbessern und Höchstzahlen für neu zugelassene Ärztinnen und Ärzte anhand des Versorgungsgrads festlegen.
Weiterbildung
Der Bund will Menschen ohne nachobligatorische Bildung respektive mit mangelnden Grundkompetenzen insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) stärker fördern. Er hat das Wirtschaftsdepartement (WBF) mit Massnahmen beauftragt. Diese betreffen etwa eine stärkere Promotion des Förderschwerpunkts «Einfach besser ... am Arbeitsplatz!», mit dem der Bund Betriebe unterstützt, ihre Mitarbeitenden am Arbeitsplatz angesichts vieler Herausforderungen fit zu halten. Zudem lanciert der Bund ein Pilotprogramm «Weiterbildungscoaching für KMU» mit interessierten Berufsverbänden. Die Beratung soll KMU-Betrieben helfen, den Weiterbildungsbedarf ihrer Mitarbeitenden zu eruieren.
Anti-Terror-Gesetz
Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) soll ab dem 1. Oktober im Internet und in elektronischen Medien verdeckt fahnden können. Zudem soll der Bundesrat ab Herbst die Kompetenz erhalten, Polizeikooperationsabkommen in Eigenregie abzuschliessen. Bisher musste die Zusammenarbeit mit ausländischen Polizeibehörden durch das Parlament genehmigt werden. Der Bundesrat will erste Bestimmungen des Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) bereits im Herbst in Kraft setzten. Er hat die entsprechende Verordnung in die Vernehmlassung geschickt.
Marktzugang
Beim Marktzugang in den Nachbarländern ist die Schweiz keinen systematischen Diskriminierungen ausgesetzt. Zu diesem Schluss kommt ein vom Bundesrat verabschiedeter Bericht. Angesichts komplexeren Rechtsvorschriften sind aber Schweizer Akteure in Italien mit grösseren bürokratischen Hindernissen und mehr Schwierigkeiten konfrontiert als in Deutschland, Frankreich und Österreich. Der Bericht untersuchte das Schicksal von Erbringenden kurzfristiger Dienstleistungen und Teilnehmenden an öffentlichen Ausschreibungen. Wegen der schwachen Beteiligung der Unternehmen an der Umfrage und aus methodologischen Gründen konzentriert sich der Bericht vor allem auf die Bedingungen zwischen der Schweiz und Italien.
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