Eidgenössische WahlenKommentare: «Das Resultat kommt einem Erdrutsch gleich»
SDA/tjb
21.10.2019 - 06:26
Die Kommentare in den heutigen Zeitungen würdigen allesamt das gute Abschneiden der Grünen und Grünliberalen. Viele mahnen aber an, auf mehrheitsfähige Politik zu setzen anstatt auf radikale Vorstösse.
«Tages-Anzeiger»:
«Für Schweizer Verhältnisse kommt das Resultat einem Erdrutsch gleich. Der Klimawandel dominiert die Wahlen 2019. Und wie! Sowohl die Grünen als auch die Grünliberalen konnten ihre Sitzzahl mehr als verdoppeln. Nicht einmal die SVP hat in ihrer Geschichte je derart viele Mandate gewonnen wie am Sonntag allein die Grünen. Sie sind nun mit 28 Nationalratssitzen fast gleich stark wie die FDP. Hinzu kommen die 16 Mandate der Grünliberalen. Damit werden die beiden Umweltparteien in der grossen Kammer hinter der SVP zusammen zur zweitstärksten Kraft. (...) Nun müssen die Öko-Parteien beweisen, dass sie nicht nur Wahlen gewinnen, sondern auch eine mehrheitsfähige Politik machen können. Ihre Volksinitiativen über den Atomausstieg, die grüne Wirtschaft und Fairfood waren Parlament und Stimmberechtigten zu extrem. Im National- und im Ständerat bestimmen nicht starre Blöcke, sondern wechselnde Koalitionen, wo es langgeht.»
«Blick»:
«Eine grüne Welle wurde erwartet. Gekommen ist eine grüne Flut ... Grün ist zum Lifestyle geworden. Grün ist in. Doch grün ist nicht gleich grün: Grüne und Grünliberale eint einzig das ‹Grün› in ihren Namen. Sonst liegen sie so weit auseinander wie SP und FDP. Die Wähler der Grünen haben sich für ein anderes Weltbild entschieden als die Wähler der Grünliberalen. Aber sie haben eine gemeinsame Forderung: Die Politiker sollen den Klimawandel ernst nehmen und Massnahmen ergreifen (...) Die Schweiz stand jahrzehntelang für unerschütterliche Stabilität mit höchstens sanften Ausschlägen in den Wählerstärken. Vielleicht sind wir gerade daran, ein ganz normales Land zu werden, was bedeuten würde: Wer das Thema der Stunde besetzt, fährt einen riesigen Erfolg ein.»
Sie ist die strahlende Siegerin der Wahlen: Grünen-Präsidentin Regula Rytz. Ihre Partei kann den Wähleranteil mit 13,2 Prozent verdoppeln, sie ist erstmals stärker als die CVP.
Bild: Keystone/Peter Schneider
Auch GLP-Chef Jürg Grossen gehört zu den grossen Gewinnern: Seine Partei gewinnt ebenfalls massiv Wähleranteile hinzu und voraussichtlich neu Sitze zusätzlich erhalten.
Bild: Keystone/Anthony Anex
SVP-Präsident Albert Rösti ist der grösste Verlierer der Wahlen vom Sonntag: Seine Partei büsst zwölf Sitze im Nationalrat ein. Und auch Petra Gössis FDP muss Verluste hinnehmen, wenn auch in geringerem Mass: minus vier Sitze im Nationalrat.
Bild: Keystone/Peter Klaunzer
Immerhin ein kleiner Trost für Rösti: Er wurde mit den meisten Stimmen in den Nationalrat gewählt. 128'252 Stimmen konnte der landesweite Stimmenkönig auf sich vereinen.
Bild: Keystone/Anthony Anex
Christian Levrat muss gleich zwei Niederlagen verkraften: Zum einen büsst seine SP Wähleranteile und damit vier Sitze im Nationalrat ein, zum anderen kann er seinen Ständeratssitz im Kanton Freiburg nicht im ersten Anlauf verteidigen.
Bild: Keystone/Cyril Zingaro
Zu den grossen Verlierern zählt die BDP – im Kanton Graubünden hat Duri Campell seinen Sitz verloren, und auch in anderen Kantonen büsste die Partei Sitze ein. Damit kommt die Partei, die sich einst von der SVP abgespaltet hat, künftig nicht mehr auf Fraktionsstärke.
Bild: Keystone/Gian Ehrenzeller
Eine eigentliche Sensation schaffte Mathias Zopfi im Kanton Glarus: Der 35-jährige Grüne gewinnt das Rennen um einen Sitz im Ständerat gegen den amtierenden SVP-Politiker Werner Hösli.
Bild: Keystone/Handout
Und gleich noch eine Überraschungssiegerin der Grünen: Céline Vara zieht für den Kanton Neuenburg in den Ständerat ein. Der Sitzgewinn der 35-Jährigen Politikerin geht zulasten der SP.
Bild: Keystone/Jean-Christophe Bott
Freuen kann sich auch Magdalena Martullo-Blocher: Die SVP-Frau kann ihren Bündner Nationalratssitz problemlos verteidigen. Ihr Parteikollege Heinz Brand dagegen verliert sein Mandat in der grossen Kammer.
Bild: Keystone/Gian Ehrenzeller
Monika Rüegger heisst die strahlende Siegerin der SVP im Kanton Obwalden: Sie holt für ihre Partei nach acht Jahren den Sitz im Nationalrat zurück, zudem ist sie die erste Frau, die der Innerschweizer Kanton nach Bern schickt.
Bild: Keystone/Urs Flüeler
Mit Hans-Ulrich Bigler, hier ein Archivbild, verpasst ein prominenter FDP-Vertreter die Wiederwahl: Der Präsident des Gewerbeverbands fällt nach vier Jahren wieder aus der grossen Kammer.
Bild: Keystone/Anthony Anex
Auch bei der SP hat der Sitzverlust bekannte Namen getroffen, allem voran Gewerkschafter Corrado Pardini. Der Nationalrat, auch hier auf einem Archivbild, hat die Wiederwahl verpasst.
Bild: Keystone/Peter Klaunzer
«Neue Zürcher Zeitung»:
«Dank der Klimadiskussion legen die Grünen und die Grünliberalen bei den eidgenössischen Wahlen zwar wie erwartet massiv zu, dafür verliert die SP gut zwei Prozentpunkte. Die FDP kommt mit einem blauen Auge davon, und auch bei der SVP wird man verhalten aufatmen. Die Verluste fallen deutlich aus, lassen sich aber verkraften. Noch immer liegt die gerupfte Partei knapp zehn Punkte vor der Konkurrenz. (...) Grün hat in allen Schattierungen Konjunktur: ob tiefrot wie bei den Grünen oder links-bürgerlich schillernd wie bei den Grünliberalen. (...) Einiges spricht allerdings dafür, dass die beiden Parteien ihre Basis in den Städten langfristig verbreitern können (...) Natürlich verändern die Ergebnisse vom Sonntag die Rahmenbedingungen für die Politik der nächsten vier Jahre. (...) Der Wahlausgang darf daher keine Ausrede für die bürgerlichen Parteien sein – im Gegenteil: Wenigstens jenseits der Europapolitik ist bei den Bürgerlichen nun mehr denn je Geschlossenheit gefragt.»
«Le Temps»:
«Das Ergebnis dieses Wahlsonntags zeigt, dass eine starke ökologische Politik gefordert ist, unabhängig von den traditionellen Verbindungen zwischen dem linken und dem rechten Flügel», schreibt die Zeitung «Le Temps». «Das Anliegen der Umwelt ist das Anliegen aller (...) Der Bundesrat muss auf die eine oder andere Weise, morgen oder übermorgen, begrünt werden und die Abstimmung der Schweizer respektieren.»
«Basler Zeitung»:
«Diese Kräfteverschiebung ist bemerkenswert in einem Land, dessen politische Konstanz international ein Unikat darstellt. Sie lässt an Deutschland denken, wo ebenfalls seit geraumer Zeit die Grünen auf Kosten der Sozialdemokratie zulegen. Zum schlechten Abschneiden der Schweizer Genossen mag eine gewisse Trägheit ebenso beigetragen haben wie ihr europapolitisches Lavieren. In der Tat wäre das Resultat mit dem Schlagwort ‹Klimawahl› unzulässig simplifiziert. Das zeigen die Verluste auf der rechten Seite. Die SVP machte sich über die ‹Klimahysteriker› lustig, die FDP versuchte, auf Geheiss ihrer Parteileitung, das Thema ernst zu nehmen – an der Urne jedoch wurden beide Parteien gleicher massen abgestraft, und zwar quer durch alle Landesteile. Die beiden Leader des rechtsbürgerlichen Lagers haben ein niederschmetterndes Zeugnis für ihre Arbeit in der letzten Legislatur erhalten.»
«Tribune de Genève»:
«Für die Schweiz, dem stabilsten Land des Universums, ist ein Anstieg der Grünwähler um sechs Prozent, ohne jenes Ergebnis der Grünliberalen, fast ein Regimewechsel, schreibt die «Tribune de Genève». «Die Grünen haben gewonnen und dieser Sieg zwingt sie, der Öffentlichkeit zu beweisen, dass die Ökologie, jenseits von guten Appellen an das Gewissen zwischen zwei Easyjet-Flügen, tatsächlich die Dinge im Leben der Menschen verändern kann und wird. Allerdings dürfte der Weg steinig werden.»
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Doch zugleich mehren sich Alarmzeichen für die junge Partei. Drei Monate vor der Bundestagswahl sinken bundesweit ihre Umfragewerte. Das Institut Forsa sah das BSW zuletzt bei nur noch 4 Prozent, genau halb so viel wie Anfang Juli.
Die Parteigründerin hält dagegen.
Wagenknecht erklärt:
«Es ist nichts Neues, dass mit Umfragen Politik gemacht wird. Dass Forsa uns pünktlich zum Start des Bundestagswahlkampfs miese Werte gibt, überrascht mich nicht.»
In anderen Umfragen stehe das BSW bundesweit bei 6 bis 8 Prozent.
Wagenknecht selbst sagt zum Formtief: «Ein wichtiger Grund war, dass es über die Regierungsbildung in Thüringen zu einem öffentlichen Konflikt kam.» Ende Oktober rügte die Parteigründerin ein Sondierungspapier, das ihre Unterhändlerin Katja Wolf mit CDU und SPD vereinbart hatte.
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