Rahmenabkommen Deutscher Botschafter in Bern schliesst Nachverhandlungen nicht aus

SDA/dor

12.10.2020 - 06:02

Michael Flüggers neuer Arbeitsplatz: die deutsche Botschaft in Bern. (Archivbild)
Michael Flüggers neuer Arbeitsplatz: die deutsche Botschaft in Bern. (Archivbild)
Source: Keystone/Gaetan Bally

Der neue Botschafter Deutschlands in der Schweiz, Michael Flügger, hält Neuverhandlungen über die Kernpunkte des Rahmenabkommens mit der EU für unrealistisch. Nachverhandlungen seien dagegen in Brüssel gang und gäbe.

Michael Flügger, seit knapp zwei Monaten deutscher Botschafter in der Schweiz, hält Neuverhandlungen über den Kerntext des Rahmenabkommens mit der EU für «unrealistisch». «Über alles andere kann man sprechen – dafür wird sich Deutschland einsetzen», sagte Flügger in einem Interview mit dem «Blick». Er denke, dass die Kommission die direkten Nachbarn der Schweiz auch hören werde, so Flügger. In Brüssel seien Nachverhandlungen gang und gäbe, zu vielen Verträgen werden Erklärungen, Anhänge, sogenannte Side Letters, verabschiedet. Es gebe jede Menge Möglichkeiten, «rechtliche Absicherungen» zu treffen.

Das Rahmenabkommen habe für ihn oberste Priorität, sagte Flügger: «Es betrifft Deutschland als Nachbarstaat auch in besonderer Weise. Die Schweiz und Deutschland profitieren stark vom bilateralen Weg. Deshalb unterstütze ich den Prozess sehr.» Er versuche zuerst einmal, den Schweizern gut zuzuhören – und auch die deutsche Position zu erklären. Und das ginge «wohl noch einige Zeit» so, sagte der Diplomat weiter. «Ich gehe nicht davon aus, dass der Bundesrat in den nächsten vier Wochen seine Unterschrift unter das Abkommen setzt», so Flügger.

Fahnenschwinger mit Schweizer- und Europa-Fahne, aufgenommen auf dem Männlichen bei Grindelwald. (Symbolbild)
Fahnenschwinger mit Schweizer- und Europa-Fahne, aufgenommen auf dem Männlichen bei Grindelwald. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Als konkretes Beispiel erwähnte Flügger die Unionsbürgerrichtlinie, die neben dem Lohnschutz und den staatlichen Beihilfen zwischen der EU und der Schweiz umstritten ist. Es gehe dabei sicherlich nicht darum, dass jeder in die Sozialhilfe einwandern könne. Wenn das die Sorge sei, darüber könne man sicher nochmals reden.

Flügger nahm auch zu den unterschiedlichen Ansichten über den Europäischen Gerichtshof (EuGH) Stellung. Die Rolle des EuGH sei sehr beschränkt. Er solle nur beigezogen werden, wenn eine Streitfrage EU-Recht betreffe. «Jetzt zu behaupten, der EuGH werde der Schweiz alles befehlen, ist einfach Unsinn. In dieser Abwehrhaltung geht vergessen, wozu das Abkommen dient», sagte Flügger weiter. Die bilateralen Verträge seien jetzt 21 Jahre alt. Seither habe sich die Welt verändert.



Brüssel wartet auf Antwort aus Bern

Dass die bilateralen Beziehungen auf dem Stand von 1999 seien, könne nicht im Interesse der Schweiz sein. Bleibe die Frage, ob neue Verhandlungen eine bessere Lösung brächten. Die EU-Kommission warte auf eine Antwort des Bundesrates, der klar sagen müsse, was er wolle.

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