UNO-Menschenrechtsrat Schweiz muss sich Rassismus-Vorwürfe anhören

SDA, mmi

27.1.2023 - 17:40

Staatssekretärin Livia Leu muss die Menschenrechtslage in der Schweiz vor den anderen UNO-Mitgliedstaaten verteidigen.
Staatssekretärin Livia Leu muss die Menschenrechtslage in der Schweiz vor den anderen UNO-Mitgliedstaaten verteidigen.
Keystone

Der UNO-Menschenrechtsrat hat die Schweizer Delegation in Genf angehört. Dabei werfen andere Mitgliedsstaaten der Schweiz am häufigsten Rassismus vor – darunter China. 

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Alle vier Jahre wird die Schweizer Delegation vom UNO-Menschenrechtsrat angehört. Am Freitag war es wieder so weit und Staatssekretärin Livia Leu sprach vor dem Rat.

Obwohl Leu die Menschenrechtssituation in der Schweiz als «relativ gut» bezeichnete, sah sich die Schweiz während mehrerer Stunden mit Vorwürfen und Forderungen konfrontiert. Die häufigsten Vorwürfe aus anderen Mitgliedsländern betrafen das Thema Rassismus. 

Vertreter*innen mehrerer Länder forderten einen nationalen Aktionsplan gegen rassistische Diskriminierung sowie einen Mechanismus zur Sammlung von Beschwerden gegen rassistisches Profiling durch die Polizei.

Fehlende Gleichstellung

«Die Schweiz betrachtet es als eine ständige Pflicht», sich gegen Rassismus einzusetzen, insbesondere online, versicherte Leu. Sie betonte, dass der Bundesrat und das Parlament der Ansicht seien, dass die Strafnorm gegen Rassismus einen «wirksamen Schutz» biete. Dennoch räumte sie ein, dass beim Zugang zur Justiz für Betroffene Verbesserungspotzenzial bestehe.

Weiter gab Leu zu, dass die «drastischen Massnahmen», die im Kampf gegen das Coronavirus ergriffen worden seien, potenzielle Bedrohungen für die Grundrechte ans Licht gebracht hätten – insbesondere die der Minderheiten und der Schwächsten, so Leu.

Zudem wurde der Schweiz nahegelegt, etwas gegen die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen zu unternehmen.

«Wir können und müssen mehr tun», sagte Leu dazu. Sie meinte aber auch, dass «die Schweiz mit der neuen, 2021 eingeführten Politik und dem dazugehörigen Aktionsplan entschlossen den Weg zur Gleichstellung beschreitet».

Delegierte im UNO-Menschenrechtsrat im Juni 2022: Im Nebenorgan der UNO-Vollversammlung wurde die Schweiz mit Vorwürfen und Forderungen konfrontiert.
Delegierte im UNO-Menschenrechtsrat im Juni 2022: Im Nebenorgan der UNO-Vollversammlung wurde die Schweiz mit Vorwürfen und Forderungen konfrontiert.
Archivbild: Keystone

Kritik aus Russland und China

Ein weiterer Vorwurf an die Schweiz kam aus Russland. Ein russischer Vertreter äusserte sich «besorgt» über die Diskriminierung seiner Landsleute in der Schweiz seit Beginn des Krieges in der Ukraine.

China wiederum forderte gesetzliche und administrative Anpassungen und äusserte sich «beunruhigt» über die Diskriminierung von Minderheiten. Peking hatte der Schweiz schon mehrmals mit Vergeltungsmassnahmen gedroht, weil sie die Situation in Xinjiang kritisiert hat, wo über eine Million muslimische Uiguren in sogenannten Umerziehungslagern interniert sind.

Mehrere Länder wünschten sich ausserdem, dass die Schweiz die Internationale Wanderarbeiter-Konvention ratifiziert. Laut dem Staatssekretariat für Migration (SEM) plant die Schweiz jedoch nicht, auf diese Forderung einzutreten.

Weiter wurden Bedenken über die Situation von Asylsuchenden, Häftlingen und Menschen mit Behinderungen in der Schweiz geäussert.

NGO: Mangel an Selbstkritik

Die Schweizer Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Haltung der Schweizer Delegation. Es mangle an Selbstkritik, schrieb die NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz, ein Zusammenschluss von rund 100 Nichtregierungsorganisationen, in einer Mitteilung. Insbesondere im Asyl- und Migrationsbereich würden die Einschätzungen der offiziellen Schweiz in «krassem Gegensatz zur Notwendigkeit von Verbesserungen» im Menschenrechtsschutz stehen.

Auch Zuspruch für die Schweiz

Neben all diesen Vorwürfen erhielt die Schweiz auch Zuspruch. Viele Länder begrüssten die Nationale Menschenrechtsinstitution, die im Mai ihre Arbeit aufnehmen soll. Kritisiert wurde hingegen eine fehlende Finanzierung dieser Institution.

In den vergangenen Monaten hatte die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter die Auffassung vertreten, dass die Institution ihrem Mandat zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte aufgrund fehlender Mittel nicht nachkommen könne.