Günther Tschanun (links) am 23. August 1990 beim Verlassen eines Polizeifahrzeugs vor dem Zürcher Obergericht. (Archivbild)
Gesenkten Hauptes auf dem Weg ins Zürcher Obergericht: Günther Tschanun, ehemaliger Chef der Zürcher Baupolizei, im August 1990. (Archivbild)
Vierfachmörder Günther Tschanun seit über sechs Jahren tot - Gallery
Günther Tschanun (links) am 23. August 1990 beim Verlassen eines Polizeifahrzeugs vor dem Zürcher Obergericht. (Archivbild)
Gesenkten Hauptes auf dem Weg ins Zürcher Obergericht: Günther Tschanun, ehemaliger Chef der Zürcher Baupolizei, im August 1990. (Archivbild)
Günther Tschanun, wegen vierfachen Mordes verurteilter ehemaliger Chef der Zürcher Baupolizei, ist bereits vor über sechs Jahren bei einem Fahrradunfall im Tessin gestorben. Er hatte dort nach der Verbüssung seiner langen Gefängnisstrafe unter neuem Namen gelebt.
Dies hat die Tamedia-Journalistin Michèle Binswanger in einer aufwendigen Recherche herausgefunden. Der erste Teil wurde am Sonntag in der «Sonntagszeitung» publiziert. Sie sei vor zwei Jahren an einer Führung im Kriminalmuseum gewesen und habe dort erfahren, dass Tschanun bei einem Velounfall verstorben sein soll, sagte die Autorin in der «Tagesschau» von Schweizer Fernsehen SRF.
In der Folge habe sie die Akten aus dem Strafvollzug angefordert und zu recherchieren begonnen. Das bisher unveröffentlichte Dossier zum Fall hat die Zeitung gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip im Zürcher Amt für Justizvollzug erstmals einsehen können.
Demnach ist Tschanun am 25. Februar 2015 bei einem Velounfall am Ufer der Maggia bei Losone TI 73-jährig tödlich verunfallt. Auf dem Totenschein sei er als Claudio Trentinaglia ausgewiesen worden. Unter diesem Namen hatte Tschanun nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis im Jahr 2000 offenbar gelebt.
Vier Untergebene mit Kopfschüssen getötet
Am 16. April 1986 hatte Tschanun in seinem Büro im Amtshaus IV in Zürich vier seiner engsten Mitarbeiter mit gezielten Kopfschüssen hingerichtet und ein weiteres Opfer schwer verletzt. Der Amoklauf gehört zu den schwersten Verbrechen der Schweizer Kriminalgeschichte.
Am 29. Februar 1988 verurteilte das Zürcher Obergericht Tschanun wegen vierfacher vorsätzlicher Tötung erstinstanzlich zu einer Zuchthausstrafe von 17 Jahren. Der Staatsanwalt wollte jedoch einen Schuldspruch wegen Mordes und zog das Urteil weiter ans Bundesgericht.
Ende Januar 1990 hob der Kassationshof des Bundesgerichts das Urteil des Zürcher Obergerichts auf und verlangte einen Schuldspruch wegen Mordes. Das Zürcher Obergericht musste über die Bücher und verschärfte die Strafe gegen Tschanun am 31. August 1990 um drei Jahre auf 20 Jahre Zuchthaus.
«Genau überlegter Liquidationsplan»
Am Tage seines Amoklaufes realisierte Tschanun laut damaliger Anklageschrift einen «genau überlegten Plan zur Liquidation seiner beruflichen Gegner». Tschanun fasste demnach den Entschluss, «diejenigen ‹kaputtzumachen›, die ihn nach seiner Meinung ‹kaputtmachten›», vermutlich schon am Vorabend seiner Tat.
Im Januar 2000 kam der Vierfachmörder 14 Jahre nach der Bluttat frei. Sein zweites Gesuch um vorzeitige Haftentlassung war bewilligt worden. Aufgrund mehrerer Gutachten sei davon auszugehen, dass bei Tschanun keine Rückfallgefahr bestehe, hatte es zur Begründung geheissen.