Zuwanderung stoppenSVP legt ihre Initiative gegen eine «10-Millionen-Schweiz» vor
Maximilian Haase
4.7.2023
Die SVP stellt in Bern ihre neue Zuwanderungsinitiative vor. Verhindert werden solle der Partei zufolge eine «10-Millionen-Schweiz». Was genau gefordert wird, erklären Parteivertreter in Bern.
04.07.2023, 12:05
04.07.2023, 12:09
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Die SVP stellt am Dienstag in Bern ihre «Nachhaltigkeits-Initiative» vor.
Die Initiative fordert, dass eine Schweiz mit 10 Millionen Einwohner*innen verhindert werden solle.
Soll die Bevölkerung der Schweiz weiter wachsen? Für die SVP ist die Sache klar: Eine «10-Millionen-Schweiz» darf es nicht geben. Mit diesem Slogan hat die Partei am Dienstag in Bern ihre neue Zuwanderungsinitiative vorgestellt, mit der genau dieses Szenario verhindert werden solle.
Bereits am Wochenende hatten die Delegierten der SVP bei einer Zusammenkunft in Küssnacht SZ mit 310 zu 0 Stimmen grünes Licht für die sogenannte «Nachhaltigkeits-Initiative» gegeben.
Was die Initiative fordert
Vorgestellt haben die Initiative Thomas Matter, Thomas Aeschi, Manuel Strupler, Mike Egger und Domenik Ledergerber. Das Initiativkomitee hat bis am 4. Januar 2025 Zeit, die nötigen 100'000 Unterschriften zu sammeln.
«Die schöne Schweiz mit ihrer hohen Lebensqualität hat es nicht verdient, zu einem zweiten Hongkong zu werden», sagte der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter vor den Medien in Bern. Der Zustrom von Menschen in die Schweiz müsse gestoppt werden.
Gemäss Initiativtext soll die Bundesverfassung mit einem neuen Artikel zur «nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung» ergänzt werden. Demnach darf die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz zehn Millionen Menschen vor dem Jahr 2050 nicht überschreiten.
Überschreitet die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz vor dem Jahr 2050 neuneinhalb Millionen Menschen, so müssten der Bundesrat und die Bundesversammlung Massnahmen im Asylbereich ergreifen. Ab dem Zeitpunkt der Überschreitung dürften vorläufig Aufgenommene beispielsweise keine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung, kein Schweizer Bürgerrecht und kein anderweitiges Bleiberecht mehr erhalten.
Reichten diese Massnahmen nicht, müsste die Schweiz als Notbremse letztlich auch das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU aufkündigen. Die Einhaltung des Grenzwertes gilt laut der SVP insbesondere zum Schutz der Umwelt und im Interesse der dauerhaften Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Leistungsfähigkeit der Infrastrukturen, der Gesundheitsversorgung und der schweizerischen Sozialversicherungen.
«Müssen endlich etwas Konkretes tun»
Das Thema Zuwanderung ist eines der Hauptthemen der SVP im Wahljahr. Mit der Lancierung der neusten Initiative bringt sie das Thema erneut an die Öffentlichkeit. Das neuste Volksbegehren zielt in eine ähnliche Richtung wie frühere, etwa die erfolgreiche Masseneinwanderungsinitiative oder die gescheiterte Begrenzungsinitiative.
Laut der SVP muss nun die Bevölkerung handeln, «weil die Politiker in Bern das Gegenteil von dem tun, was das Volk beschlossen hat». Die Partei erhalte «unzähligen Schreiben und Bitten von Bürgerinnen und Bürgern» zu dieser Thematik, sagte Matter. «Wir müssen endlich etwas Konkretes tun.»
Geschehe nichts, würden die Probleme in der Schweiz zunehmen, warnte der Thurgauer SVP-Nationalrat Manuel Strupler. Es gebe so viele Staustunden wie noch nie, dazu kämen überfüllte Züge und Trams. Die Energie-, Wasser- und Gesundheitsversorgung seien am Anschlag, es herrsche Lehrermangel. All diese Folgen führt die SVP auf die «masslose Einwanderungspolitik» der Schweiz zurück.
Wirtschaftswachstum bremsen
«Die junge Generation zahlt den höchsten Preis für die Bevölkerungsexplosion», sagte der St. Galler SVP-Nationalrat Mike Egger. Der Kanton Zürich ersticke unter dem masslosen Bevölkerungswachstum, gab der Zürcher SVP-Kantonsrat Domenik Ledergerber zu bedenken.
Der Zuger SVP-Nationalrat und -Fraktionschef Thomas Aeschi wehrte sich gegen den Vorwurf aus Wirtschaftskreisen, wonach die Initiative die Schweizer Volkswirtschaft schwäche. «Ja, wir wollen eine gewisse Bremse des Wirtschaftswachstums, aber das Wachstum soll trotzdem stattfinden.»
Die Wirtschaft müsse die demografischen Probleme nicht mit mehr Zuwanderung lösen, so Aeschi. Es gehe darum, mehr ältere Arbeitnehmende in den Arbeitsmarkt zu integrieren sowie Quereinstiege vermehrt zu fördern.
Widerspruch aus der Wirtschaft
Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) warnte davor, dass eine Beschränkung der Zuwanderung in Zeiten des Fachkräftemangels negative Folgen haben könnte. Man müsse weiter am Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU festhalten.
«Diese Initiative wird der Wirtschaft massiv schaden», warnte der abtretende SAV-Präsident Valentin Vogt. Ebenso wie der SAV spricht sich auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse gegen die Initiative aus.