Umstrittener Influencer BBC erntet Shitstorm für Interview mit Andrew Tate

toko

3.6.2023

Influencer und Frauenhasser Andrew Tate bei seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft.
Influencer und Frauenhasser Andrew Tate bei seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft.
Andreea Alexandru/AP/dpa (Archivbild)

Er ist wegen Menschenhandel angeklagt, zudem wird ihm Vergewaltigung vorgeworfen. Dennoch führt die altehrwürdige BBC mit Andrew Tate ein Interview — und muss sich jetzt breite Kritik anhören.

toko

3.6.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der unter anderem wegen Vergewaltigung angeklagte Influencer Andrew Tate hat der BBC ein Interview gegeben.
  • Der Sender wird in Grossbritannien heftig dafür kritisiert.
  • Andrew Tate stritt im Interview alle Vorwürfe ab und herrschte die Journalistin Lucy Williamson an.

Er prahlte damit, Frauen gefügig und abhängig zu machen. Die rumänische Staatsanwaltschaft wirft ihm, seinem Bruder und zwei Frauen vor, sechs junge Frauen zur Produktion von Pornografie gezwungen zu haben. Die mutmasslichen Opfer seien dabei «physischer Gewalt und psychischem Zwang» ausgesetzt gewesen.

Erst im April wurde der Andrew Tate, ehemaliger Kickboxer und Influencer, nach drei Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen. Seither steht er in Rumänien unter Hausarrest.

Ob die britische BBC dem 36-Jährigen ein «exklusives» Interview geben muss, wird derzeit auf der Insel heftig diskutiert.

Der altehrwürdige, öffentlich-rechtliche Sender hatte die erfahrene Journalistin Lucy Williamson in Tates Haus nach Rumänien geschickt. Ob die BBC erwartet hat, dass er sich reumütig gibt? Williamson konfrontierte Tate mit allen Vorwürfen, er stritt alles ab: «Ich habe alle Strafakten und die Beweise gegen mich gesehen und Sie nicht. Ich kenne die Wahrheit über das, was passiert ist, und Sie nicht.»

Auf Anweisung Gottes

Als die Journalistin ihn auf sein Frauenbild ansprach, antwortete Tate, er handle lediglich nach den Anweisungen Gottes, «Gutes zu tun». Williamson konfrontiere Tate ausserdem mit den Vorwürfen einer Frau, ein mutmassliches Opfer Tates, die der Sender zuvor befragt hatte.

Die Frau, zum Schutz ihrer Identität nur mit dem Pseudonym «Sophie» benannt, erzählte in der BBC-Radio 4-Sendung «File on Four», sie sei Tate nach Rumänien gefolgt, weil sie glaubte, er sei in sie verliebt. Dort sei sie unter Druck gesetzt worden, vor einer Webcam zu arbeiten und sich den Namen Tates auf ihren Körper tätowieren zu lassen.

Tate erwiderte, das Mädchen sei ein Hirngespinst, die BBC habe sie lediglich erfunden. Später herrschte er die Journalistin an, sie sei «nicht der Boss», nur zu Gast in seinem Haus: «Ich tue Ihnen als altes Medium den Gefallen, Ihnen Relevanz zu verleihen, indem ich mit Ihnen spreche.»

Williamson hatte dem aufbrausenden Tate wenig entgegenzusetzen, wurde von ihm mehrfach unterbrochen und angepöbelt. Das Interview lief ziemlich aus dem Ruder. 

«Gebührengelder für diesen Sch****?»

Der Shitstorm in den sozialen Medien folgte prompt. Eine besorgtes Elternteil fragte: «Die Schule meiner Kinder musste eine ganze Unterrichtsstunde einrichten, um die Schüler über die Gefahren der grotesken Ideologie dieses Mannes aufzuklären — und Sie geben ihm eine Plattform?»

Viele User*innen empörten sich auch darüber, dass ausgerechnet die BBC mit einem Frauenhasser und mutmasslichem Vergewaltiger ein Interview führt. «Gebührengelder für diesen Sch****?» gehörte noch zu den vornehmeren Beiträgen.

Etwas sachlicher drückten sich zwar Abgeordnete des britischen Unterhauses aus, die Vorwürfe jedoch waren die gleichen: Die BBC dürfte nicht mit öffentlichen Geldern einem Frauenhasser eine Plattform bieten. 

Der Sender verteidigt sein Vorgehen indessen. Der Einfluss Tates, insbesondere auf junge Männer, sei im öffentlichen Interesse, teilte die BBC mit.