Silvester Crémant macht dem Champagner Konkurrenz

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31.12.2021 - 16:14

Hauptsache es sprudelt? So ist das längst nicht mehr. Viele Kunden setzen bei Schaumweinen mittlerweile auf Qualität. Und da drängt sich nicht nur der Champagner auf. Der unscheinbarere Verwandte Crémant ist dabei, Boden gutzumachen – zu Recht, wie Experten meinen.

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Silvester ohne Feuerwerk, Silvester ohne grosse Party – im zweiten Corona-Winter wirkt das schon fast normal. Aber Silvester ohne Anstossen mit etwas Prickelndem? Das dürfte für viele immer noch undenkbar sein.

Offenbar muss es dabei längst nicht mehr unbedingt der teure Champagner sein. In Frankreich schickt sich der Crémant an, dem Edel-Verwandten Konkurrenz zu machen. Auch andernorts schätzen immer mehr Menschen den meist etwas günstigeren Schaumwein. Zu Recht?

Angenehm im Mund: Für Einsteiger

Besuch in der Crémant-Hochburg Elsass. Im Weingut Armand Gilg im beschaulichen Mittelbergheim am Rande der Vogesen macht Crémant ein Viertel bis knapp ein Drittel der Jahresproduktion aus. Sehr viel werde nach Deutschland exportiert, sagt Winzer Jean-Christophe Lehnert. «Sie sind sehr versessen auf Crémant, die Deutschen.»

Und auch er selbst weiss den Tropfen zu schätzen. «Crémant trinkt sich einfach gut, er ist angenehm im Mund, er ist bekömmlich», sagt Lehnert. Dabei habe der Schaumwein im Allgemeinen etwas weniger Säure als Champagner und sei daher möglicherweise für Einsteiger leichter zugänglich.

In der Herstellung ähnelt der herkunftsgeschützte Crémant dem Champagner sehr. Zwar sind andere Rebsorten erlaubt als die drei, die meist für Champagner verwendet werden: Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier. Aber bei beiden vorgeschrieben sind die Handlese sowie die Flaschengärung.



Der lange Weg zum fertigen Crémant

Wichtig sei, die Trauben möglichst sanft zu pressen, sagt Lehnert – damit wenige Gerbstoffe in den späteren Crémant gelangten. Nach einer ersten Gärung im Fass, die etwa 10 bis 15 Tage dauere, überwintere das Crémant-Vorprodukt draussen in der Kälte, um Weinstein vorzubeugen.

Erst Ende Februar geht es in die Flaschen, gemeinsam mit etwas Hefe. Die Flaschen werden mit einer Art Kronkorken hermetisch abgedichtet. Nur so kann sich die Kohlensäure bilden. Mindestens neun Monate müssen vergehen, bevor das recht spektakuläre Degorgieren folgt.

Dabei wird der Heferest im Flaschenhals zu einer Art Eiswürfel tiefgefroren. Wird dann der Korken geöffnet, schiesst das Eis heraus. Die fehlende Flüssigkeit wird meist mit einem Gemisch aus Wein und Zuckersirup aufgefüllt, bevor die Flaschen endgültig mit Korken versehen werden.

Elsass ist Anbaugebiet Nummer eins

Jeder Winzer habe so seine eigenen Ideen, sagt Lehnert – welche Rebsorten in den Crémant kommen, wie lange der Crémant «auf der Hefe liegt» und womit genau die Flaschen nach dem Degorgieren wieder aufgefüllt werden. Während es beim Champagner üblich sei, verschiedene Jahrgänge zu mischen, um eine gewisse Homogenität zu erzielen, schwüren viele Crémant-Produzenten auf reine Jahrgänge.

Crémants mit geschützter Herkunftsbezeichnung kommen in Frankreich aus acht Anbaugebieten. Das Elsass liegt bei der Produktionsmenge ganz vorne, laut Crémant-Verband steigen die Verkäufe hier seit 1990 jährlich im Schnitt um knapp sechs Prozent. Durchschnittlich koste eine Flasche zwischen acht und zehn Euro.

Crémant kann mit Champagner durchaus mithalten

Bei deutschen Kunden etwa liege Crémant seit Jahren schon im Trend, sagt Lena Lundius, Sprecherin der Hawesko Holding, die mit hochwertigen Weinen, Champagner und Spirituosen handelt. Genaue Zahlen zur verkauften Menge nennt sie nicht, aber so viel: Crémant verkaufe sich konzernweit im Verhältnis eins zu zwei zu Champagner.

Viele Crémants könnten durchaus qualitativ mit Champagner mithalten, sagt Lundius, manche seien gar besser. «Wenn man sich mit Crémant auseinandersetzt, dann kann man da Perlen finden.»

Der höhere Preis für Champagner sei zum Teil zwar gerechtfertigt – bedingt durch die festgelegte Anbaufläche und den dadurch begrenzten Ertrag. Aber der exklusive Tropfen profitiere auch von einer Art Namensbonus. «Wenn auf einem Schaumwein nicht Champagner draufsteht, gibt es eine Hemmschwelle, was den Preis angeht.»

Kunden achten zunehmend auf Qualität

Romana Echensperger, bekannte Sommelière und Trägerin des renommierten Titels «Master of Wine», beobachtet in Deutschland eine Hinwendung zu qualitativen Schaumweinen. «Lange Zeit war es den Konsumenten egal, welche Qualität der Schaumwein hatte – Hauptsache es hat gesprudelt. Heute erkennen viele Geniesser, was Qualität im Schaumwein ist, und da hat Crémant viel zu bieten.»

Crémant schmecke etwas fülliger, cremiger, weicher als Champagner. Er habe in der Regel eine cremig-schäumende Perlage, sei dabei aber nicht ganz so feinperlig wie Champagner und nicht so von Hefearomen geprägt. Crémant schmecke übrigens nicht nur zum Aperitif. Echensperger empfiehlt ihn auch als Begleitung zum Hauptgang, etwa zu Risotto.

Crémant und Champagner: Wie Äpfel und Birnen

Ob Crémant dem Champagner qualitativ ebenbürtig sei? «Ich finde, dass man mit so einer Frage Äpfel mit Birnen vergleicht», sagt Echensperger. «Champagner ist Champagner – der kommt aus einer besonderen Region mit einzigartigen natürlichen Wachstumsbedingungen, und man hat dort irre lange Erfahrung mit der Schaumweinbereitung. Und Crémant ist Crémant – mit richtig guten Qualitäten, die eine eigene geschmackliche Sprache sprechen und zudem viel günstiger als Champagner sind.»

So sieht es auch Jean-Christophe Lehnert aus dem Weingut Armand Gilg. «Er ist nicht minderwertig, aber Crémant ist einfach etwas anderes. Ein guter Champagner bleibt ein grosser Schaumwein.»