Nationalsozialismus Rammstein-Video polarisiert

sda/toko

28.3.2019 - 19:34

Er polarisiert mit seiner Band immer mal wieder: Rammstein-Frontmann Till Lindemann. 
Er polarisiert mit seiner Band immer mal wieder: Rammstein-Frontmann Till Lindemann. 
Source: Keystone/EPA/Axel Heimken (Archivbild)

Provokation als Programm: In einem neuen Video präsentiert sich die Rockband Rammstein mit Anspielungen auf den Holocaust – das löste heftige Proteste aus. Die Band jedoch hatte sich in der Vergangenheit immer wieder gegen rechtes Gedankengut positioniert.

Häftlinge am Galgen, gelbe Sterne und ein bedrohlicher Sound: Ein Video der deutschen Band Rammstein mit Anspielungen auf deutsche Konzentrationslager hat scharfe Kritik und Fragen zum Umgang mit Holocaust-Bildern ausgelöst.

Der 35 Sekunden lange Trailer zur neuen Rammstein-Single zeigt vier Band-Mitglieder, deren Kleidung an die von KZ-Gefangenen erinnert. Am Ende des Trailers, den Rammstein auf ihrer Webseite veröffentlichten, ist das Wort «Deutschland» in frakturähnlicher Schrift zu sehen. In lateinischen Buchstaben steht darunter das Datum 28.3.2019.

Das neue Album soll am 17. Mai erscheinen, wie die Band auf ihrer Webseite mitteilte. Das komplette Video wollten Rammstein noch am Donnerstag ins Netz stellen.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte, es gebe zahlreiche Künstler, die sich in ihren Kunstwerken auf eine würdevolle Art mit der Schoa auseinandersetzten. «Wer den Holocaust jedoch zu Marketingzwecken missbraucht, handelt verwerflich und unmoralisch», sagte Schuster.

Ein Sprecher des israelischen Aussenministeriums nannte den Rammstein-Clip mit Anspielung auf den Holocaust «beschämend». «Wir schliessen uns jenen an, die eine sofortige Löschung fordern», schrieb er auf Twitter.

Keine Stellungnahme der Band

Rammstein wollen im Mai erstmals auf Stadion-Tournee durch Europa gehen. Dazu hatte die Band im vergangenen September ihr siebtes Studioalbum angekündigt – zehn Jahre nach «Liebe ist für alle da».

Im neuen Trailer treten die Musiker mit jeweils einem Strang um den Hals auf. Zu sehen sind auf einigen gestreiften Jacken gelbe Sterne, ähnlich jenen Kennzeichen, die das NS-Regime nach den Nürnberger Rassegesetzen 1935 den Juden aufgezwungen hatte.

Sollten Rammstein mit dem neuen Musikvideo aus dem Holocaust Profit schlagen wollen, wäre das geschmacklos und würde Millionen Menschen verhöhnen, die während der Schoa unsäglich gelitten hätten und auf grausamste Weise ermordet worden seien, sagte Schuster. Von der Band war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Zuerst hatte die «Bild»-Zeitung über das Video berichtet.

Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem kritisierte nicht generell den künstlerischen Umgang mit dem Holocaust. Solche Arbeiten dürften aber nicht die Erinnerung an die Schoa verhöhnen und nur der öffentliche Aufmerksamkeit dienen, erklärte ein Sprecher. Künstler sollten respektvoll mit der Erinnerung der Überlebenden umgehen.

Auch Medien in der Kritik

Allerdings wurde ebenso die Berichterstattung der Medien kritisiert – nicht nur von Anhängern der Band. Bemängelt wurde dabei oftmals  die starke Sensationalisierung insbesondere im Online-Journalismus.

Problematisch war insbesondere, dass sich die Berichterstattung auf einen Ausschnitt bezog, zumal die Veröffentlichung des vollständigen Videos auf Donnerstagabend um 18 Uhr angesetzt war.

Der Kontext des Videos stellte sich dann nämlich anders dar. In dem rund zehnminütigen Film kommen zahlreiche Szenen aus der deutschen Geschichte vor. Unter anderem singt Till Lindemann: «Deutschland, deine Liebe ist Fluch und Segen/Deutschland, meine Liebe kann ich dir nicht geben», was als Distanzierung von nationalistischem Gedankengut verstanden werden kann.

«Wir hassen Nazis!»

Die Berliner Band hat mit brachialem Rock und martialischen Klängen immer wieder mit Nazi-Ästhetik gespielt. Für das Video zum Song «Stripped» waren Ausschnitte aus Leni Riefenstahls NS-Propagandafilm über die Olympischen Sommerspiele von 1936 zu sehen. Frontman Till Lindemann wies damals Nazi-Vorwürfe zurück. «Wir kommen aus dem Osten und sind als Sozialisten aufgewachsen. Wir waren früher entweder Punks oder Gruftis – wir hassen Nazis!«, sagte er dem Magazin «Rolling Stone».

Zur letzten Echo-Verleihung vor einem Jahr hatten die Rapper Kollegah und Farid Bang mit Zeilen wie «Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen» eine Diskussion über Antisemitismus in der Popmusik ausgelöst. Nach dem Skandal wurde der Preis abgeschafft.


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