Krisengeplagte Grossbank Credit Suisse braucht Milliarden und neue Strategie

tp

26.10.2022 - 23:55

Der Verwaltungsrat stellt die neue Strategie der krisengebeutelten Grossbank vor.
Der Verwaltungsrat stellt die neue Strategie der krisengebeutelten Grossbank vor.
Bild: Keystone

Heute stellt die Credit Suisse die Quartalszahlen und ihren dringend nötigen Strategieumbau vor. Der Verwaltungsrat muss mit dem Sanierungsplan das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen.

26.10.2022 - 23:55

Die Liste der Negativschlagzeilen ist lang. Neben verlustreichen Spekulationsgeschäften im Investmentbanking sowie Abschreibungen für Rechtsstreitigkeiten liessen auch Gerüchte um eine mögliche Kapitalerhöhung den Aktienwert der Credit Suisse auf rekordtiefe Werte sinken.

Der Verwaltungsrat ist unter Zugzwang und scheint sich dessen bewusst. Um den Wertzerfall der Bank zu stoppen, hat er eine weitreichende Strategieänderung angekündigt, die am heutigen Donnerstag mit den dritten Quartalszahlen präsentiert wird.

Die CS-Führung hat bereits im vergangenen Juli den Weg für einen Wandel geebnet: Die schwer angeschlagene Grossbank soll zu einer «fokussierten, agileren Gruppe» werden.

Dafür soll die Kostenbasis um mehr als 1 Milliarde Franken verringert werden. Das Vermögensverwaltungsgeschäft und das Schweizer Geschäft sollen gestärkt werden, die Investment Bank dagegen verkleinert.

Sorge um Kapitalisierung

Angesichts der absehbar hohen Restrukturierungskosten und chronisch roter Geschäftsergebnisse ist aber auch die Sorge um die Kapitalsituation der Bank gestiegen.

Für das dritte Quartal erwarten die Analysten einen Verlust zwischen knapp 300 und über 800 Millionen Franken. Bereits in den beiden ersten Quartalen hatte die CS insgesamt einen Verlust von 1,9 Milliarden ausgewiesen, nachdem sie bereits das Geschäftsjahr 2021 mit einem Reinverlust von 1,7 Milliarden abgeschlossen hatte.

Diverse US-Bankanalysten schätzen den Kapitalbedarf der Grossbank für die kommenden zwei Jahre auf zwischen 4 und 9 Milliarden Franken.

Die benötigten Mittel dürfte die CS-Führung über Verkäufe von Geschäften und von Beteiligungen generieren wollen. Eine Kapitalerhöhung will sie angesichts des sehr tiefen Aktienkurses soweit möglich vermeiden.

Investment Bank im Fokus

Endlich gelingen soll der Umbau der viel kritisierten Investment Bank (IB). Deren Geschäfte sind äusserst volatil, risikoreich und im Konkurrenzvergleich äusserst ertragsschwach.

Die Investment Bank brockte der Credit Suisse mit dem Archegos-Kollaps im vergangenen Jahr einen Verlust von 5 Milliarden ein.

Die Geschäftsleitung der Bank hat bereits angekündigt, den IB-Bereich «Securitized Products» zu verkaufen – zumindest teilweise. Im Geschäft mit der Verbriefung von Forderungen wie Hypothekarkrediten oder Kreditkartenschulden hat die Credit Suisse eine starke Position.

Laut US-Analysten könnte sie bei einem Vollverkauf 1,5 bis 1,8 Milliarden Franken lösen. Spekuliert wird auch über das Abstossen weiterer IB-Teilbereiche, darunter des zuletzt verlustreichen «Leveraged Finance»-Geschäfts.

Werden Stellen gestrichen?

Die angestrebten Straffungen des Geschäfts und die Kostensenkungen werden aber auch die weiteren Geschäftsbereiche der Grossbank treffen. So könnte sich die Credit Suisse im Vermögensverwaltungsgeschäft aus weiteren Ländern zurückziehen – Medien berichteten über einen möglichen Verkauf des Lateinamerika-Geschäfts ohne Brasilien.

Auf die Schweizer Bank könnten ebenfalls weitere Effizienzprogramme mit möglichen Stellenstreichungen und weiteren Filialschliessungen zukommen. Allerdings hat sich das Schweizer Geschäft zuletzt als «Ertragsperle» der Gruppe erwiesen. «Wir sind nicht zuoberst auf der Prioritätenliste für Anpassungen», erklärte CS-Schweiz-Chef André Helfenstein entsprechend noch im September in einem Interview.

Derweil hat die Grossbank in den vergangenen Tagen bereits mit dem Verkauf von Geschäften und Firmenanteilen zur Stärkung der Kapitaldecke begonnen: So teilte sie den Verkauf des Zürcher Luxushotels Savoy sowie ihrer Anteile an der Fondsplattform Allfunds und der Beteiligungsgesellschaft «Energy Infrastructure Partners» mit. Laut Medienberichten könnten etwa auch die CS-Konsumkreditbank «Bank Now» oder das mit American Express betriebene Kreditkartengeschäft Swisscard noch «versilbert» werden.

Die Grossbank ist ein Schatten ihrer selbst

Dennoch sind Kapitalmassnahmen wohl weiterhin nicht auszuschliessen – zuletzt wurde in Medien auch die Ausgabe von Wandelanleihen ins Spiel gebracht. Der anhaltend gedrückte Aktienkurs scheint ebenfalls darauf hinzudeuten, dass die Aktionäre eine Verwässerung ihrer Anteile durch die Ausgabe neuer Aktien nicht ausschliessen.

Die Grossbank muss nun die Investoren davon überzeugen, dass sie mit ihrer neuen Strategie möglichst bald zurück in die Profitabilität finden kann. Der CS Aktienkurs hat sich zwar zuletzt wieder von seinen absoluten Tiefstwerten erholt – mit einer Marktkapitalisierung von gut 12 Milliarden Franken bleibt die Grossbank aber ein Schatten ihrer selbst.

tp