Tonkin-ZwischenfallFake News vor 55 Jahren oder: Als die USA einen Kriegsgrund erfinden
Von Philipp Dahm
3.8.2019
Der Tonkin-Zwischenfall
Die USS Maddox vor Hawaii: Der Zerstörer ist in den Tonkin-Zwischenfall verwickelt, dessen Ereignisse am 2. und 4. August 1964 de facto zum Eintritt der USA in den Vietnamkrieg führen.
Bild: Gemeinfrei
Die USS Ticondera betankt die USS Maddox. Im Hintergrund der Flugzeugträger USS Constellation. Am 2. August wird der Zerstörer bei einer Aufklärungsmission ...
Bild: Gemeinfrei
... angeblich von drei südvietnamesischen Schnellbooten angegriffen, von denen eines hier zu sehen sein soll. Der Kapitän der Maddox, ...
Bild: Gemeinfrei
... John Herrick, links im Bild, will das Gebiet nach dem ersten Angriff verlassen. Doch statt eines Marschbefehls kommt Verstärkung in Form ...
Bild: Gemeinfrei
... des Zerstörers USS Turner Joy. Am 4. August verbreitet das Pentagon, es habe eine zweite Attacke auf die US Navy gegeben. Heute ist klar, ...
Bild: Gemeinfrei
... dass diese Aussage gelogen war. Dennoch starten vom US-Flugzeugträger USS Ticondera bald meherer Kampfjets ...
Bild: Gemeinfrei
... vom Typ A-7 Corsair auf und fliegen Vergeltungsangriffe auf südvietnamesische Stellungen. Auch wenn die USA im Geheimen schon länger im Vietnamkrieg mitmischen, ...
Bild: Gemeinfrei
... zieht erst die Tonkin-Resolution Washington endgültig in den Konflikt hinein.
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Der Tonkin-Zwischenfall
Die USS Maddox vor Hawaii: Der Zerstörer ist in den Tonkin-Zwischenfall verwickelt, dessen Ereignisse am 2. und 4. August 1964 de facto zum Eintritt der USA in den Vietnamkrieg führen.
Bild: Gemeinfrei
Die USS Ticondera betankt die USS Maddox. Im Hintergrund der Flugzeugträger USS Constellation. Am 2. August wird der Zerstörer bei einer Aufklärungsmission ...
Bild: Gemeinfrei
... angeblich von drei südvietnamesischen Schnellbooten angegriffen, von denen eines hier zu sehen sein soll. Der Kapitän der Maddox, ...
Bild: Gemeinfrei
... John Herrick, links im Bild, will das Gebiet nach dem ersten Angriff verlassen. Doch statt eines Marschbefehls kommt Verstärkung in Form ...
Bild: Gemeinfrei
... des Zerstörers USS Turner Joy. Am 4. August verbreitet das Pentagon, es habe eine zweite Attacke auf die US Navy gegeben. Heute ist klar, ...
Bild: Gemeinfrei
... dass diese Aussage gelogen war. Dennoch starten vom US-Flugzeugträger USS Ticondera bald meherer Kampfjets ...
Bild: Gemeinfrei
... vom Typ A-7 Corsair auf und fliegen Vergeltungsangriffe auf südvietnamesische Stellungen. Auch wenn die USA im Geheimen schon länger im Vietnamkrieg mitmischen, ...
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... zieht erst die Tonkin-Resolution Washington endgültig in den Konflikt hinein.
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Wer in den Krieg ziehen will und im Volk Rückendeckung dafür sucht, braucht einen guten Grund für den Waffengang. Oder man ist – so wie die USA 1964 – gut im Lügen.
1964 – in Vietnam tobt seit neun Jahren ein Bürgerkrieg, und die USA unterstützen den Süden in seinem Kampf gegen den kommunistischen Norden. Anfang des Jahres hat Washington gar eine hochgeheime Spezialeinheit aufgestellt, um das Blatt zu wenden: das «Military Assistance Command, Vietnam», das aus Angehörigen der Navy Seals, der Special Forces, der Marines und aus CIA-Leuten besteht.
Es wird zurückgeschossen
Die Task Force führt in Vietnam verdeckte Operationen durch, die durch den streng geheimen «Operational Plan 34A» abgedeckt sind. Zu ihrer Aufgabe gehört auch die elektronische Überwachung – das war auch der Auftrag der USS Maddox, als der Zerstörer am 2. August in den Golf von Tonkin einfährt. Die Maddox soll herausfinden, welche Schäden ein Angriff der mit ihnen verbündeten Südvietnamesen auf zwei nordvietnamesische Inseln angerichtet hat.
Washington behauptet noch heute, die Maddox sei ausserhalb der Zwölf-Meilen-Zone gefahren, aber Historiker bezweifeln dieses Darstellung. Am Mittag des 2. August versuchen drei Schnellboote der Nordvietnamesen, den Zerstörer einzukreisen und schiessen angeblich auch – Torpedos verfehlen demnach die Maddox, an der später nur wenige MG-Einschusslöcher gefunden werden können.
Das US-Kriegsschiff erwidert das Feuer, lässt 280 Granaten auf den Gegner niederregnen, schiesst ein Schnellboot manövrierunfähig und ruft Luftunterstützung vom Flugzeugträger USS Ticondera. Vier Corsair-Bomber steigen auf und versenken nach eigener Angaben eines der verbliebenen Boote und beschädigen das zweite schwer.
Es fehlte noch ein Kriegsgrund
Lyndon B. Johnson, der im November 1963 das Amt von John F. Kennedy übernommen hat, kommt der Zwischenfall im Wahljahr 1964 gerade recht. Denn schon im Vorjahr hat das Pentagon beschlossen, in Vietnam einzugreifen – es fehlt nur noch ein Grund, der den Waffengang im Repräsentantenhaus legitimiert. Washington lehnt dann auch die Bitte von Maddox-Captain John Herrick ab, das Gebiet verlassen zu dürfen. Ihr wird stattdessen die USS Turner Joy zur Seite gestellt.
Mit Genugtuung dürften Johnson und sein Verteidigungsminister Robert McNamara festgestellt haben, dass die US-Presse den Vorfall vom 2. August aufgreift – und die Redaktionen liefern der Öffentlichkeit am 4. August den Nachschub, der für einen Stimmungswechsel im Land nötig ist. Sie geben an jenem Tag vor, die Maddox und die Turner Joy seien von nicht identifizierten Booten erneut mit Torpedos beschossen worden – wahrscheinlich stecke wieder Nordvietnam hinter der Attacke.
Die Tonkin-Resolution bekam im Senat nur zwei gegenstimmen, im Repräsentantenhaus gab es gar keine. Die Resoution kam einer Kriegserklärung gleich.
Wenig Stunden später fliegen US-Jets Vergeltungsangriffe auf nordvietnamesische Stellungen, und spätestens mit der Tonkin-Resolution, die im Repräsentantenhaus mit 416 zu 0 Stimmen angenommen wird, hat Präsident Johnson alle Freiheiten, die er im Vietnamkrieg braucht. Dass Captain Herrick selbst an einem Angriff zweifelt und das auch zeitnah nach Washington funkt, ändert am Kurs des Weissen Hauses nichts – nicht zuletzt, weil Verteidigungsminister McNamara den Präsidenten darüber nicht informiert.
Nichts stimmte
Doch auch der Präsident äussert privat seine Zweifel an der offiziellen Tonkin-Version und glaubt, «unsere Navy hat auf Wale geschossen». Ein Whistleblower bringt 1967 dann erstmals unter Volk, dass die Legitimation erlogen sein soll. Die «Pentagon Papers» erhärten den Verdacht 1971, und 1995 fragt Robert McNamara in Vietnam nach, was damals wirklich los war. Die Antwort lautete: nichts.
Ein Werbefilm für die A-7 Corsair von 1975.
2005 klärten freigegebene NSA-Dokumente ein für allemal, dass der Vorfall vom 4. August, der ein Meilenstein auf dem Weg Washingtons in den Vietnamkrieg war, von vorn bis hinten erfunden wurde. Eine bittere Wahrheit angesichts der unzähligen Toten, die der Konflikt zwischen 1955 und 1975 fordert – die Schätzungen reichen von 1,3 bis 4,2 Millionen Opfern.
Der Polizeichef von Saigon, General Nguyen Ngoc Loan, erschiesst am 1. Februar 1968 auf einer Strasse in Saigon Nguyen Van Lem, der auch als Bay Lop bekannt war und der unter Verdacht stand, Offizier des Vietcong zu sein.
Bild: Eddie Adams/AP NY/dpa
Südvietnamesische Soldaten stehen neben der Leiche von Nguyen Van Lem. Er war Mitte 30, verheiratet, ein Guerilla der kommunistischen Vietcong, die in dem geteilten Land unter Ho Tschi Minh gegen Südvietnam und damit auch gegen die USA kämpften.
Bild: Eddie Adams/AP NY/dpa
Eigentlich hatten beide Seiten zu Vietnams Neujahrstag Tet, dem 1. Februar 1968, eine Feuerpause vereinbart. Aber allen Zusagen zum Trotz startet Ho Tschi Minh am Tag zuvor einen Angriff, der als Tet-Offensive in die Geschichte einging. (Archivbild vom 11. Februar 1968).
Bild: Keystone
Der Angriff des Vietcong am 30. Januar 1968 und in den folgenden Tagen kam für die Südvietnamesen und die Amerikaner völlig überraschend, zumal sich viele südvietnamesische Armeesoldaten im Feiertagsurlaub befanden. (Archivbild vom 31. Januar 1968: Südvietnamesische Soldaten feuern auf Soldaten des Vietcongs)
Bild: Keystone
Der Angriff erfolgte auf breitester Front mit mehr als 80'000 Soldaten und an mehr als 100 Stellen gleichzeitig. (Archivbild vom 8. Februar 1968: Rauch über Saigon während der Tet-Offensive)
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Der Vietcong und seine Verbündeten gingen mit äusserster Brutalität gegen Unterstützer der südvietnamesischen Regierung vor. (Archivbild vom 5. Februar 1968: Verwundete US-Soldaten)
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Allein in der Stadt Hue wurden mehr als 5'000 Menschen gefoltert und exekutiert, darunter auch ausländische Ärzte, Priester und Kinder. (Archivbild vom 17. Februar 1968: Ein US-Soldat trägt ein verwundetes Kind zu einer Ambulanz, damit dieses aus der Stadt Hue gebracht werden kann)
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Die später aufgefundenen Toten waren teilweise verstümmelt, einige wurden offenbar lebendig begraben. (Archivbild, Februar 1968)
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Die Amerikaner brauchten nur kurze Zeit, um sich zu sammeln und zurückzuschlagen. Schon am nächsten Morgen griffen sie mit 5'000 Mann die Nordvietnamesen an. (Archivbild vom 23. Februar: Eine Maschine der US Airforce wirft Vorräte für die Soldaten ab)
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Nach fünf Tagen waren die nordvietnamesischen Truppen wieder zurückgeworfen. (Archivbild, Februar 1968)
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Härter, länger und verlustreicher entwickelten sich die Kämpfe in Hue, endeten aber auch hier nach gut einem Monat mit dem Rückzug der Nordvietnamesen und des Vietcong. (Archivbild, Februar 1968)
Bild: Keystone
Nach der Tet-Offensive stellte Amerika bis November 1968 die Bombardierungen ein und zog die US-Truppen ab 1969 schrittweise aus Südvietnam ab. (Archivbild, Februar 1968: US-Soldaten ruhen sich in einem Schützengraben aus)
Bild: Keystone
Die USA schlossen nach neuen Bombardierungen im Januar 1973 einen Waffenstillstand mit Nordvietnam. Bis zum 1. Mai 1975 eroberten nordvietnamesische Truppen Südvietnam vollständig und beendeten den Krieg. (Archivbild)
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