Kantonale Abstimmung BE Bernerinnen und Berner lehnen Kürzung der Sozialhilfe ab

SDA

19.5.2019 - 17:28

Im Kanton Bern werden die Leistungen für Sozialhilfebezüger nicht gekürzt (Archivbild).
Im Kanton Bern werden die Leistungen für Sozialhilfebezüger nicht gekürzt (Archivbild).
Source: Keystone/Gaetan Bally

Im Kanton Bern wird die Sozialhilfe nicht gekürzt. Das Stimmvolk lehnte eine Gesetzesänderung mit 52,6 Prozent Nein ab. Nichts wissen wollten die Stimmenden aber auch von einem Volksvorschlag zur Besserstellung von älteren Ausgesteuerten.

Damit bleibt im Kanton Bern alles wie bisher. Die Kürzungsvorlage von Regierung und Parlament wurde mit 158'378 Nein gegen 142'757 Ja verworfen. Somit hält sich der Kanton Bern weiterhin an die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos). Die Stimmbeteiligung lag bei 42,3 Prozent.

Mit 56 Prozent Nein lehnten die Bernerinnen und Berner den linksgrünen Volksvorschlag ab. Dieser wollte nicht nur die Skos-Richtlinien sichern, sondern neu Ergänzungsleistungen für über 55-jährige Ausgesteuerte einführen. Der Volksvorschlag wurde mit 164'927 zu 129'336 Stimmen bachab geschickt.

Die Ablehnung der Kürzungsvorlage ist im bürgerlich dominierten Kanton Bern eine faustdicke Überraschung. Vorbehalte gegenüber der «unsozialen» Gesetzesrevision gab es aber auch in ländlichen Regionen. Den Ausschlag für ein Nein gaben jedoch die städtischen Regionen Bern und Biel.

«Zeichen der Solidarität»

Ein knappes Nein resultierte aber auch im Berner Jura – ausgerechnet in der Heimat von Fürsorge- und Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP). Die von ihm aufgegleiste Revision habe die Sozialhilfe keineswegs grundsätzlich in Frage gestellt, sagte Schnegg nach der Abstimmungsniederlage.

Im Zentrum sei die Hilfe zur Selbsthilfe gestanden. Trotz dem Volks-Nein zur Gesetzesrevision müsste die Integration von Sozialhilfebezügern in den Arbeitsmarkt vorangetrieben werden.

Als «Zeichen für die Solidarität» wertete das Komitee «Wirksame Sozialhilfe» das Nein zu den Kürzungen. Bedauert wurde jedoch, dass mit dem gleichzeitigen Nein zum Volksvorschlag eine Chance zur Bekämpfung der Altersarmut verpasst worden sei.

Weg frei für «bessere Massnahmen»

Enttäuscht vom Volks-Nein zur Kürzungsvorlage zeigte sich das bürgerliche Komitee «Damit sich Arbeit lohnt». Nun blieben «Ungerechtigkeit zwischen Sozialhilfebezügern und Erwerbstätigen» auch weiterhin bestehen.

Die Grünliberalen wiederum, die beide Vorlagen bekämpften hatten, sehen nun den Weg frei für «bessere Massnahmen» zur Weiterentwicklung der Sozialhilfe. Nötig seien schweizweit einheitliche Grundsätze über ein Konkordat oder ein Rahmengesetz sowie im Kanton Bern ein besserer Vollzug.

Abstimmung mit Signalwirkung

Die Revision Sozialhilfegesetzes ging auf einen bereits 2013 vom Kantonsparlament überwiesenen SVP-Vorstoss zurück, der eine Senkung des Grundbedarfs um gar 10 Prozent verlangte. Die nun verworfene Vorlage sah konkret eine Senkung des Grundbedarfs um acht Prozent für alle Bezüger vor.

Für junge Erwachsene und für vorläufig aufgenommene Asylsuchende wäre der Grundbedarf gar um 15 Prozent tiefer angesetzt worden. Mit einer Kürzung von bis zu 30 Prozent musste rechnen, wer sich nicht genügend um eine Stelle bemüht oder mangelnde Sprachkenntnisse aufweist.

Die Kürzung hätte dem Kanton Bern Einsparungen von 8 bis 19 Millionen Franken gebracht – je nach Ausgestaltung der Anreizsysteme. Der Volksvorschlag wiederum hätte Mehrkosten von jährlich 17 bis 28 Millionen Franken zur Folge gehabt. Heute betragen die Sozialhilfe-Ausgaben rund 272 Millionen Franken pro Jahr.

Die Abstimmung im Kanton galt als wegweisend: Auch in anderen Kantonen sind Kürzungsvorstösse hängig oder wurden angenommen – so im Aargau und in Basel-Landschaft.

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