KolonialismusWas Ostschweizer mit dem transatlantischen Sklavenhandel verband
masn, sda
10.5.2024 - 09:30
Der St. Galler Kaufmann Hieronymus Sailer hat in der frühen Phase des transatlantischen Sklavenhandels im 16. Jahrhundert eine bedeutende Rolle gespielt. Für die St. Galler Historikerin Nicole Stadelmann eine überraschende Erkenntnis. Zum Thema Sklavenhändler vom Bodensee entstand ein Buch und eine Veranstaltungsreihe.
masn, sda
10.05.2024, 09:30
SDA
Der in St. Gallen geborene Hieronymus Sailer machte als Kaufmann im 16. Jahrhundert Karriere. Eine Karriere, die eng verbunden ist mit den Anfängen des transatlantischen Sklavenhandels, wie die kürzlich erschienene Forschungspublikation «Konquistadoren und Sklavenhändler vom Bodensee» aufzeigt.
«Mit seiner Unterschrift unter den 'Asiento de Negros' von 1528 war Hieronymus Sailer ein sehr früher Akteur des transatlantischen Sklavenhandels», sagte die Historikerin Nicole Stadelmann im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Es handelt sich um die erst zweite uns heute bekannte Lizenz für den Sklavenhandel respektive für diese Form des Sklavenhandels», erklärte Stadelmann.
Mit dem «Asiento de Negros» erhielten Sailer und das Handelshaus der Welser vom spanischen König Lizenzen, um 4000 Menschen von Westafrika in die Karibik zu verschleppen. «Damit hatten sie beinahe ein Monopol für den Sklavenhandel der damaligen Zeit», so die Historikerin. Wie viele Menschen aufgrund dieser Lizenzen effektiv versklavt wurden, lasse sich anhand der Quellen zwar nicht belegen.
Indigene starben durch eingeschleppte Krankheiten
«Ich gehe aber davon aus, dass diese Lizenzen auch tatsächlich eingelöst wurden. Nur schon, weil es sich wirtschaftlich gelohnt hat», sagte Stadelmann weiter. Zudem sei ein grosser Teil der indigenen Bevölkerung in Südamerika durch eingeschleppte Krankheiten gestorben. In den Kolonien hätten Arbeitskräfte gefehlt, die durch Versklavte aus Afrika ersetzt worden seien.
Dass Hieronymus Sailer den «Asiento de Negros» unterzeichnete, der dem Menschenhandel politische Autorität verlieh, hat wiederum mit seinem Aufstieg im Handelshaus der Welser zu tun. «Mit dem Handelshaus der Fugger zusammen waren die Welser zur damaligen Zeit eine der grössten und einflussreichsten Handelsfirmen», so Stadelmann.
Sailer war für das Handelshaus unter anderem an den bedeutenden Standorten Spanien und Antwerpen stationiert und leitete die dortigen Niederlassungen. Diese Tätigkeit ermöglichte Sailer den direkten Zugang zum spanischen König. Das Handelshaus der Welser hatte vom spanischen König wiederum das Recht erhalten, das Gebiet des heutigen Venezuela zu kolonialisieren.
Beteiligung an Eroberungsfeldzügen
Persönlich war Sailer gemäss dem aktuellen Forschungsstand nie in der sogenannten Neuen Welt (Südamerika). «Man kann sich Hieronymus Sailer als führenden Kopf vorstellen, der aber nicht selber vor Ort war und sich auch nicht selber die Hände schmutzig gemacht hat», sagte Stadelmann.
Ganz im Gegensatz zu anderen St. Gallern, wie etwa Melchior Grübel. Grübel nahm in der Kolonie Venezuela als Konquistador an «Entradas», bewaffneten Plünderungs- und Eroberungsfeldzügen, teil. «Melchior Grübel hat in Venezuela Karriere gemacht und hat als Konquistador in Venezuela sicherlich auch Leute versklavt», so die Historikerin.
Sie wisse aufgrund der Quellen von mindestens sechs St. Gallern, die zur damaligen Zeit als Söldner nach Südamerika gingen. «Als Söldner in der Neuen Welt hatte man automatisch mit Sklaverei und Plünderungen zu tun», so Stadelmann.
Auf der Spur des Geldes aus dem Sklavenhandel
Noch heute finden sich Spuren von Akteuren der damaligen Zeit in der Stadt St. Gallen. Über dem Eingang des sogenannten Sailer-Schulhauses an der Kugelgasse, heute ein Standort des Gewerblichen Berufs- und Weiterbildungzentrums, prangt noch heute das Sailer-Wappen. Michael Sailer, ein Neffe von Hieronymus, ermöglichte mit einer Schenkung den Bau des Schulhauses. «Wir sind der Frage nachgegangen, ob im Schulhaus allenfalls Gelder aus dem Sklavenhandel stecken», fuhr die Historikerin fort.
Eine direkte Beteiligung von Michael Sailer am Sklavenhandel zeigten die Quellen zwar nicht. «Weil wir aber wissen, dass die Welser ihr Geld mit Sklavenhandel verdient haben, liegt die Vermutung nahe, dass auch Michael Sailer als Lohnempfänger vom Sklavenhandel profitierte», erklärte die Historikerin. Michael Sailer machte ebenfalls Karriere im Handelshaus der Welser. Somit könnte auch Geld aus Profiten des Sklavenhandels im Sailer-Schulhaus stecken.
«Mit unserer Forschung haben wir aufgezeigt, dass Ostschweizer und insbesondere St. Galler ganz am Anfang des transatlantischen Sklavenhandels eine bedeutende Rolle gespielt haben», sagte Stadelmann zum Abschluss des Gespräches. Die Publikation sei eine wichtige Ergänzung zum bereits besser erforschten Sklavenhandel des 18. Jahrhunderts.
Veranstaltungen bis Ende Mai
Die Publikation «Konquistadoren und Sklavenhändler vom Bodensee» ist im Verlag FormatOst erschienen. Noch bis Ende Mai läuft eine Veranstaltungsreihe zum Kolonialismus in der Bodenseeregion (Infos unter bodensee-kolonialgeschichte.ch). Zum Angebot gehören Vorträge, Podiumsgespräche und thematische Stadtführungen.
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