RaumplanungZürcher Gemeinderat schliesst Monsterdebatte zum Richtplan ab
falu, sda
10.4.2021 - 14:30
Der Zürcher Gemeinderat hat am Samstag die dreitägige Detailberatung zum Stadtbild-prägenden, kommunalen Siedlungsrichtplan Slöba abgeschlossen. Er nahm den Richtplan mit 77 zu 40 Stimmen in der Schlussabstimmung an.
10.04.2021, 14:30
SDA
Im Laufe der Debatte hatte sich der Gemeinderat unter anderem für die einfachere Realisierung von Hochhäusern ausgesprochen, die höher als 80 Meter sind, sowie für diverse Begrünungsprojekte an Strassen und Plätzen – darunter die Zürcher «Champs Elysées» auf der Sihlstrasse. Zudem wurden 49 Quartierzentren festgelegt.
Es wurde auch festgehalten, dass die Stadt Massnahmen ergreifen soll, wenn die Zahl kommerziell genutzter Zweitwohnungen zunimmt. Auf das Festhalten konkreter Massnahmen im Slöba wurde verzichtet, da dies nicht stufengerecht sei, sagte ein SP-Sprecher. Konkretes soll in Postulaten gefordert werden.
Der Gemeinderat hat zudem entschieden, dass bei der Stadtverdichtung Rücksicht genommen werden muss auf die ansässige Bevölkerung, um Verdrängungseffekte abzufedern. So soll etwa etappenweise gebaut werden, um bestehenden Wohnraum möglichst lange stehenzulassen. In verdichteten Gebieten soll dazu ein angemessener Anteil Alterswohnungen sichergestellt werden.
Heiss diskutierte der Rat einen Passus bei der Freiraumentwicklung: Um genug Erholungsraum sicherzustellen, sollen im Rahmen von Werkplanverfahren auch Enteignungen möglich sein, heisst es dort. Dagegen wehrte sich die bürgerliche Ratsseite vehement, die FDP bezeichnete ihn gar als ihr «Pièce de Résistance» – scheiterte aber mit ihrem Streichungsantrag.
Von der linken Ratsseite ernteten die Bürgerlichen dafür Unverständnis, dem Stadtrat würden keine neuen Rechte gewährt. Tiefbauvorsteher Richard Wolff (AL) sagte: «Niemand will auf ihren Balkon.» Das seien Schreckgespenster, die heraufbeschworen würden. Es gehe bei dem Passus um einvernehmliche Lösungen zwischen der Stadt und Privaten, wie sie bereits heute praktiziert würden.
Der kommunale Richtplan Siedlung, Landschaft, öffentliche Bauten und Anlagen (Slöba) legt die Stadtentwicklung verbindlich bis ins Jahr 2040 fest. Dann werden in der Stadt Zürich wohl über eine halbe Million Menschen leben.
Links-grün erfreut, Bürgerliche kritisieren
Das Verdikt der bürgerlichen Ratsseite, die beim Debatten-Beginn am Mittwoch drei Rückweisungsanträge gestellt hatte, fiel durchzogen aus. Die FDP hielt an ihrem Nein zum Richtplan fest. Dieser sei unnötig. Es handle sich um eine «anti-urbane Zwangsjacke», die das urbane Leben im Keim ersticke.
Die SVP monierte, links-grün wolle klotzen statt kleckern und betreibe so auf Kosten der Allgemeinheit Wahlkampf. Den Platz für ihre Projekte nehme sie dem Strassenverkehr weg. Die Umsetzung sei zudem rechtlich nicht möglich.
Auch die EVP lehnte den Slöba in der Schlussabstimmung ab. Die Partei stellte das übermässige Verdichten mit Blick auf die Lebensqualität infrage. Sie glaube nicht an die im Richtplan suggerierte absolute Plan- und Machbarkeit, hiess es.
Die GLP zeigte sich in der Schlussrunde trotz gescheitertem Ablehnungsantrag erfreut: Die Partei habe sich konstruktiv eingebracht. Dem Stadtrat konnte so eine klare Richtung vorgegeben werden, etwa bei der Hochhausplanung.
Der SP sei eine soziale Innenverdichtung wichtig gewesen und eine starke Kooperation aller Akteure in der Stadt. Die Verankerung dieser Ziele sei gelungen.
Die Grünen freuten sich darüber, dass viele der zusätzlichen Freiräume, die sind in den Slöba eintragen wollten, angenommen worden waren. Der Raum zwischen Gebäuden könne nun neu diskutiert werden, es müssten nicht immer nur Strassen sein.
Die AL hielt fest, dass sie zwar die Stärkung der Quartierzentren und die Begrünungsprojekte unterstütze. Trotzdem gebe es keine Stadtverdichtung ohne Verdrängungseffekte. Daran änderten auch herzerwärmende, sozialdemokratische Worte nichts.
Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) lobte zum Schluss die «fassbare und lebhafte» Diskussion im Gemeinderat, die sie so noch nie erlebt habe. Jedoch warnte sie davor, Ängste in den Slöba zu projizieren. Es gehe darum, das Stadtwachstum mit einer Vision vor Augen mitgestalten zu können.
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