«Grande Lugano» «Grande Lugano»: Als Hnat Domenichelli dem Erzrivalen ein neues Leben schenkte

SDA

9.4.2020 - 04:04

Luganos Captain Ville Peltonen, umrahmt von Trainer Harold Kreis (rechts) und Assistenztrainer Ivano Zanatta, posieren am 19. April 2006 auf der Piazza della Riforma mit dem Meisterpokal.
Luganos Captain Ville Peltonen, umrahmt von Trainer Harold Kreis (rechts) und Assistenztrainer Ivano Zanatta, posieren am 19. April 2006 auf der Piazza della Riforma mit dem Meisterpokal.
Source: Keystone

Wer vom «Grande Lugano» spricht, der meint primär jene Equipe, die vier der ersten fünf Playoffs in der Schweiz gewann. Doch Lugano sichert sich noch drei weitere Titel – der letzte 2006.

1999, 2003 und 2006 gewann der HC Lugano die Meisterschaft. Aber 2000, 2001, 2004 und 2005 triumphierte Lugano nicht, obwohl es die Qualifikation stets überlegen gewonnen hatte, und obwohl es seit 2001 mit Petteri Nummelin einen Verteidiger in seinen Reihen hatte, der als Back sogar die Skorerwertung gewann.

Der Blick zurück offenbart, warum Lugano seit 2006 öfter als jeder andere Klub den Trainer gewechselt hat. Denn 2003 und 2006 legten Trainerwechsel zur richtigen Zeit die Basis zu Titelgewinnen. Jim Koleff, der Meistertrainer von 1999, wurde im November 2002 durch Larry Huras ersetzt, der den Klub vier Monate später in den Playoffs gegen Kloten (4:1), die ZSC Lions (4:1) und Davos (4:2) zum Titel führte. Und 2006, mitten in der Viertelfinalserie gegen Ambri-Piotta, löste Harold Kreis den in Ungnade gefallenen Larry Huras ab. Mit Kreis an der Bande gewann Lugano gegen Ambri-Piotta (4:3), Kloten (4:1) und Davos (4:1) 12 der nächsten 15 Partien.

Das Playoff-Drama 2006

In den acht Saisons zwischen den Titelgewinnen von 1999 (im Final gegen Ambri-Piotta) und 2006 zeichnete Lugano für zahlreiche Playoff-Dramen verantwortlich: Die Finalniederlagen gegen die ZSC Lions trotz Heimvorteil (2000 und 2001), und 2002 die Halbfinal-Niederlage wieder gegen den ZSC, wieder in der Resega und wieder in einem Spiel 7. 2005 schied Lugano sogar als erster Qualifikationssieger in den Schweiz schon in den Viertelfinals gegen Bern aus, trotz – oder besser wegen – David Aebischer, dessen grossartige NHL-Karriere während dieser Lockout-Saison einknickte.

Aber ein Playoff-Drama überstrahlte alles andere: die Tessiner Viertelfinalserie von 2006. Ambri führte mit 2:0 Siegen, als Lugano den Trainer wechselte, später sogar 3:0. Am 14. März 2006 hätte Ambri in der Valascia den grossen Erzrivalen aus den Playoffs kippen können. Die Leventiner gehen viermal in Führung, aber «La Montanara» wurde nie angestimmt. Ryan Gardner glich für Lugano spät zum 4:4 aus. Vier Sekunden vor Schluss drohte Lugano das Lichterlöschen. Die «NZZ» schrieb damals, «Hnat Domenichelli hätte normalerweise mit verschlossenen Augen und im Halbschlaf das Ziel getroffen, doch an diesem Abend hob der Kanadier den Puck über die Latte und schenkte dem Kantonsrivalen ein zweites Leben».

«Es hiess stets, ich sei wegen des Geldes gegangen»

«Non mollare mai!» – niemals aufgeben – war schon damals der Lieblings-Song der Lugano-Fans. Doch nie passte dieses Lied besser. Lugano gewann Spiel 4 mit 5:4 nach Verlängerung und feierte danach mit 2:1, 5:2 und 5:1 drei weitere Siege und kam weiter.

Die denkwürdige Serie strahlt bis in die Gegenwart aus. Alessandro Chiesa spielte 2006 nach einem Transfer von Ambri seine erste Saison in Lugano. Erst nach der Absetzung von Larry Huras erhielt er in den Playoffs Eiszeit. Chiesa, mittlerweile 33, spielt immer noch für Lugano, sein Vertrag läuft bis 2021, seit vier Saisons ist er Luganos Captain.

Chiesa erinnert sich noch gut an die legendäre Viertelfinalserie gegen Ambri: «Es hiess stets, ich sei wegen des Geldes gegangen. Aber in Ambri hatte ich keine Chance gekriegt. Ich hätte nie gedacht, dass selbst der Wechsel eines Juniors von Ambri zu Lugano so hohe Wellen schlägt. Als wir gegen Ambri mit 0:3 zurück lagen, mussten sich meine Eltern Sprüche anhören. Es hiess: 'Schaut mal, Euer Sohn! Wie konnte er sich bloss so falsch entscheiden. Noch heute bekomme ich Hühnerhaut, wenn ich zurück denke. Ich weiss noch, wie Julien Vauclair in der Verlängerung des vierten Spiels in Unterzahl alleine loszog und (Ambris) Félicien Du Bois ein Eigentor produzierte. Ein Wahnsinn! Damals stand der ganze Kanton still.»

Tempi passati. Ambri-Piotta erreichte seither nur noch zweimal die Playoffs (2014 und 2019). Lugano wurde seit 2006 nie mehr Meister, zehn Jahre lang gewann der Klub nicht einmal mehr eine Playoff-Serie. Hnat Domenichelli, der als Spieler nie Meister wurde, soll heute als Sportchef des HC Lugano dafür sorgen, dass Lugano endlich, endlich wieder einen Titel holen kann. Aber dank seines Versagens damals in Spiel 4 hat er seinem jetzigen Klub immerhin unfreiwillig schon zu einem Titel verholfen.

SDA

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