Atalantas «Oma» Josip Ilicic ist vorläufig der letzte «geehrte» Profi der Champions League

SB10

13.3.2020

Bevor die UEFA ihre Wettbewerbe vorläufig stoppte, zeichnete sie noch Josip Ilicic aus. Dieser hat sich zuvor im zarten Alter von 32 Jahren in die Fussball-Elite geschossen. Dabei stand seine Karriere noch nicht allzu lange her auf der Kippe.

Kein Wunder, fühlt Josip Ilicic sich in der Multi-Kult-Truppe – wo unter anderem der Schweizer Remo Freuler und der ehemalige FCZler Berat Djimsiti kicken – von Atalanta Bergamo pudelwohl. 



Ilicics Eltern stammen aus Kroatien, geboren ist er 1988 im heutigen Bosnien. Als er einjährig war, stirbt der Vater. Die Mutter siedelt zusammen mit seinem älteren Bruder Igor nach Kranj um, der viertgrössten Stadt Sloweniens. 

Beim lokalen Verein Triglav beginnt Ilicic Fussball zu spielen, es geht schnell aufwärts. Interblock aus der Hauptstadt Ljubljana verpflichtet ihn. Als der Klub absteigt, wird er aussortiert. Als er bereits ans Karriereende denkt, holt NK Maribor 2010 den Rohdiamanten zu sich.

Der 21-Jährige absolviert zwar dort nur fünf Spiele, darunter ist aber ein Qualifikationsspiel zur Europa League gegen Palermo. Die Sizilianer sind begeistert und nehmen ihn gleich für 1,5 Millionen Euro unter Vertrag.

Eine Dekade in der Serie A

In seiner Debütsaison kann er sich gleich als Stammspieler etablieren, die Nummer 72 sorgt am rechten Flügel für viel Schwung. «Ich kam an einem 27. in Sizilien an, und das war auch meine Nummer in Maribor. Leider war die Nummer damals von Javier Pastore besetzt, also kehrte ich einfach die Nummern um», verrät er.

Obwohl Ilicic 1,90 Meter gross ist, verfügt er über eine ausgezeichnete Technik. Mit seinem starken linken Fuss ist er nicht nur aus der Distanz gefährlich, sondern kann auch seine Mitspieler gut ins Szene setzen. Doch trotz allen Voraussetzungen glänzt der Offensivkünstler nur bedingt in der Serie A. Nach Palermo wechselt er 2013 zu Fiorentina, 2017 wird er für fünf Millionen Euro zu Atalanta Bergamo abgegeben. Auf dem Platz wechseln sich Höhen und Tiefen ab, mehr als 13 Saisontore gelingen ihm nie. 

Vielleicht verliess sich der phlegmatisch wirkende Slowene zu sehr auf sein Talent. So lautet sein liebevoller Spitzname bei Atalanta schlicht Nonna (dt: Grossmutter), weil er ständig müde ist und sich im Training oft mürrisch präsentiert. Auch das Aufwärmen ist ihm jeweils zuwider.

Krankheit als Wendepunkt

Unter Gian Piero Gas­perini blüht er dann endlich auf. Der Trainer impft seinem Team eine offensive Spielweise ein, die Ilicic auf den Leib geschneidert ist. Doch im Sommer endet sein Aufstieg abrupt. Er leidet an einem mysteriösen Infektion der Lymphknoten und verbringt viel Zeit im Krankenhaus. «Diese Zeit hat mich verändert», erläutert Ilicic. Eine Weile habe er sich nicht einmal mehr Spiele angesehen. Doch der ruhige Zeitgenosse findet den Tritt wieder. 

Diese Spielzeit explodiert der sechzigfache Internationale regelrecht. In der Meisterschaft traf er in 21 Partien 15 Mal und lieferte 8 Assists. Sein Fazit: «Ich werde mit dem Alter immer besser.»

In der Champions League traf er zwar nicht in der Gruppenphase, kegelte aber Achtelfinalgegner Valencia fast im Alleingang raus. Im Hinspiel schoss Ilicic ein Tor, im Rückspiel buchte er gleich ein Viererpack. Ilicic ist damit der älteste Spieler, der je in der Königsklasse vier Mal traf. Die UEFA zeichnete ihn dafür auch als «Spieler der Woche» aus, ehe sie den Spielbetrieb in der Champions League und in der Europa League wegen der Coronavirus-Krise vorerst ausgesetzte. Vielleicht ein kleiner Trost für ihn und die norditalienische Stadt Bergamo, wo das Leben aufgrund des Coronavirus derzeit stark eingeschränkt ist.


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