Xherdan Shaqiri brilliert im Liverpool-Training mit einem sehenswerten Fallrückzieher. Sinnbildlich für seine aktuelle Situation gelingt ihm dieser aber lediglich beim Fussball-Tennis.
Mit dem rechten Fuss fängt Liverpool-Mittelfeldspieler Georginio Wijnaldum einen gegnerischen Ball ab und leitet diesen sofort auf den optimal positionierten Xherdan Shaqiri weiter. Das Zuspiel misslingt jedoch, gerät etwas zu kurz und auch noch in den Rücken des Schweizers. Für den Zauberwürfel natürlich kein Problem: Shaqiri setzt sofort zum Fallrückzieher an, steigt elegant in die Luft, trifft das Leder optimal und… Tor für die «Reds»? Nein, was sich so anhört wie der wahrgewordene Traum eines Schweizer Fussballfans ist nur ein Punkt im Fussball-Tennis auf dem Liverpooler Trainingsgelände «Melwood».
Sinnbildlich für seine aktuelle Situation unter Jürgen Klopp ist auch, dass der Ball mit grösster Wahrscheinlichkeit im Aus landete. Egal, der Punkt zählt – Shaqiri jubelt. Dabei sein ist alles. Aber das kann für den ehrgeizigen Nationalspieler doch unmöglich das Motto geworden sein, oder?
Die Gerüchteküche ist viel zu ruhig
Es ist nur schwer vorstellbar, dass sich Shaqiri in Liverpool wirklich wohl fühlt. Zu viel läuft gegen ihn. Seit seiner Ankunft im Juli 2018 trug der 28-Jährige das Shirt der «Reds» für mickrige 1’676 Minuten. Das ist nicht einmal halb so lange wie «Shaq» während seiner unglücklichen zweieinhalb Jahre bei den Bayern (3’651 Spielminuten) zum Einsatz kam. Nur noch fünf Monate und die Länge seines Aufenthalts in Liverpool entspricht derjenigen an der Säbener Strasse in München. Damals war für Shaqiri ein Verbleib aufgrund der beschränkten Einsatzzeit kein Thema – und jetzt?
Gerüchte über einen Abgang des Schweizers halten sich in Grenzen. Es ist ohnehin fürchterlich still um den 28-Jährigen, der nur sehr selten etwas von sich preis gibt. Ist er gerade verletzt? Macht die Wade wieder Probleme? Steht er schlicht nicht im Aufgebot? Fragen, auf die sich oft keine Antworten finden lassen. Aktuell aber schon: Der Angreifer ist nach einer muskulären Verletzung im Oberschenkel wieder fit. Wirklich eine Rolle spielt das aber nicht. In den beiden Vorbereitungsspielen vor seiner Verletzung gegen Stuttgart und Salzburg gab es auch für den gesunden Shaqiri keinen Platz in der Mannschaft. Folgerichtig auch der Ausschluss aus der Nationalmannschaft.
Nach Transfercoup: Noch mehr Konkurrenz im Mittelfeld
Mit Thiago Alcantara stösst bei Liverpool der nächste Superstar in ein ohnehin schon völlig überladenes Mittelfeld. Henderson, Wijnaldum, Fabinho, Keita, Oxlade-Chamberlain, Minamino, Curtis Jones – sie alle stehen in der Setzliste vor dem Schweizer. Anstatt im Auftaktsspiel gegen Leeds United am vergangenen Samstag spielte Shaqiri am Tag darauf in einem Freundschaftsspiel der Liverpooler U23 gegen Huddersfield.
Ein solches Standing innerhalb der Mannschaft verspricht nichts Gutes. Toppt der Ex-Basler die lachhaften 181 Premier-League-Minuten aus der letzten Saison im kommenden Jahr, wäre das eine riesige Überraschung. Für Shaqiri, den die «NZZ» aufgrund seiner Beliebtheit bei den Teamkollegen treffend als «kleinen Bruder, der nicht mitspielen darf», verglich, gibt es eigentlich nur eine Lösung: Er muss weg.
Viel zu wenig scheint sich seine Entourage aber mit einem Wechsel zu beschäftigen. Obwohl der FC Liverpool bereits mehrfach andeutete, den Schweizer ziehen zu lassen, bleibt die Gerüchteküche merkwürdig ruhig. Entweder es wird in Sachen Geheimhaltung exzellente Arbeit geleistet, oder aber Shaqiri will Liverpool tatsächlich nicht verlassen. Eine Einstellung, die mit diesen Aussichten und im perfekten Fussballalter von 28 Jahren schlicht bedauerlich wäre. Denn noch immer steckt so unglaublich viel Potential in diesem Spieler – auf nationaler wie auf internationaler Ebene.