Schweizer Missionschef spricht 1 Jahr vor Paris «Erstmals in der Olympia-Geschichte werden gleich viele Frauen und Männer antreten»

sda

26.7.2023 - 04:00

Paris 2024 - die Welt freut sich auf magische Olympische Spiele in der "Stadt der Liebe" und fürchtet gleichzeitig Komplikationen in komplizierten Zeiten
Paris 2024 - die Welt freut sich auf magische Olympische Spiele in der "Stadt der Liebe" und fürchtet gleichzeitig Komplikationen in komplizierten Zeiten
Keystone

Am 26. Juli 2024 werden in Paris die Olympischen Sommerspiele eröffnet. Ein Jahr vor dem Start ist die Vorfreude beim Schweizer Missionschef Ralph Stöckli gross. Es bleiben aber auch viele Risiken.

26.7.2023 - 04:00

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die olympischen Spiele in Paris startet am 26. Juli 2024 – in einem Jahr also.
  • Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und noch gilt es, Fragen zu klären: Sollen die Athleten der Länder Russland und Belarus unter neutraler Flagge teilnehmen dürfen oder von den Spielen ausgeschlossen werden?

Die Spiele in der französischen Metropole sollen ein Neuanfang werden. Die ersten Olympischen Spiele ohne Corona-Einschränkungen, wieder einmal Spiele in Mitteleuropa, Spiele ohne Gigantismus. Eine Übersicht ein Jahr vor der Eröffnungsfeier.

Ein Heimspiel für die Schweiz

Der Schweizer Missionschef Ralph Stöckli zeigt sich ziemlich euphorisch. «Die Eröffnungsfeier auf der Seine, Wettkämpfe im Schatten des Eiffelturms oder von Schloss Versailles. Die Vorfreude ist gross», schwärmt der ehemalige Olympia-Bronzegewinner im Curling. «Nach vier Austragungen fernab von Europa (Rio, Pyeongchang, Tokio, Peking) ist das für uns fast ein Heimspiel. Ich hoffe auf viele Fans aus der Schweiz.»

Der Ostschweizer glaubt Paris auf gutem Weg. «Mein Eindruck ist, dass die Vorbereitungen plangemäss laufen.» 95 Prozent der Wettkampfstätten seien bestehend. «Das ist ein starkes Zeichen in Bezug auf die Nachhaltigkeit», findet Stöckli. Und: «Erstmals in der Olympia-Geschichte werden gleich viele Frauen und Männer antreten.»

Die sportlichen Aspekte dürften also nicht die grosse Herausforderung sein. Doch auch Stöckli weiss: «Seit die Spiele vor fünf Jahren vergeben wurden, hat sich die Welt verändert. Eine Pandemie, steigende Preise, Fachkräftemangel.» Es sind diese Veränderungen, die auch Zweifel an erfolgreichen Spielen schüren.

Russland oder Ukraine – oder beide?

Wie ein Damoklesschwert schwebt der Ukraine-Krieg über dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und den Spielen in Paris. Noch immer ist unklar, ob die Kriegstreiber Russland und Belarus startberechtigt sein werden. Anne Hidalgo, die sozialistische Bürgermeisterin von Paris, hat ihre Meinung bereits klar gemacht. «Solange in der Ukraine Krieg herrscht, bin ich dagegen, dass sie dabei sind.» Ähnlich äussert sich Ralph Stöckli: «Russland und Belarus sollten aus unserer Sicht nicht teilnehmen.»

Das IOC tendiert in die andere Richtung und hat den einzelnen Verbänden empfohlen, die betroffenen Athleten unter neutraler Flagge wieder zuzulassen. Ein definitiver Entscheid bezüglich Olympia ist aber noch nicht gefallen. Es droht in dem Fall aber auch ein Boykott der Ukraine und allenfalls unterstützender Nationen. In der Vergangenheit wurden kriegführende Nationen (Irak-Iran, USA-Vietnam) nie ausgeschlossen. Anderseits zeigt sich im Tennis derzeit das grosse Konfliktpotenzial, wenn (Bela-)Russen und Ukrainer aufeinander treffen. Olympische Spiele mit den Aggressoren, aber ohne das angegriffene Land wären auch unbefriedigend.

Sorgen wegen Streiks und Unruhen

Einige Herausforderungen in Frankreich sind auch hausgemacht. Da sind Streiks und Unruhen, die Paris in den letzten Wochen und Monaten erschüttert haben. «Ich hoffe, dass diese keinen Einfluss haben werden», sagt Stöckli. Ein nicht genanntes Mitglied des Organisationskomitees (Cojo) gibt gegenüber der Nachrichtenagentur AFP aber zu: «Vor zwei Jahren war der soziale Kontext noch ein anderer. Ein Risiko besteht.»

Zudem läuft aktuell eine Strafuntersuchung gegen den Generaldirektor und den Operationschef des Cojo wegen Bestechlichkeit und Vetternwirtschaft. «Natürlich hätten wir darauf verzichten können», sagt die französische Sport- und Olympia-Ministerin Amélie Oudéa-Castéra. «Aber die Mobilisation und Vorbereitung hat keinen Zentimeter darunter gelitten.»

Der sicherste Ort auf dem Planeten

So gibt man sich in der «Stadt der Liebe» zuversichtlich, auch, weil die finanzielle Situation durch die Verpflichtung des Luxusgüter-Konzerns LVMH (mit Marken wie Louis Vuitton oder Christian Dior) als grosser Sponsor für 150 Mio. Euro entspannt wird. Die Sicherheit, in diesen Zeiten immer ein Knackpunkt, glaubt man, im Griff zu haben. «Ein solches Sicherheitsdispositiv hat es noch nie gegeben», betont der OK-Präsident und dreifache Kanu-Olympiasieger Tony Estanguet. «Ich glaube, Paris wird in einem Jahr der Ort auf diesem Planet sein, an dem man in totaler Sicherheit ist.»

Ein Jahr bleibt, und bis dann werden sowohl die Vorfreude als auch die Unsicherheit wohl ähnlich gross bleiben.

sda