Miserable Transfers Wie schlecht man mit zu viel Geld umgehen kann? Der FC Chelsea zeigt es uns

Von Sandro Zappella

16.1.2023

Mykhaylo Mudryk wechselt von Schachtar Donezk zum FC Chelsea.
Mykhaylo Mudryk wechselt von Schachtar Donezk zum FC Chelsea.
imago

Der FC Chelsea verpflichtet Mykhaylo Mudryk für insgesamt rund 100 Millionen Euro. Es ist ein weiterer Transfer, der keinen Sinn ergibt. Ein Kommentar zu den miserablen Geschäften beim Londoner Klub.

Von Sandro Zappella

16.1.2023

Es gibt (zu) viele Fussballklubs, die miserabel wirtschaften. Es sind da die spanischen Schwergewichte Real Madrid und der FC Barcelona, Juventus Turin im Super-League-Wahn und natürlich Paris Saint-Germain mit den Katar-Millionen. 

So ungesunde Ausmasse wie in der Premier League nimmt das aber sonst nirgends an. Dank unmoralischen TV-Deals konnte sogar Aufsteiger Nottingham Forest im Sommer 22 neue Spieler holen und dafür 162 Millionen Euro ausgeben. Liga-Krösus im sinnlosen Geld ausgeben ist aber der FC Chelsea. 

Die Londoner haben soeben 70 Millionen Euro (plus 30 Millionen Bonus) für Mykhaylo Mudryk bezahlt. Der Ukrainer ist ein grossartiger Fussballer, kein Zweifel. Nur braucht ihn Chelsea überhaupt nicht und es wirkt so, als ginge es beim Transfer bloss darum, den FC Arsenal auszustechen.

Da Chelsea in diesem Transferfenster auch noch Joao Félix (der in seinem ersten Spiel die Rote Karte holte) und David Fofana (für 12 Millionen aus Molde) holte, ist die Offensive nun viel zu breit besetzt. Für die vier Positionen des 4-2-3-1 hat Chelsea nun zehn Spieler im Kader–  und zwar nicht Jugendspieler, sondern alles hochdekorierte Fussballer mit Ansprüchen auf Spielzeit. 

Die Chelsea-Offensive

  • Mason Mount, (Marktwert: 75 Millionen Euro)
  • Kai Havertz, 70 Mio. 
  • Hakim Ziyech, 20 Mio.
  • Raheem Sterling, 70 Mio.
  • Mykhaylo Mudryk, 40 Mio.
  • Christian Pulisic, 38 Mio.
  • Joao Félix, 50 Mio.
  • Armando Broja, 30 Mio.
  • Pierre-Emerick Aubameyang, 12 Mio.
  • David Fofana, 7 Mio.

Das ist aber noch längst nicht alles. Der Zugang von Mittelstürmer Marcus Thuram soll noch in diesem Winter-Transferfenster gefixt werden. Fast sicher ist zudem, dass Christopher Nkunku im Sommer von Leipzig zum FC Chelsea transferiert wird. RB-Sportchef Max Eberl sagte zur Personalie: «Die Zeichen sind sehr, sehr klar, dass er zu Chelsea wechseln wird.»

Mit weniger offenen Händen dürfte im Sommer ein anderer Offensivspieler bei Chelsea empfangen werden. Romelu Lukaku kehrt dann nämlich von seiner Leihe zurück. Die Blues holten den Stürmer im Sommer 2021 für 113 Millionen Euro von Inter Mailand und liehen ihn, nach einem unrühmlichen Interview, im Sommer 2022 wieder nach Mailand aus. Eine Zukunft hat der Belgier bei Chelsea kaum, er wird zu einem massiven Minus-Geschäft.

So war es auch bei Timo Werner, der im Sommer 2020 für 53 Millionen Euro von RB Leipzig kam. Nach zwei mässigen Jahren mit 23 Toren in 89 Spielen wurde er im Sommer 2022 für 20 Millionen Euro an Leipzig zurückverkauft. Aber wen stört das schon? Man kann sich solche Verlustgeschäfte ja leisten.

Die Pizza Hawaii der Premier League

Aber nicht nur in der Offensive protzt der FC Chelsea. Für die Defensive kam im Sommer Wesley Fofana für über 80 Millionen Euro aus Leicester. Marc Cucurella holte man für 65,3 Millionen von Brighton. Für Kalidou Koulibaly bezahlte man 38 Millionen Euro und für den gleichen Betrag verpflichtete Chelsea kürzlich Benoit Badiashile von Monaco. 

Seit die Clearlake Capital Group um Todd Boehly im Mai 2022 den FC Chelsea übernommen hat, hat der Klub schon 425 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben. Dem stehen Einnahmen von 56 Millionen Euro gegenüber. Ein Konzept ist nicht zu erkennen. Chelsea wirkt eher wie ein Junge mit zu viel Sackgeld im Süssigkeitenladen.

Trotz der schrecklichen Transferbilanz steht Chelsea in der Premier League nur auf Rang 10. Weil der allergrösste Fehler auf der wichtigsten Position gemacht wurde. Die überstürzte Entlassung von Trainer Thomas Tuchel, der Chelsea immerhin zum Champions-League-Titel führte. Das rächt sich jetzt. Unter Neo-Trainer Graham Potter hat Chelsea von den letzten neun Spielen gerade mal zwei gewonnen und dabei nur fünf Tore erzielt. 

Um dem flauen Angriffs-Lüftchen entgegenzuwirken, versucht Chelsea nun nochmals mit viel Geld, die Offensive zu verstärken. Doch es ist wie bei der Pizza Hawaii. Auch wenn die Zutaten eigentlich gut sind, heisst das nicht, dass es ein gutes Produkt ergibt, wenn es einfach nicht zusammenpasst.