Das Gold-Interview Gisin: «Manchmal tut ein Schlag auf den Kopf gut»

sda

22.2.2018 - 12:10

Die Kombinations-Olympiasiegerin Michelle Gisin vermutet, dass der Sturz in der Abfahrt ihren Triumph erst ermöglicht hat.

Michelle Gisin, vor vier Jahren gewann ihre Schwester Dominique in der Olympia-Abfahrt in Sotschi Gold, nun Sie in der Kombination von Pyeongchang. Was geht in Ihnen vor?

Michelle Gisin: Mir fehlen die Worte. Es ist das Schönste, das uns passieren kann. Und das nach diesem schwierigen Vortag.

Sie stürzten in der Abfahrt mit hohem Tempo ins Ziel. Verspürten Sie Nachwirkungen?

Ich bekam einen Schlag auf den Kopf und musste den Nachmittag im Dunkeln verbringen, um das Kopfweh etwas wegzukriegen. Das machte es wohl schwieriger, war aber vielleicht zugleich der Schlüssel für die Kombination. Manchmal tut ein Schlag auf den Kopf offenbar gut. Mir half er, mit der nötigen Lockerheit zu fahren. Ich sagte vor dem Start noch zu meinem Servicemann, dass es so offenbar leichter ist, den Kopf auszuschalten.

Der Sturz von Michelle Gisin in der Abfahrt.
Der Sturz von Michelle Gisin in der Abfahrt.
Bild: Keystone

Der Belag auf ihrem Ski überstand das Rennen am Donnerstag ebenfalls nicht. Er ging während der Fahrt mit einem Brandschaden kaputt.

Er sah danach ziemlich massakriert aus. Bereits nach dem ersten Sprung begann es ihn aufzureissen. Hinterher bin ich froh, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein, denn ich hätte auch in den Fangnetzen landen können. Der kaputte Belag war für mich das Zeichen, dass es am Donnerstag einfach nicht hat sein sollen. Zuerst suchte ich den Fehler bei mir. Ich dachte, ich wäre schlecht gefahren, sei zu nervös gewesen. Dann stellte ich fest, dass ich nichts falsch gemacht habe. Das machte es mir einfach, das Verdikt zu akzeptieren.

Empfinden Sie den Sieg in der Kombination als ausgleichende Gerechtigkeit?

Er ist mehr als nur 'Payback' für dieses Pech. Diesmal war das Setup perfekt, auch beim Slalom-Ski. Der Servicemann hat seinen Anteil am Erfolg.

Sie zeigten den Slalom des Jahres. Nur die drei absoluten Spezialistinnen Wendy Holdener, Petra Vlhova und Mikaela Shiffrin waren schneller.

Ich habe ja immer gesagt, dass man mich im Slalom nicht abschreiben soll. Ich hatte regelmässig gute Abschnittszeiten, brachte aber nie eine gute Fahrt nach ganz unten. Diesmal gelang es – diesen Slalom habe ich die ganze Saison gesucht. Nun fühle ich mich bestätigt und bin stolz. Die ganze Arbeit, die ich in den Slalom steckte, zahlte sich aus.

Gab es diesen einen Moment im Slalom, wo sie spürten, dass es diesmal passt?

Nein, ich hatte bis zuletzt Angst, dass etwas passieren könne. Die ganze Zeit sagte ich mir: 'Weiter, weiter, nicht verkrampfen'.

Was sagte Ihnen Dominique, als Sie sich in die Arme fielen?

Wir quietschten beide mehr, als dass wir redeten. Es gibt keine Worte für das, was wir geschafft haben.

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