Erstmals seit 70 Jahren steht kein Schweizer mehr an der Spitze der FIS. Der Aargauer Urs Lehmann unterliegt bei der Nachfolgewahl für Gian Franco Kasper deutlich dem Quereinsteiger Johan Eliasch.
Mit Urs Lehmann wäre der nächste Schweizer nach dem Bündner Kasper (von 1998 bis 2021) und Marc Hodel (1951 bis 1998) bereitgestanden, um die Geschicke des 1924 gegründeten Skiweltverbandes zu leiten. Doch der ehemalige Abfahrts-Weltmeister musste beim virtuell durchgeführten 52. FIS-Kongress enttäuscht zur Kenntnis nehmen, dass er letztlich trotz seines umfassenden Leistungsausweises chancenlos war.
Lehmann ist seit 2008 Präsident von Swiss-Ski und hat diesen Verband seither komplett modernisiert und für die Zukunft sehr gut aufgestellt. Gleiches wird der 52-jährige Aargauer nun nicht wie beabsichtigt auch eine Stufe höher in Angriff nehmen können – obwohl er lange als grosser Favorit gegolten hatte.
Nicht das erwartete Kopf-an-Kopf-Rennen
Doch in den letzten Wochen und Monaten musste Lehmann erkennen, dass Johan Eliaschs intensives Werben um die Stimmen der über 70 nationalen Verbände immer stärker Auswirkungen zeigt. «Johan hat eine sehr gute Kampagne gezeigt. Dafür gratuliere ich ihm von Herzen», so Urs Lehmann, der zumindest ein «Kopf-an-Kopf-Rennen» erwartet hätte.
Diese Annahme war falsch. Der schwedisch-britische Doppelbürger Eliasch erhielt 65 von 120 möglichen Stimmen, womit er das erforderliche absolute Mehr gleich im ersten Wahlgang übertraf und vorerst für ein Jahr – bis zum nächsten Kongress in einem Jahr – gewählt ist.
Lehmann erhielt bei der Präsidentenwahl nur 26 Stimmen. Entscheidend sei gewesen, so der Unterlegene, «dass die Österreicher und einige weitere Nationen noch die Seite gewechselt haben. Das mochte es nicht leiden.» Dabei hatte der Noch-ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel eigentlich einmal Lehmann die Stimmen versprochen. Das sei für ihn die «grosse persönliche Enttäuschung» des Wahltages.
Lehmann immerhin neu im FIS-Vorstand
Trotzdem blieb der CEO des Arzneimittel-Herstellers Similasan vor der ehemaligen FIS-Generalsekretärin Sarah Lewis aus Grossbritannien (15 Stimmen) und dem schwedischen FIS-Vizepräsidenten Mats Arjes (13). Das deutliche Wahlergebnis habe, so Urs Lehmann, immerhin einen Vorteil: «Es war so eindeutig, da gibt es sicher keine Diskussion.»
Immerhin wird der Aargauer neu im FIS-Vorstand Einsitz nehmen. «In diesem Gremium ist der Präsident nicht alleine, sondern man soll im Sinne der Sache gut zusammenarbeiten.» Lehmann wird sich Ende Juni auch den Swiss-Ski-Delegierten zur Wiederwahl stellen. «Ich engagiere mich gerne weitere drei Jahre als Präsident, wenn ich denn gewählt werde.»
Keinen Änderungsbedarf sieht er auch bei Similasan, wo eine Nachfolgeregelung vorhanden gewesen wäre: «Da geht es für mich nun am Montagmorgen um sieben Uhr ganz normal als CEO weiter.»
Eliasch erst der fünfte FIS-Präsident
Der erst fünfte FIS-Präsident in der fast 100-jährigen Verbandsgeschichte heisst also nicht Urs Lehmann, sondern vielmehr Johan Eliasch. Der 59-jährige, gebürtige Schwede, der auch den britischen Pass hat und von dessen nationalem Skiverband zur Wahl vorgeschlagen worden war, marschierte gleich im ersten Wahlgang mit über 54 Prozent der Stimmen durch.
Der schillernde und umtriebige Milliardär, der sich auch für den Klimaschutz engagiert, ist unter anderem seit 25 Jahren Mehrheitsaktionär und CEO des österreichischen Sportartikel-Konzerns Head, hatte vor der Wahl erklärt, als FIS-Präsident auf sein Gehalt zu verzichten. Um Interessenskonflikte vermeiden zu können, wird er auch seine Verbindungen zu Head möglichst kappen müssen.
Eliasch versprach in seinen ersten Worten als FIS-Präsident, dass er gut zuhören und aufgeschlossen sein werde. Auch wolle er ein transparenter Präsident für alle Nationen und für alle Disziplinen sein. «Wir haben unglaubliche Möglichkeiten, und jetzt lasst uns an die Arbeit gehen.»