Statt wie erhofft das Maillot jaune zu erobern, erlebt Stefan Bissegger zu Beginn der 109. Tour de France den bittersten Tag seiner Karriere. Der Thurgauer Mitfavorit stürzt im Regen gleich zweimal.
«Für mich zählt nur der Sieg», hatte Bissegger vor seiner zweiten Tour-Teilnahme keine Zweifel an seinen Ambitionen im Auftaktzeitfahren in Kopenhagen aufkommen lassen. Dementsprechend gross war der Frust nach seiner verkorksten Fahrt auf dem technisch anspruchsvollen und flachen Stadtparcours. «Es ist sehr, sehr enttäuschend. Ich hätte es heute definitiv in den Beinen gehabt», ärgerte sich der ehrgeizige Ostschweizer, der zum engsten Favoritenkreis gezählt hatte.
Bissegger war als einer der Ersten gestartet, just als der Regen in der dänischen Hauptstadt wieder stärker wurde. Damit kam er auf seiner Zeitfahrmaschine überhaupt nicht zurecht. Schon nach wenigen Fahrminuten kam der 23-Jährige vom Team EF Education in einer Rechtskurve ein erstes Mal zu Fall. Als es ihn nach der Zwischenzeit in einer Linkskurve ein zweites Mal erwischte, war es mit dem erhofften Tagessieg definitiv vorbei.
«Ich weiss nicht, was falsch gelaufen ist. Die Strecke war sehr rutschig. Wir müssen das nun analysieren», rätselte Bissegger über die Gründe für seine Stürze. Er sei nicht sicher, ob es am Material (Reifendruck – Red.) gelegen habe oder er einfach zu viel riskiert habe. Letztlich verlor Bissegger, der bei seinen Stürzen Schürfungen und Prellungen an der Hüfte erlitten hatte, als 99. über eine Minute auf die Schnellsten. Das schmerzt. «Es wird lange dauern, bis ich das verarbeitet habe.»
Sein Namensvetter Stefan Küng kam in der 13,2 km langen Prüfung gegen die Uhr zwar ohne Sturz durch, aber auch er konnte als 14. nicht mit den Besten mithalten. Allerdings hatte der Zeitfahr-Europameister die Erwartungen nach den intensiven letzten zwei Wochen mit dem 5. Gesamtrang an der Tour de Suisse, der Geburt seines Sohnes und der Covid-Infektion schon im Vorfeld gedämpft.
«Ich hatte wohl zu viel um die Ohren in den vergangenen Tagen. Physisch war ich da, aber ich schaffte es nicht, die Risiken zu nehmen, die notwendig gewesen wären. Erst recht, nachdem ich vor dem Start Bissegger gekreuzt hatte, der mir sagte, es sei wie auf Seife,» so Küng, der wie Bissegger am vorletzten Tag dieser Tour mit einem über 40 km langen Zeitfahren noch eine zweite Chance erhalten wird.