Plötzlich Rentner Plötzlich Rentner: Wenn das Virus das Karriereende besiegelt

Luca Betschart

17.3.2020

Biel-Goalie Jonas Hiller (links) wird ein würdiger Abschied verwehrt, Gianluigi Buffon droht möglicherweise ein ähnliches Szenario.
Biel-Goalie Jonas Hiller (links) wird ein würdiger Abschied verwehrt, Gianluigi Buffon droht möglicherweise ein ähnliches Szenario.
Bilder: Keystone/Getty

Wegen des Coronavirus bleibt Biel-Goalie Jonas Hiller der würdige Abschied, den er nach einer grossen Karriere zweifellos verdient hätte, verwehrt. Ein Szenario, das auch anderen grossen Namen droht.

Nach mehr als 400 Spielen in der NHL und drei Schweizer Meistertiteln hängt Jonas Hiller seine Schlittschuhe im Alter von 38 Jahren an den Nagel – und malt sich im Vorhinein einen Abschied aus wie aus dem Bilderbuch. «Der Traum wäre gewesen, zu Hause vor Tausenden Fans den Titel zu gewinnen», umschreibt der Biel-Torhüter die Wunschvorstellung im Interview mit «SRF». «Doch in den letzten Wochen musste ich einsehen, dass dieser Traum nicht in Erfüllung gehen wird.» Bei Weitem nicht.

Die Corona-Krise sorgt dafür, dass in der National League in diesem Jahr gar kein Meister gekürt wird. Weil die Playoffs abgeblasen werden, wird das mehr oder weniger bedeutungslose Qualifikationsspiel gegen den ZSC (5:1-Sieg) zu Hillers Abschiedsvorstellung – und kein einziger Fan ist mit von der Partie.



Ähnliches widerfährt Stürmer Mathieu Tschantré. Weil das Bieler Urgestein zum dritten Mal Vater wird, lässt es die letzten beiden Qualifikationsspiele aus und wird im Heimspiel gegen Davos – die bis heute letzte Partie mit Zuschauern – immerhin gebührend verabschiedet. Allerdings rechnet Tschantré zu diesem Zeitpunkt nicht damit, dass sein 899. Spiel für Biel auch sein letztes sein wird. Doch genau so kommt es. «Martin Steinegger (Biels Sportchef, Anm. d. Red.) sagte mir schon, dass er mich mal noch auf das Matchblatt nimmt, damit ich auf die 900 Spiele komme. Aber das ist im Moment ein wenig Galgenhumor.»

Auch Schnyder und Vauclair vor stillen Abgängen?

Der plötzliche Spielstopp betrifft aber nicht nur die Abtritte der beiden Bieler. Für Fabian Schnyder, treuste Seele beim EV Zug, ist die aktuelle Saison wegen Hüftproblemen bereits seit Dezember gelaufen. Weil der Vertrag des 34-Jährigen im Sommer ausläuft, steigert die Corona-Krise die Chancen, dass Schnyder nie wieder für die Zentralschweizer aufläuft. Und Luganos Routinier Julien Vauclair wird sich ebenfalls nicht wie erhofft von seinen Fans verabschieden können, bevor der 40-Jährige bei den Tessinern in der nächsten Saison die Rolle des «Head of Scouting» übernehmen soll.

Ein nächstes Beispiel liefert der abtretende schwedische Skirennfahrer Mats Olsson, der sein angekündigtes Abschiedsrennen in Kranjska Gora nicht bestreiten kann – weil es gar nicht stattfindet. 

Verabschieden sich auch Fussballer durch die Hintertür?

Legt das sich ausbreitende Coronavirus auch die internationalen Fussballligen weiterhin lahm, droht anderen grossen Namen ein ähnliches Szenario. Weder die bei Juventus spielenden Italiener Gianluigi Buffon (42) und Giorgio Chiellini (35), noch der Schwede Zlatan Ibrahimovic (38) besitzen für die kommende Spielzeit in der Serie A einen Vertrag. Zwar hat keiner des Trios den Rücktritt per Ende Saison angekündigt – trotz hohen Fussball-Alters. Sollte die Saison in der Serie A aber abgebrochen werden, kann es allerdings schneller gehen, als man denkt.

So gibt es auch mehrere ehemalige Schweizer Nationalspieler, deren Zukunft womöglich auf dem Spiel steht. Stephan Lichtsteiners (36) Vertrag in Augsburg läuft in diesem Sommer aus, genau wie der Kontrakt des mittlerweile 36-jährigen Diego Benaglio in Monaco. Zumindest ein Abschied vom aktuellen Arbeitgeber ist denkbar. 

Zibung und Vanins bleiben wenig Alternativen

Für Valon Behrami schloss sich im vergangenen Januar der Kreis. Der 34-Jährige unterschrieb bis Saisonende beim FC Genoa, wo er seine internationale Karriere 2003 lancierte. Ob der Routinier in der italienischen Hafenstadt auch nach der laufenden Saison noch Zukunft hat, steht momentan noch in den Sternen. Im Falle eines Meisterschaftsabbruchs müsste wohl auch Behrami auf ein Abschiedsspiel verzichten.

In der Super League befindet sich mit Raphaël Nuzzolo, Geoffroy Serey Dié (beide Xamax) und Guillaume Hoarau (YB) viel Prominenz in einer ähnlichen Ausgangslage. Die alternden Leistungsträger dürften allerdings zu einem grossen Teil selbst mitentscheiden, ob und wie es mit ihren Karrieren nach Auslauf ihrer Verträge weitergeht. Weniger oder gar keine Alternativen diesbezüglich dürften Dave Zibung (36) in Luzern und Andris Vanins (39) beim FC Sion haben. Ihnen droht bei einem allfälligen Saisonabbruch das Karrierenende – und ein stiller Abgang durch die Hintertür.

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