Nach Christchurch-Attentat Auf Social Media ist Terror nicht gleich Terror

dj

21.3.2019

Das Internet erzeugt auch Rechtsterroristen. Dagegen taten die Tech-Konzerne bisher wenig.
Das Internet erzeugt auch Rechtsterroristen. Dagegen taten die Tech-Konzerne bisher wenig.
Keystone

ISIS wird von Social Media-Unternehmen effizient bekämpft, doch Rechtsterroristen haben oftmals freies Feld. Woran liegt das?

Islamistische Propaganda wird von Facebook, YouTube und Co. meist schnell entfernt. Wenn es jedoch um Inhalte von Rechtsradikalen oder «White Supremacists » geht, sind die Social Media Plattformen wesentlich weniger aktiv.

Der Terroranschlag in Christchurch hat diese Dissonanz deutlich gemacht. Der Attentäter wurde ziemlich offensichtlich durch das Internet radikalisiert, und er hat seine Tat explizit für den Konsum durch das Internet durchgeführt. Könnte das nun dazu führen, dass die grossen Tech-Unternehmen auch gegen rechtsradikale und rassistische Propaganda auf ihren Plattformen stärker vorgehen?

ISIS wird seit 2014 bekämpft

Auch islamistische Propaganda hatte es mal relativ leicht auf Social Media. Das änderte sich laut buzzfeednews.com mit der Ermordung des US-Journalisten James Foley in 2014. Das brutale Video von dessen Enthauptung durch ISIS wurde auf YouTube hochgeladen und fand sich auf Twitter sogar unter den Trends. Öffentliche Empörung und Druck zwang die Tech-Plattformen, härter gegen solches Material vorzugehen.

So wurden firmenübergreifend Kooperationen gestartet, die Details zu neuem Propaganda-Material teilten und so die schnelle Löschung auf allen Plattformen ermöglichten. Die US-Regierung legte ein Programm zur Bekämpfung von Online-Propaganda auf. Doch dieses beschränkt sich heute ausschliesslich auf islamistischen Ursprung.

Das Video der Enthauptung von James Foley durch ISIS-Terroristen führte dazu, dass Tech-Konzerne verstärkt gegen Online-Propaganda vorgingen.
Das Video der Enthauptung von James Foley durch ISIS-Terroristen führte dazu, dass Tech-Konzerne verstärkt gegen Online-Propaganda vorgingen.
Keystone

Bisher kein Wille zum Handeln vorhanden

Dabei ist die Erkennung von rechtsradikaler Propaganda etwa über Algorithmen nicht per se schwieriger als das Erkennen von ISIS-Material, wie die Juristin Hannah Bloch-Wehba gegenüber wired.com anmerkt. Dass dies nicht passiert, liege am bisher fehlenden öffentlichen Druck sowie der Angst der Tech-Konzerne vor politischem Gegenwind.

Denn Tech-Unternehmen in den USA wird von rechtsgerichteten Politikern immer wieder vorgeworfen, gegenüber ihnen negativ voreingenommen zu sein. Aus Angst trauen sich die Tech-Konzerne dann nicht, irgendetwas zu unternehmen, dass diese Vorwurf bestätigen könnte.

Und da die Grenzen zwischen dem, was von Mainstream-Plattformen wie etwa «Fox News» oder von Politikern wie Donald Trump gesagt wird, und dem, was White Supremacists und White Nationalists auf YouTube und Co. von sich geben, fliessend sind, sind Interventionen von Tech-Konzernen politisch riskant.

Die White Supremacists und laut Donald Trump «very fine people», die 2017 durch Charlottesville marschierten, geniessen eine Nähe zu politischer Macht, die Islamisten natürlich nicht haben.
Die White Supremacists und laut Donald Trump «very fine people», die 2017 durch Charlottesville marschierten, geniessen eine Nähe zu politischer Macht, die Islamisten natürlich nicht haben.
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Keine systematische Bekämpfung

Zwar verbieten die meisten Plattformen Hassrede in ihren Bestimmungen, eine systematische Bekämpfung dieser analog zu islamstischer Propaganda findet aber nicht statt. Aktionen beschränkten sich daher bisher auf einige Extrem-Fälle – zu nennen wäre etwa das sogenannte Deplatforming des Verschwörungstheoretikers Alex Jones, der im Sommer 2018 nach massenhaften Regelverletzungen von allen grossen Social Media-Plattformen verbannt wurde.

Muslimische Gruppen, die sich schon seit Jahren über gegen sich gerichtete Hass-Propaganda auf Social Media beschwerten, wurde von den Tech-Grössen bislang weitgehend ignoriert, wie wired.com berichtet. Es ist noch unklar, ob Christchurch hier einen Paradigmenwechsel einleitet.

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