Gruselfest statt Besinnlichkeit «Callisto Protocol» ist der reinste Horror-Trip zum Jahresende

Von Martin Abgottspon

6.12.2022

Wir schreiben das Jahr 2320 und befinden uns auf einem toten Mond des Jupiters.
Wir schreiben das Jahr 2320 und befinden uns auf einem toten Mond des Jupiters.
Krafton

Der Science-Fiction-Horrortrip «Callisto Protocol» galt im Vorfeld als letztes Spiele-Higlight für dieses Jahr. Der Gruselspass kommt dabei nicht zu kurz, leider ist das Gameplay zum Teil aber genauso schrecklich.

Von Martin Abgottspon

6.12.2022

Fans von Horror-Spielen kamen in diesem Jahr etwas gar kurz. Umso grösser war die Vorfreude auf «Callisto Protocol», der geistige Nachfolger von «Dead Space», der seit Anfang Dezember erhältlich ist.

Wir schreiben das Jahr 2320, wo man in der Person von Jacob Lee die dunklen Machenschaften der United Jupiter Company aufdecken soll. Nach dem Absturz mit einem Frachtschiff startet der Horror-Trip in einem Hochsicherheitsgefängnis auf dem toten Jupiter-Mond Callisto und relativ schnell wird klar, dass dieses Spiel definitiv nichts für schwache Nerven ist.

Auf Action muss man nicht lange warten. Der Stahltrakt steht in Flammen, überall liegen Wärter zerstückelt in Blutlachen und Mutanten schlurfen durch die Gänge des Mega-Komplexes. Doch so düster und schaurig der ganze Schauplatz auch sein mag, zieht er einen sofort in seinen Bann. So stellt man sich einen Horror-Trip in der Zukunft vor.

Wuchtiges, aber langweiliges Gemetzel

Je länger man sich durch die Trakte kämpft, je mehr fällt einem allerdings auch auf, dass die nette Atmosphäre doch etwas über das magere Gameplay und die fade Story hinwegtäuscht. Die Geschichte geht während der gesamten Spieldauer von rund zehn Stunden nie wirklich über das Niveau eines B-Movies hinaus, doch das ist bei Weitem noch nicht der grösste Kritikpunkt.

Abzüge gibt es vor allem für das Kampfsystem. Meistens ist man dabei als Nahkämpfer unterwegs. Man weicht den fuchtelnden Mutanten wie ein Boxer nach links und rechts aus, ehe man im richtigen Moment selber mit seinem Elektroknüppel zuschlägt. Anfänglich mag das noch Spass machen. Erst recht, wenn man auf die horrorgerechten und blutigen Manöver steht. Mit der Zeit wird das Ganze aber doch etwas monoton und eintönig und die Entwickler haben es leider verpasst, hier ihre guten Grundansätze ideal mit dem Nahkampf zu kombinieren. 

So gibt es durchaus auch Fernkampfwaffen und sogar ein Arm-Modul hat es ins Spiel geschafft, mit welchem man die Gegner durch die Gegend schleudern kann. Leider übernehmen diese aber mehr eine unterstützende Funktion, um beispielsweise Nahkampf-Angriffe einfach zu verlängern.

Schaurig schöner Horror-Wahnsinn.
Schaurig schöner Horror-Wahnsinn.
Krafton

Alles fällt so schwer

Hat man sich damit abgefunden, dass man im schaurigen Kampftreiben etwas limitiert ist, ärgert man sich aber erst richtig, wenn gleich mehrere Mutanten auf einen losgehen. Denn durch die starre Steuerung von Jacob Lee und die fehlende Übersicht wird so mancher Kampf erst richtig zum Albtraum. Wer das Game zudem auf der höchsten Schwierigkeitsstufe spielt, muss sich wirklich beherrschen, den Controller nicht einfach in eine Ecke zu werfen.

Das Gegner-Design reisst das ganze dann leider ebenfalls nicht raus. So gruselig die Widersacher auch aussehen mögen, mangelt es auch hier an Vielfalt. Einheitsbrei, genauso wie die Bosskämpfe, die relativ rar sind, dafür ein umso grösseres Frustpotenzial aufweisen.

Nur für Hardcore-Horrorfans

Ich persönlich bin kein «Dead Space»-Fan der ersten Stunde und hatte deswegen hohe Erwartungen an «Callisto Protocol». Dennoch hat mich das Spiel über weite Distanzen enttäuscht. Umso mehr, weil ich öfters das Gefühl hatte, es wäre so viel mehr möglich gewesen.

Die Atmosphäre im Spiel ist tatsächlich etwas vom Besten, was dieses Jahr in einem Game umgesetzt wurde. Es läuft einem immer wieder kalt den Rücken runter und wenn die Gliedmassen durch die Gegend fliegen, ist man auch durchaus versucht, für einen Moment beide Augen zu schliessen.

Leider hinkt das Gameplay im Vergleich da weit hinterher und befindet sich nicht annähernd auf dem Level, wie man es sich im Jahr 2022 wünschen würde. Wer sich einfach etwas gruseln will und auf Science-Fiction-Settings steht, der kann «Calisto Protocol» durchaus mal anspielen. Wer für Weihnachten aber auf Horror in all seinen Facetten verzichten will, der greift besser zu einem der nominierten Titel für das Spiel des Jahres.

«Game of the Year»: «Das gewinnt in jeder Kategorie – ausser halt Spiel des Jahres»

«Game of the Year»: «Das gewinnt in jeder Kategorie – ausser halt Spiel des Jahres»

Es war wegen zweier Titel ein grosses Jahr fürs Gaming. Und genau wegen «Elden Ring» und «God of War: Ragnarök» müssen Martin und Fabian einen Kompromiss für das Spiel des Jahres finden.

30.11.2022