Angespielt«Nier Replicant» ist Liebe auf den zweiten Blick
Von Martin Abgottspon
6.5.2021
«Nier Replicant» ist ein Remaster von «Nier», das vor zehn Jahren nicht gerade Begeisterungsstürme auslöste. Heute aber bringt der Titel etwas mit, das vielen Spielen fehlt: eine Seele.
Von Martin Abgottspon
06.05.2021, 11:21
Martin Abgottspon
Mit «Nier Automata» gelang der Spiele-Reihe vor einigen Jahren auch in der westlichen Welt endlich der grosse Durchbruch. Das Action-Rollenspiel zeigte auf, wie tiefgründig Storytelling in Games sein kann, überzeugte aber auch mit seinem Kampfsystem in einer äusserst atmosphärischen Welt.
Mit «Nier Replicant», beziehungsweise «Nier Replicant ver.1.22474487139...» wie das Spiel offiziell heisst, drehen die Entwickler die Uhren jetzt zurück. Erzählt wird die Geschichte vom originalen «Nier» aus dem Jahr 2010, die 1'000 Jahre vor den Ereginissen von «Nier Automata» stattgefunden haben. Es handelt sich dabei also um ein Remake eines Spiels, das im Original nur mässig überzeugen konnte.
Charaktertiefe wie man sie selten in Spielen findet
Nun aber gingen die Entwickler ordentlich über die Bücher und setzten genau an den Punkten an, die von vielen Spielern bemängelt wurden. An der Story änderten sie zum Glück nicht viel, schliesslich hat diese schon vor mehr als zehn Jahren mehr als überzeugt, obwohl der Plot an und für sich ziemlich banal klingt.
Ein namenloser Held sucht ein Heilmittel für seine kranke Schweser Yonah. Dafür rennt er von Dorf zu Dorf und durch karge Landschaften, die meist von Schattengestalten heimgesucht wurden. Bis hierhin hat das Spiel definitiv keinen Oscar verdient. Wenn man aber die Storys der einzelnen Charaktere, deren Tiefe und Entwicklung genauer unter die Lupe nimmt, wird man überwältigt.
Sehr anschaulich wird das ganze zum Beispiel, wenn man einst ein wenig mehr über die Kriegerin Kainé herausgefunden hat. Dann wird einem auch klar, dass ihre Reizwäsche nicht bloss einem effekthascherischen Zweck folgen, sondern einen äusserst provokativen Twist beinhalten, den man in anderen Videospielen so nur sehr selten findet.
Missions-Design mit Luft nach oben
Umso tiefer man in die gesamte Geschichte eintaucht, desto faszinierender wird «Nier Replicant». Und wer meint, er hätte nach rund 30 Stunden das Ende dann erreicht, wird feststellen, dass dieser Ausgang nur einer von fünf Spielenden war.
Wer sich nun wundert, wie das alles zusammenhängt, welche Rolle «Nier Automata» dabei spielt und was mit der gesamten Zivilisation überhaupt passiert ist, startet also am besten noch einmal von vorne. Erst dann kann man so richtig tief in die faszinierende Geschichte eintauchen.
Allerdings nimmt die Langzeitmotivation bei erneuten Durchläufen dann doch etwas ab. Denn gameplaytechnisch kann «Nier Replicant» leider trotz einiger Verbesserungen noch immer nicht mit der Story mithalten. Die offene Welt lädt nicht wirklich zum Entdecken ein und die Missionen fühlen sich nach einer gewissen Zeit doch etwas monoton an.
Action für jeden Anspruch
Immerhin machen die Kämpfe aber richtig Spass. In der überarbeiteten Version wird jedes Gefecht zu einem wahren Feuerwerk aus Attacken und Effekten. Wer schön in Bewegung bleibt, ist in der Regel klar im Vorteil.
Das volle Potenzial im Kampfsystem wird vor allem auf den höheren Schwierigkeitsgraden ausgeschöpft. Denn erst hier wird es wirklich wichtig, welche Waffentypen man auswählt und welche Buffs man gegen die jeweiligen Gegner einsetzt. Wer aber in erster Linie die Story geniessen möchte, kann die Schwierigkeit auch einfacher runterscharauben und die Kämpfe sogar automatisch laufen lassen. Die grandiose Story wird so immerhin allen Spielern relativ einfach zugänglich gemacht.
Erstes Spiel: Monkey Island Ich spiele gerade: Valorant ...und freue mich auf: Elden Ring Lieblingszitat: «The right man in the wrong place can make all the difference in the world» (Halflife 2)