Kommentar Warum Games häufiger heiklere Themen behandeln sollten

Von Martin Abgottspon

24.7.2019

Videospiele können extrem intensive Emotionen erzeugen, wenn sie gut aufgebaut sind.
Videospiele können extrem intensive Emotionen erzeugen, wenn sie gut aufgebaut sind.
Bild: Getty Images /  Electronic Arts

Die meisten Videospiele drehen sich um Helden und Macht. Dabei böte gerade dieses Medium viel Potenzial für heiklere Themen. Immerhin gibt es aktuell einige gute Beispiele.

Bücher, Serien oder auch Filme sind bezüglich ihrer Erzählweisen am Anschlag. Nichts, das es nicht schon gegeben hätte. Selbst Tabuthemen wie Sex oder Drogen wurden über die letzten Jahre dermassen aufgeweicht, sodass Konsumenten selbst ein Schäferstündchen zwischen Bruder und Schwester wie in Game of Thrones gerade noch zur Kenntnis nehmen.



Aktuell geht Hollywood soweit, dass man mit ganzen Zeitepochen und überirdischen Themen wie etwa bei Stranger Things jongliert, um die Zuschauer bei Laune zu halten. Zeitgleich schläft die Videospielindustrie weiter. Nur wenige Entwickler nehmen sich sensiblen Themen an. Dabei hätten interaktive Medien wie Games so viele Möglichkeiten, grossartige Geschichten zu erzählen und neue Anreize für Problemlösungen zu finden.

Das intensive Eintauchen

«Sea of Solitude» ist ein aktuelles Beispiel, wie Spiele dieser Art aussehen könnten. Angst, Einsamkeit, Mobbing oder Depressionen werden thematisiert. Und das nicht bloss plakativ. Denn auch wenn die Spielmechanik vergleichsweise trivial ist, erzeugen die Reisen mit dem Hauptcharakter Kay starke Gefühle. Spieler, die bei der Arbeit oder noch zu Schulzeiten mit Mobbing konfrontiert waren, werden ein ungewöhnliches Unbehagen empfinden, das einen gleichzeitig aber auch tief mit der Geschichte verbindet.

Ein weiteres Spiel dieser Art, das bereits 2016 veröffentlicht wurde, ist «Firewatch». Dort schlüpft man als Spieler in die Rolle von Henry, der seine freiwillige Feuerwache in einem Nationalpark antritt, nachdem er einen familiären Schicksalsschlag erleidet. Es dreht sich nicht nur um die mysteriöse Handlung der Geschichte, sondern auch um Henrys Verarbeitungsprozess seines privaten Lebens.

Nur Mut, liebe Entwickler

Videospiele sind im Gegensatz zu Filmen oder Bücher immersiv. Man wird selber zum Teil der Geschichte, weshalb man sich gerade brisanten Themen auch ganz anders nähert. Das vermittelt völlig neue Blickpunkte und regt mitunter zum ernsthaften Nachdenken an. Ein weisser Rassist etwa bekommt plötzlich eine völlig andere Wahrnehmung seiner Vorurteile, wenn er stundenlang mit einem schwarzen Partner Kriminalfälle aufdeckt. Das zeigen auch Studien, die aufzeigen, dass unmoralische Handlungen im Spiel, Schuldgefühle und Scham beim Spieler hervorrufen können.

Aus diesen Gründen ist zu hoffen, dass in Zukunft noch zahlreiche weitere Entwickler Spiele auf den Markt bringen, die uns nicht nur zu Helden lassen werden. Das erfordert zwar Mut, da mit solchen Spielen derzeit keine Millionenbeträge umgesetzt werden. Doch glücklicherweise gibt es ja noch einige Entwicklerstudios, bei denen nicht nur Gewinnmaximierung als Maxime gilt.

Unsere persönlichen Highlights von der E3

Zurück zur Startseite