Die Geister, die sie riefen KI-Führer warnen vor Gefahr durch KI

Von Dirk Jacquemien

31.5.2023

KI-Pioniere schüren plötzlich Angst vor einem Terminator.
KI-Pioniere schüren plötzlich Angst vor einem Terminator.
Imago

Die Erschaffer von ChatGPT und ähnlicher Künstliche-Intelligenz-Systeme warnen plötzlich vor ihrer eigenen Technik. Ist das ein Sinneswandel oder nur ein cleveres Ablenkungsmanöver?

Von Dirk Jacquemien

31.5.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Führende Persönlichkeiten der KI-Szene, darunter der OpenAI-Chef, warnen plötzlich vor den Gefahren von künstlicher Intelligenz.
  • Diese könnte gar die Menschheit auslöschen.
  • Kritiker*innen sehen dagegen vor allem ein Ablenkungsmanöver, mit dem der Fokus von real existierenden KI-Problemen genommen werden soll.

Offene Briefe und mahnende Stellungnahmen zu künstlicher Intelligenz gab es in den letzten Monaten einige. Die rasante Entwicklung der Technik hat selbst Expert*innen und Brancheninsider überrumpelt. Jetzt gibt es eine neue Warnung, im Grunde nur ein einziger Satz:

«Die Verringerung des Risikos der Auslöschung [der Menschheit] durch künstliche Intelligenz sollte genauso eine globale Priorität sein wie andere gesellschaftliche Risiken, beispielsweise Pandemien oder Atomkrieg.»

Bemerkenswert ist, wer sich diesem Statement angeschlossen hat. Zu den Unterzeichner*innen gehören zum einen prominente Forscher*innen, wie Geoffrey Hinton, ein als «Vater der KI» bezeichneter Informatik-Professor, der sich bereits vor knapp einem Monat über die «New York Times» an die Öffentlichkeit wandte.

Daneben haben aber auch Spitzenmanager von etwa Google oder Microsoft ihren Namen unter die Stellungnahme gesetzt, obwohl deren Firmen natürlich hoffen, bald sehr, sehr viel Geld mit KI-Technologie zu verdienen. Und sogar Sam Altman, der CEO von OpenAI, dessen ChatGPT den aktuellen KI-Hype überhaupt erst ausgelöst hat, gehört zu den Unterzeichner*innen.

Echte Risiken werden ignoriert

Konkrete Vorschläge, was getan werden soll, um die Risiken von künstlicher Intelligenz einzudämmen, werden in der Stellungnahme nicht gemacht. Und eben weil sehr viele der Unterzeichner*innen in sich mit KI befassenden Firmen tätig sind, vermuten Kritiker*innen hier eher ein Ablenkungsmanöver.

Durch die Fokussierung auf ein apokalyptisches, aber noch rein hypothetisches zukünftiges Risiko würden berechtige Sorgen über die bereits heute durch real existierende KI-Technik verursachten Probleme in den Hintergrund gerückt.

Branche lehnt Regulierung ab

KI kann schon jetzt beispielsweise zur massenhaften Verbreitung von Spam oder Desinformation genutzt werden und beginnt, die Arbeitswelt umzuwühlen. Gesetzliche Regelungen oder Einschränkungen zur derzeitigen KI-Technik werden von der Branche aber grösstenteils abgelehnt.

OpenAI etwa drohte erst letzte Woche damit, sich aus dem europäischen Markt zurückzuziehen, falls die EU Regulierungen zur Nutzung von künstlicher Intelligenz erlasse. Wenn es um die schiere Existenz der Menschheit geht, dann dürfen Regierungen mitmischen, aber bei allen Stufen darunter sollen sie uns Tech-Unternehmen doch bitte in Ruhe lassen, so der Tenor.