«Game of Thrones»-Star Natalie Dormer «Viele Leute denken, ich sei auch privat ein Biest»

Lukas Rüttimann

6.10.2018

Als durchtriebene Machtfrau Margaery Tyrell in «Game of Thrones» wurde Natalie Dormer (36) zum Star. Mit «Bluewin» sprach sie in Rahmen des Zurich Film Festivals über ihre neue Serie «Picnic at Hanging Rock», starke Frauen und ihr Herz für Nerds.

Bluewin: Natalie Dormer, wieso sind Sie so gut darin, durchtriebene Luder zu spielen?

Natalie Dormer: Wie bitte? (lacht) Ich würde jemanden wie Mrs. Appleyard aus «Picnic at Hanging Rock» nicht gerade als Luder bezeichnen. Sie ist eine Antiheldin, von mir aus. Die Regisseurin hat mir einen Brief geschrieben, weshalb sie mich unbedingt für diese Serie wollte. Sie meinte, ich könne wie kaum jemand sonst eine schreckliche und gleichzeitig sehr verletzliche Frau spielen. Das habe ich als grosses Kompliment angenommen.

Man sagt, ein Film oder eine Serie sei immer nur so gut wie der Bösewicht respektive der Antagonist. Sehen Sie das auch so?

Wirklich? Das höre ich zum ersten Mal. Aber es macht Sinn: Jede tolle Figur braucht einen Gegenpart. Ich mag es, wenn dieser Gegenpart vielschichtig und nicht leicht zu durchschauen ist. Je authentischer und näher eine Rolle am Leben, desto besser.

Lassen Ihnen Filmemacher bei der Gestaltung Ihrer Rollen Freiheiten? Etwa bei Margaery Tyrell in «Game of Thrones»?

Die Macher von «Game of Thrones» waren von Anfang an sehr ehrlich mit mir, als wir über die Rolle von Margaery Tyrell sprachen. Sie meinten, dass sie in einem Dilemma stecken, weil sie nicht recht wussten, was sie mit dieser Figur anfangen sollten. Ich glaube, ich konnte ihnen helfen, dieses Problem zu lösen. Ich habe Margaery eine gewisse Aufrichtigkeit verliehen: Sie tut, was sie tut, weil sie glaubt, das Richtige zu tun.

Sie wurden mit «Game of Thrones» schlagartig weltberühmt. Wie war das für Sie?

Grossartig! «Game of Thrones» wurde zu einem internationalen Phänomen, das die Spielregeln in der Unterhaltungsindustrie komplett verändert hat. Es ist eine Revolution, ein Teil des Zeitgeistes. Und ich habe mit meiner Rolle dazu beigetragen. Man wird noch in Jahrzehnten davon sprechen, wie «Game of Thrones» alles auf den Kopf gestellt hat. Davon ein Teil zu sein, ist ein enormes Glück.

Und die Nachteile?

Vielleicht dass nun viele Leute denken, ich sei im echten Leben auch wie Margaery Tyrell. Ich bin aber kein machtgetriebenes Biest. (lacht) Ein anderer Nachteil ist, dass mich Regisseure seither oft nur in solchen Rollen sehen. Das ist das Problem, wenn man mit etwas Erfolg hat. Aber das kennt jeder Künstler. Fragen Sie mal eine Band, die gerade ein Hit-Album geschrieben hat, wie schwer es ist, sich danach zu verändern.

«Game of Thrones» hat eine weltweite Fangemeinde, die jedes Detail über die Show aufsaugt. Haben Sie ein Herz für solche Nerds?

Oh ja, ein grosses sogar. Ich verstehe Nerds, denn ich war selber ein eher schräges Mädchen an der Schule. Ich war alles andere als ein Alpha-Girl, sondern wusste nicht so recht, wer ich bin und was ich mit meinem Leben machen soll. Ich konnte mich wochenlang in Geschichtsbüchern vergraben und die Welt um mich herum vergessen. Kein Wunder fühle ich mich heute an Nerd-Messen wie der Comicon sehr wohl.

Wissen Sie Details über das Ende von «Game of Thrones»? Können Sie uns etwas verraten?

Sie wissen, dass das nicht der Inhalt dieses Interviews sein darf. Und natürlich weiss ich überhaupt nichts über die finale Staffel. Jedenfalls nichts, das ich erzählen dürfte. (lacht)

Sie verkörpern oft starke Frauen. Ein Zeichen der Zeit?

Stark ist zu einfach ausgedrückt. Ich würde eher sagen, dass ich Frauen spiele, die sich gegen starke Widerstände durchsetzen müssen. Heute werden Frauen in Filmen vielschichtiger dargestellt als früher. Sie sind nicht nur schöne Staffage, sondern müssen Probleme meistern oder um ihr Überleben kämpfen. Und das ist tatsächlich ein Zeichen der Zeit.

Fühlen Sie sich als Vorbild, besonders für junge Frauen?

Mit solchen Begriffen muss man vorsichtig sein. Es ist schon richtig: Ich erhalte oft Briefe von jungen Fans, die mich als Vorbild bezeichnen. Ich weiss deshalb, dass ich gerade beim jungen Publikum eine Menge Emotionen auslösen kann. Dieser Gedanke spielt auch durchaus mit, wenn ich eine Rolle auswähle.

Johnny Depp ist in Zürich, andere grosse Namen auch – trifft man solche Leute? Kann man am ZFF Projekte einfädeln oder geschieht das nur in Cannes?

Ich denke nicht, dass mir die am Wochenende über den Weg laufen (lacht). Ich möchte auch lieber meinen Abend geniessen. Mir wird hier in Zürich nämlich eine andere Schweiz geboten, als ich sie bislang von meinen Skiferien in den Bergen kenne.

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