«Kinds of Kindness»Sex, Gewalt und Absurditäten – aber was bitte soll es bedeuten?
Von Gianluca Izzo, Cannes
20.5.2024
Nach «Poor Things» arbeitet Emma Stone bereits wieder mit Filmemacher Yorgos Lanthimos zusammen. Im Film «Kinds of Kindness» erzählt dieser drei Geschichten, allesamt gespickt mit verrückten Ideen und Grotesken.
Von Gianluca Izzo, Cannes
20.05.2024, 22:41
Bruno Bötschi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Gerade erst lief «Poor Things» in den Schweizer Kinos, nun feierte am Filmfestival Cannes bereits der neue Film von Yorgos Lanthimos Weltpremiere.
«Kinds of Kindness» besteht aus drei Geschichten, die unabhängig voneinander funktionieren.
Die Schauspieler*innen Emma Stone, Willem Dafoe und Margaret Qualley (beide wie Stone eben erst in «Poor Things» zu sehen), Jesse Plemons und Hong Chao übernehmen dabei immer wieder andere Rollen.
Nur ein halbes Jahr nach dem Erscheinen seiner vierfach Oscar-nominierten und kontroversen Fantasy-Komödie «Poor Things» präsentiert der griechische Regisseur Yorgos Lanthimos bereits sein nächstes Werk am Filmfestival Cannes.
Ganz nach dem Motto «Never change a winning team» engagierte er für seinen neuesten Film «Kinds of Kindness» wieder die Oscar-Preisträgerin Emma Stone, Willem Dafoe und Margaret Qualley.
In der Hauptrolle wirkt zudem der hochtalentierte Jesse Plemons mit, der sich zuletzt mit grandiosen Darbietungen in Filmen wie «The Power of the Dog», «Killers of the Flower Moon» oder «Civil War» einen Namen gemacht hat.
Dynamisch, wild und laut
Die neue, schwarze Komödie von Lanthimos enthält auch klassische Thriller-Elemente. Und sie beginnt dynamisch, wild und laut.
«Sweet dreams are made of this» vom britischen Popduo Eurythmics ist am Anfang des Filmes zu hören, während die Logos der Produktionsfirmen über den Bildschirm flimmern.
Es wäre aber kein Lanthimos-Film, wenn er nicht mit den Erwartungen seines Publikums spielen würde. Und so endet der Song abrupt, als die erste Einstellung der filmischen Erzählung gezeigt wird.
«Kinds of Kindness» erzählt drei Geschichten aus New Orleans, allesamt mit denselben Darstellerinnen und Darstellern in unterschiedlichen Rollen. In der ersten Geschichte spielt Plemons einen verbitterten Büroangestellten, der im Auftrag seines Bosses (Willem Dafoe) einen Mord wie einen Unfall aussehen lassen soll.
In der zweiten Episode mimt Plemons einen verstörten Polizisten, der seiner verschollen geglaubten Ehefrau (Emma Stone) nach deren plötzlicher Rückkehr nicht traut und sie für ein Double hält.
Im dritten und letzten Teil des Films sind zwei Mitglieder (Hong Chau und Willem Dafoe) einer Sekte auf der Suche nach einer jungen Frau, welche die Fähigkeit besitzen soll, tote Menschen wieder zum Leben zu erwecken.
Willkommen in der Welt des Yorgos Lanthimos
Hört sich das alles superkurios an? Willkommen in der Welt des Yorgos Lanthimos!
Das Kuriose und Groteske findet der Filmemacher nicht nur in der gesamten Gestaltung des Storytellings, sondern im Detail jeder einzelnen Szene, sowohl im Dialog als auch visuell.
Abgehackte Körperteile, die in der Pfanne gebraten und aufgetischt werden oder das Auftauchen eines überraschend expliziten Sextapes sind nur zwei von zahlreichen Beispielen.
Lanthimos scheut wirklich vor gar keiner Provokation zurück – Sex, Gewalt und Absurditäten jeglicher Art sind Programm in seinem Film. Für manche Zuschauerinnen und Zuschauern dürften die expliziten, unappetitlichen und makabren Inhalte etwas zu viel des Guten sein.
Wegen dieser expliziten Inhalte ist «Kinds of Kindness» eindeutig weniger massentauglich und weniger zugänglich als die letzten beiden Werke «Poor Things» und «The Favourite» des griechischen Filmemachers.
In seiner Erzählform und mit seinen vielen absurden Dialogen erinnert «Kinds of Kindness» mehr an dessen früheren Werke «The Killing of a Sacred Deer» und «The Lobster».
Was erzählt wird, ist zwar stets witzig und originell, jedoch in seiner gesamten Erscheinung überhaupt nicht einfach aufzufassen, geschweige denn zu verstehen.
Was die drei Geschichten stets gemeinsam haben: Jede seiner Hauptfiguren sehnt sich nach Anerkennung und Bestätigung. Und stets wird dieser Wunsch von einer anderen Figur ausgenutzt.
Und somit wären wir wieder bei den Lyrics des eingangs erwähnten Songs «Sweet dreams are made of this» von Eurythmics:
«Some of them want to use you
Some of them want to get used by you
Some of them want to abuse you
Some of them want to be abused ...»
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