Kuppelshow DAS sollen Bauern sein?

Von Gion Mathias Cavelty

20.4.2020

«Ist ein Bauer nicht mehr ein Bauer?», fragt sich TV-Experte Gion Mathias Cavelty irritiert.

«Bauer sucht Frau International» – ein Sendungstitel, der auf so vieles hoffen liess! Aber die erste Folge von gestern Abend, ausgestrahlt auf RTL, enttäuschte mich.

Ganz unverblümt möchte ich fragen: Wie muss ein TV-Bauer beschaffen sein, damit man seinetwegen einen Grossteil des Sonntagabends vor dem Fernseher verbringt? Ist die Antwort nicht glasklar diese:

- Ein TV-Bauer muss stets einen stinkenden Stumpen/«Krummen» im Mundwinkel haben

- ... eine Mistgabel in der Hand halten

- ... von mindestens 35 Fliegen umschwirrt werden

- ... seinen Traktor erotisch finden

Im Falle von ausländischen Bauern – es geht hier ja um «Bauer sucht Frau International» – könnte es anstelle eines Stumpens auch das Bein einer Antilope oder etwas Ähnliches sein, das aus dem Mundwinkel hängt.

Doch was gab es stattdessen zu sehen? Bauern (und eine Bäuerin), die man sofort als Models engagieren könnte! Bauern (und eine Bäuerin), die druckreif Deutsch sprachen! Allerbeste Manieren aufwiesen! Kultiviert, reflektiert, weltmännisch: dergestalt präsentierten sie sich. Im Detail:

- Christoph (30, gebürtiger Südtiroler), Obst- und Gemüsebauer in der Emilia-Romagna: ein schüchterner, einfühlsamer Naturpoet.

- Sigi (71, deutschsprachig aufgewachsen), Betreiber einer 1'300 Hektar grossen Selbstversorger-Farm in Namibia: eigentlich der perfekte Gentleman-Kapitän für das «Traumschiff». Er würde Florian Silbereisen noch vor dem Frühstück in der Pfeife rauchen.

- Daniel (22, als Einjähriger mit seinen Eltern von Deutschland ausgewandert), Imker und Besitzer von 800 Bienenvölkern in Neuseeland: träumerisch; in Bezug auf Frauen vielleicht fast ein bisschen zu wählerisch; eventuell gar etwas snobistisch.

- Vivien (39, gebürtige Rheinländerin), Geflügelbäuerin in Australien, Herrin über 300 Hühner, 50 Truthähne, 20 Enten, 20 Gänse und 20 Wachteln: unglaublich herzlich und lustig, stets mit Leib und Seele bei der Sache.

Den drei Kandidaten, die 16'000 Kilometer weit geflogen waren, um Vivien auf ihrem Hof den Hof zu machen, gab sie puncto ihrer Erwartungen klar den Tarif durch: «Meine Tiere kriegen jeden Morgen Getreide. Das geht hier schon ziemlich früh los! Das ist harte Arbeit! Ich möchte dann schon sehen, ob jemand da auch mit anpackt oder ob der dann eher sich so zurückhält, weil das alles zu viel Arbeit ist.»

Womit wir beim zweiten grossen Kritikpunkt wären: Wer sich – wie ich – beim Stichwort «International» auf irgendwelche «Exotik» gefreut hatte, guckte ebenfalls in die Röhre. Hühner füttern? Kann man auch in Schwamendingen. Aber eine Killerspinnen-Farm, auf der man jeden Morgen den tellergrossen Spinnen ihr Gift abzapfen muss (das dann für Medikamente oder weiss der Himmel was verwendet wird) – das wäre doch etwas.

Fazit: Der Tendenz, im Fernsehen zunehmend differenzieren zu wollen, sollte Einhalt geboten werden. Zu viel Differenzierung verwirrt den Zuschauer. Wenn er keine Bauern mit Stumpen und Mistgabeln etc. zu sehen bekommt, ist er enttäuscht. Erfreuliches Gegenbeispiel der besagten Differenzierungstendenz: «Die Bachelorette» auf 3+. Dort sind die männlichen Volldödel noch wirklich männliche Volldödel. Danke dafür!

Die neuen Bauern.

Zurück zur Startseite