SRF und die Zukunft «Es braucht Personalities mit Grips, Charme und Charisma»

Von Carlotta Henggeler

28.8.2020

Inside SRF. Der Sender will in eine neue, digitale Zukunft aufbrechen und nennt das Projekt «SRF 2024». 
Inside SRF. Der Sender will in eine neue, digitale Zukunft aufbrechen und nennt das Projekt «SRF 2024». 
Keystone/Lukas Lehmann

Mit viel Tamtam präsentierte Nathalie Wappler das Projekt «SRF 2024». «Bluewin» hat bei drei Experten nachgefragt, was das für den Medienplatz Schweiz bedeuten könnte – und ob die Neuausrichtung gar gefährlich ist.

Die kürzliche Ankündigung von Nathalie Wappler liess die Schweizer Medienbranche aufhorchen. SRF verpasst sich in der nächsten Zeit eine digitale Frischzellenkur und will damit ein jüngeres Zielpublikum anziehen und gleichzeitig Geld sparen.

«Bluewin» hat drei Menschen, die das SRF aus der Nähe kennen, schriftlich angefragt, wie sie die Erfolgsaussichten einschätzen.

Regula Stämpfli an der Dreikönigstagung 2013 in Zürich: «Es schadet nicht, neue digitale Formate zu erfinden. Aber punkto Qualität muss aber gleich hoch informiert werden.»
Regula Stämpfli an der Dreikönigstagung 2013 in Zürich: «Es schadet nicht, neue digitale Formate zu erfinden. Aber punkto Qualität muss aber gleich hoch informiert werden.»
Keystone/Gaetan Bally

«SRF braucht Personalities mit Grips, Charme und altersunabhängigem Charisma» – Politologin, Dozentin und Kolumnistin Regula Stämpfli.

Nathalie Wappler versucht den Spagat: Stellen abbauen, Kosten senken und die Zukunft gestalten. Why not? Ja. Es braucht mehr digitalen Service public: Davon profitieren wir alle. Ja, es schadet nicht, neue digitale Formate zu erfinden.

SRF braucht Persönlichkeiten mit Grips, Charme und altersunabhängigem Charisma – digital ist nämlich nicht einfach «jung». «Boomers und Zoomers» müssen anders, punkto Qualität aber gleich hoch informiert werden. Sendungen wie «Rendez-Vous», «Echo der Zeit», «Doppelpunkt», Medien/Polittalks sind schon jetzt zeitversetzt und digital gut platziert. Gelingt dies plus neue Online-Messmethoden statt Einschaltquoten – Frau Wappler soll doch mal mich fragen –, dann hat der SRF-Service-public eine grosse Zukunft. 

Nick Lüthi, Gründer und Redaktionsleiter der «Medienwoche»: «Die digitale Transformation stellt alles auf den Kopf.»
Nick Lüthi, Gründer und Redaktionsleiter der «Medienwoche»: «Die digitale Transformation stellt alles auf den Kopf.»
Marco Leisi

«Eine allzu offensive Ausrichtung kann in seichten Populismus münden», Nick Lüthi, Medienjournalist («Medienwoche»).

Vier Kräfte für ein digitales Halleluja! Wir haben keine Chance, also packen wir sie: Ganz so aussichtslos präsentiert sich die Lage zwar nicht, aber Herkulesaufgaben erwarten SRF alleweil. Die digitale Transformation stellt alles auf den Kopf. Vier «Kräfte» sollen künftig zusammenwirken und die Publizistik prägen. Nicht mehr Journalistinnen und Journalisten alleine entscheiden, was veröffentlicht wird. Das Produkt soll so besser den Bedürfnissen des Publikums entsprechen.

Ob das gelingt, steht auf einem anderen Blatt, denn die Konkurrenz schläft nicht. Und eine allzu offensive Ausrichtung am Publikum kann in seichten Populismus münden.

Stephanie Vonarburg von syndicom sagt, SRF habe in der Medienlandschaft eine Vorbildfunktion.
Stephanie Vonarburg von syndicom sagt, SRF habe in der Medienlandschaft eine Vorbildfunktion.
zVg

«SRF muss sich bewegen – aber ohne Abstriche bei Qualität und Personal», Stephanie Vonarburg, Leiterin Sektor Medien und Vizepräsidentin syndicom.

SRF muss sich bewegen, klar. Die Programme der öffentlichen Sender und ihre Inhalte müssen so ausgestaltet werden, dass sie viel mehr auch die unter 50-jährige Bevölkerung ansprechen.

Aber ohne das bisherige Stammpublikum zu vernachlässigen. Und ohne Abstriche bei der Qualität. Das geht nur mit dem Personal, nicht gegen. Und ohne Entlassungen.

SRF hat in der Medienlandschaft eine Vorbildfunktion, sowohl in Sachen Mitsprache als auch bei den Arbeitsbedingungen und bei der Qualität der journalistischen Inhalte. Dafür bekommt die SRG jährlich über 1,2 Milliarden Franken aus der Haushaltsabgabe.

Zurück zur Startseite