Schweizer*Innen in L.A. (17) Von Phil Collins entdeckt und mit Engelbert auf Tour

Von Marlène von Arx, Los Angeles

5.6.2021

Phil Collins nahm ihn als Teenager in die Little Dreams Band auf, heute steht er mit Engelbert auf der Bühne: Der Waadtländer Gitarrist Johann Frank lebt seinen Traum, wenn ihn nicht gerade eine Pandemie vom Touren abhält.

Von Marlène von Arx, Los Angeles

5.6.2021

Schon über ein Jahr kann Johann Frank nicht mehr das tun, was er am liebsten tut: Auf der Bühne stehen und mit seinen Gitarrenklängen ein Publikum verzaubern. Im Frühjahr 2020 spielte er die 500. Show als Gitarrist in der Band der inzwischen 85-jährigen Showbiz-Legende Engelbert (Humperdinck). Seither ist Funkstille.

Für Oktober sind aber endlich wieder erste Tour-Daten in New York, New Jersey, Florida und in seiner Wahlheimat L.A. angesagt: «Die Musik ist in meinen Augen ein systemrelevantes Mittel, die Leute zu einen und sie an unsere Gemeinsamkeiten zu erinnern», so der aus Nyon stammende Waadtländer. «Aber ich verstehe auch die Schutzmassnahmen.» Sie zum Wohl seines Nächsten einzuhalten, leuchtet ihm ein. «Manchmal verwechseln wir Freiheiten mit Ansprüchen. Mir hat geholfen, zu sehen, was ich trotzdem noch habe, und dafür dankbar zu sein.»

Besonders schlimm getroffen von der Pandemie wurde sein Boss Engelbert: Seine Frau Patricia, mit der er 56 Jahre verheiratet war und die an Alzheimer litt, verstarb im Februar an Covid-19. Engelbert selber war auch infiziert, aber ist inzwischen auf dem Weg zur Besserung. «Das Herzzerbrechende dabei ist noch, dass Engelbert extrem vorsichtig war», so der Schweizer Musiker. «Schon im Februar des letzten Jahres, als noch niemand Masken trug, hat er welche für uns gekauft. Da war nicht zu spassen mit ihm.»

Lustiger geht es zu und her, wenn Johann und Engelbert zusammensitzen und eine Zigarre rauchen. Dann erzählt der Entertainer von früher. Von Dean Martin und Elvis Presley, von seiner Zeit im Militär in British Indien – einer Welt, die es heute nicht mehr gibt: «Als ich mit 23 Jahren bei ihm vorspielte, erzählte er mir, Jimmy Hendrix hätte für ihn einst im Vorprogramm gespielt und einmal sogar seinen kranken Gitarristen hinter dem Vorhang ersetzt», erinnert sich der Romand. «Ich würde da in ganz besondere Fussstapfen treten.»

Johann Frank trug damals auf Geheiss seines Agenten einen Anzug zur Audition, aber dem jungen Musiker war Engelbert eigentlich kein Begriff – bis er seine Hausaufgaben machte und Ohrwürmer wie «The Last Waltz» im Netz fand. Inzwischen hat er mit dem «King of Romance» in der Royal Albert Hall und im Kreml gespielt, im von Unruhen erschütterten Libanon und in Tahiti: «Er ist an so vielen Orten bekannt, dass es zwei Jahre dauert, bis wir in all seinen Märkten gespielt haben – und dann können wir gleich wieder von vorne anfangen.»

Als Teenager mit Phil Collins vor Roger Federer aufgetreten

Der 34-Jährige kann sich an keine Zeit erinnern, in der er nicht Musik machen wollte: Seine Eltern sagen, er hätte sie um eine Gitarre gebeten, sobald er sprechen konnte. Mit neun bekam er sie dann. Wer sein Talent richtig förderte, war kein geringerer als Phil Collins, der damals am Genfersee wohnte und durch seine «Little Dreams»-Stiftung junge Musiktalente förderte. Zwischen 14 und 18 Jahren konnte Johann Frank diverse Male mit ihm auftreten.

Besonders ist ihm die Tennis Dream Night 2003 in Genf in Erinnerung. Er spielte in der Little Dreams Band an der Seite von Collins und Genesis-Gitarrist Mike Rutherford: «Es war ein tolles Event: Roger Federer, der gerade Wimbledon gewonnen hatte, war da und viele andere Tennisspieler und Gaststars. Ich weiss es noch genau. Es war ein Dienstag und am nächsten Morgen nahm ich den Zug zurück nach Nyon. Es regnete in Strömen und ich hatte eine Mathe-Prüfung.»

Collins «Little Dreams»-Stiftung schickte ihn an Kurse in Frankreich, England und den USA und schliesslich ans Berkelee College of Music in Boston, wo prominente Musiker wie Quincy Jones, Melissa Etheridge und John Mayer schon die Schulbank drückten.

Johann Frank absolvierte den Lehrgang im Eilzugstempo und kam 2008 nach Los Angeles, wo er als Volontär in einer grossen PR-Firma auch die Geschäftsseite der Musikindustrie kennenlernte. Einen schlechteren Zeitpunkt hätte er sich aber nicht aussuchen können: «Es war Rezession und selbst etablierte Studiomusiker fanden keine Arbeit. Los Angeles brauchte wirklich keinen weiteren Gitarrenspieler.»

Auch um das Künstler-Visum musste er lange kämpfen, aber Phil Collins, mit dem er heute noch in Kontakt ist, sollte recht behalten: Was lange währt, wird endlich gut, prophezeite er. Und so war es denn auch. Inzwischen ist Johann Frank seit zehn Jahren mit Engelbert unterwegs, arbeitet dazwischen mit anderen Bands und nimmt als Studiomusiker Tracks für Filme und Fernsehshows auf.

Heimspiel auf seiner Bucket-List

Alleine als Solist auf der Bühne zu stehen, hat den Westschweizer nie wirklich gereizt: «Meine ursprüngliche Leidenschaft liegt im Blues. Das Zusammenspiel war mir immer wichtig. Kein Zoom kann das je ersetzen. Als ich mit der Little Dreams Band in Sion als Vorprogramm von Garou vor 16'000 Fans spielte, wusste ich, dass ich für Pop-Künstler spielen, ihrer Musik dienen und sie qualitativ unterstützen will.»



Ebenso angefressen wie von der Musik war Johann Frank schon immer von Amerika. Da sein Vater damals bei der Swissair arbeitete, reiste er schon als Kind nach Kalifornien. Heute sieht er Los Angeles durch eine andere Brille und es tut ihm weh, zu sehen, wie schlecht es vielen geht: «Die Stadt hat ein grosses Obdachlosen- und Drogenproblem. Ich fühle mich heute in Downtown L.A. weniger sicher als in Rio de Janeiro oder Johannesburg.» Er selber wohnt in einem Eigenheim etwas ausserhalb der Stadt im Vorort Encino, wo er schon mal Dave Grohl von den Foo Fighters beim Hike in den Canyons oder Mark Wahlberg im Starbucks antrifft. Die aufgezwungene Freizeit wegen der Pandemie nutzte er zu Hause, Gitarrenunterricht via Zoom zu erteilen, selber Klavier spielen zu lernen und seine begehrten Landschaftsfotos von seinen Touren auf Leinwand zu drucken und zu verkaufen.

In wenigen Jahren hat Johann Frank viel erreicht – aber natürlich hat auch er noch Träume. Mit oben auf der Bucket-List: ein Auftritt am Paléo in Nyon. «Ich habe schon in Montreux und das Caribana gespielt, das Paléo jedoch noch nie.» Wenn es eines Tages so weit sein wird, freut er sich auf eines besonders: «Nach dem Konzert zu Fuss nach Hause zu gehen und im eigenen Bett zu schlafen.»