TV-Kritik Neuer Schweizer «Tatort»: Top oder Flop?

Von Carlotta Henggeler

14.10.2020

Die zwei Hauptdarstellerinnen Anna Pieri Zuercher als Kommissarin Isabelle Grandjean und Carol Schuler als Tessa Ott.
Die zwei Hauptdarstellerinnen Anna Pieri Zuercher als Kommissarin Isabelle Grandjean und Carol Schuler als Tessa Ott.
SRF/Sava Hlavacek

Am Sonntag feiert der erste Zürcher «Tatort»-Fall der Kommissarinnen Tessa Ott und Isabelle Grandjean Premiere. Schon im Vorfeld polarisiert «Züri brännt». «blue News» seziert die erste Folge.

Mit «Tatort» ist es ein bisschen wie Fussball gucken und der Champions  League: Kein anderer TV-Krimi gibt so viel zu reden wie der sonntägliche Einsatz der «Tatort»-Ermittler. Dabei sind die einen im Münster-Fan-Club: Sie mögen den miesepetrigen Frank Thiel (Axel Prahl) und den schöngeistigen Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) wie sonst keinen anderen Krimi. Andere hingegen sympathisieren eher mit dem Kölner Duo Ballauf/Schenk.

So divers die «Tatort»-Formationen, so unterschiedlich auch die Geschmäcker. Nur eines ist klar: Kein anderes Krimi-Format im deutschsprachigen TV-Universum polarisiert mehr. 

Und so ist es auch mit dem neuen Zürcher «Tatort: Züri brännt», der am Zuerich Film Festival Premiere feierte. «blue News» hat «Züri brännt» gesehen und meint: Ein gelungener Auftakt, der Lust macht auf mehr.

Um was geht es in «Züri brännt»?

An ihrem ersten Arbeitstag wird Profilerin Tessa Ott gleich ins kalte Wasser geworfen: Beim Zürichsee wurde eine Brandleiche mit Kopfschusswunde gefunden. Am Tatort wird Ott von ihrer neuen Kollegin Isabelle Grandjean frostig begrüsst – die welsche Polizistin ist sich sicher, dass die unerfahrene Ott die Stelle nur dank Vitamin B bekommen hat. Die junge Kollegin stammt aus einer alteingesessenen Zürichberg-Familie. Widerwillig bezieht Grandjean die Profilerin in die Ermittlungen ein. Sie merkt aber bald, dass Ott zwar wenig Praxiserfahrung hat, dies aber durch Hartnäckigkeit und analytischen Verstand wettmacht. Und so unterschiedlich die beiden Frauen sind, so ideal ergänzen sie sich in den Mordermittlungen. 

Es scheint fast unmöglich, die Identität der Brandleiche herauszufinden. Deren buddhistisches Rückentattoo und das Kärtchen einer Psychotherapie in der Tasche bringen die Ermittlerinnen doch einen Schritt weiter und führen sie zurück in das bewegte Zürich der 1980er-Jahre. In die Zeit der Opernhauskrawalle, als es harte Fronten zwischen Polizei und der Jugendbewegung gab. Und was vor 40 Jahren geschah, hatte jetzt mörderische Konsequenzen.

«Züri brännt»: Top oder Flop?

Tessa Ott und Isabelle Grandjean sind ein ungleiches Duo, es ist keine Liebe auf den ersten Blick. Im Gegenteil. Doch sie müssen klarkommen, die Ermittlung wartet. Der Knatsch zwischen den Kommissarinnen erinnert an den Zwist zwischen Hauptkommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Anaïs Schmitz (Florence Kasumba). Wo es Reibereien gibt, gibt es Platz für Zwischenmenschliches, ergo für kleine oder grosse Büro-Dramen. Klar ein dramaturgisches Plus.

Und der erste Fall führt Ott/Grandjean zum Glück nicht ins Bankenviertel rund um den Paradeplatz, sondern mitten in die Jugendunruhen Zürichs in den 80er-Jahren. Für viele eine verblasste Krawall-Zeit, die in «Züri brännt» nochmals aufgefrischt wird und wieder Kontur bekommt. Und das ist ganz gut so. Auch für Zuschauer aus Deutschland oder Österreich. Monierte «Watson» jüngst, die Zürcher Jugendunruhen interessieren jenseits der Grenzen niemanden. Zu wenig wichtig, zu sehr auf Zürichs Mikrokosmos fokussiert.

Einsprache. Oder anders formuliert: Warum soll ein Karnevals-Fall aus Deutschland den Schweizer Krimi-Gucker interessieren? Eben.

Werden sich Ott und Grandjean in ihrem nächsten Fall, der sie in Zürichs Schoggiwelt führt, ein wenig annähern? Das ist sehr wahrscheinlich, im Grunde aber völlig egal. Ich fand Carol Schuler schon Pre-«Tatort» in der Netflix-Produktion «Skylines» genial und habe «Doppelleben» mit Anna Pieri Zuercher komageglotzt. Gehöre also schon länger zum Team Carol Schuler/Anna Pieri.

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