Bildungsfernsehen Monsteralarm in New York – die «Sesamstrasse» wird 50

dpa/fts

8.11.2019

Ernie und Bert feiern schon ihren 50. Geburtstag. Die beiden haben Kinder weltweit berührt und bei der Erziehung mitgeholfen.
Ernie und Bert feiern schon ihren 50. Geburtstag. Die beiden haben Kinder weltweit berührt und bei der Erziehung mitgeholfen.
Keystone

Ohne Elmo, Ernie und Bert oder das Krümelmonster wären Millionen Kindheiten ein bisschen ärmer gewesen: Die «Sesamstrasse» ist nach einem halben Jahrhundert eine Institution – gegen die sich anfangs Widerstand regte.

Diese Strasse hat Millionen Menschen die Welt erschlossen. Nein, nicht die Champs-Élysées, die Reeperbahn oder irgendein hartes Pflaster in Rio oder Chicago. Sondern jene, in der bunte Monster und Menschen seit nunmehr 50 Jahren vergnüglich in braunen Sandstein-Häusern in New York zusammenleben. Am 10. November 1969 lief in den USA die erste Folge der «Sesamstrasse», die nach eigenen Angaben erfolgreichste Kindersendung der Welt.

Damals war die kleine Sally die erste Besucherin: «Alles geschieht hier, du wirst es lieben», bekam das Mädchen gesagt und trifft nacheinander alle möglichen Figuren, die auch wir nicht mehr aus dem Kopf bekommen: Bibo flaniert federnden Schrittes durch die Sesame Street (Sesamstrasse) – ein bisschen verpeilt, ein bisschen schreckhaft. Ernie singt in der Badewanne, sein «Freund» (offen für Interpretationen) Bert ist garstig wie immer. Und Kermit erklärt Buchstaben, die das Krümelmonster hinter seinem Rücken verspeist.



Die Figuren der Sendung sind mittlerweile Institutionen der Kindererziehung. Mithilfe des Fernsehens brachten sie Generationen Zahlen und Buchstaben nahe. Sie erklärten in mittlerweile rund 4500 Folgen, wie wichtig Milch ist – oder Freundschaft. Sprachen auch heikle Dinge an: Süchte, Aids oder Autismus. Und mussten sich auch gegen die wachsende Konkurrenz im Kinderfernsehen und Internet behaupten.

Der immense Erfolg der «Sesamstrasse» spiegelt sich nicht nur darin, dass keine andere Sendung öfter den Fernsehpreis Emmy gewann. «Unsere stolzeste Leistung ist die Wirkung auf Kinder», sagt die Produktionsfirma «Sesame Workshop». Mehr als 1000 Studien haben demnach bestätigt, dass Zuschauer im Vorschulalter von der «Sesamstrasse» besonders profitierten.



Und weil die Show Kinder aus allen Ecken und Schichten der vielfältigen US-Gesellschaft ansprechen sollte, wurde sie auch «sehr anpassungsfähig» an andere Kulturen. So ist es kein Zufall, dass die Puppen – oft in lokal angepassten Ablegern der Show – mehr als 150 Länder erreichten, darunter Russland, China, Nigeria und Afghanistan.

Im deutschsprachigen Raum wurden ab 1973 zuerst synchronisierte US-Folgen ausgestrahlt. Doch ein Bündnis aus Eltern, Erziehern und Wissenschaftlern protestierte gegen die amerikanischen Strassenszenen. Gegen das Ghetto-Flair der US-«Sesamstrasse», das mit der Lebenswelt der Kinder hier nichts gemein habe. Deshalb kam Ende der 70er-Jahre eine «Sesamstrasse» mit dem leichtgläubigen Bären Samson («uiuiuiuiuiuiui»), der altklugen Tiffy und menschlichen Gastgebern wie Liselotte Pulver, Ute Willing, Ilse Biberti, Henning Venske, Manfred Krug, Uwe Friedrichsen und Horst Janson.

Es gehörte zum guten Ton unter Stars

Unterdessen zog die US-«Sesamstrasse» nicht nur Kinder in ihren Bann, sondern auch die Stars an. Die Backstreet Boys sangen mit einem Chor an kleinen Monstern, genauso wie Beyoncé oder Feist. Für die grosse Jubiläumsshow am 9. November in den USA haben sich unter anderem Whoopi Goldberg, Patti LaBelle und Elvis Costello angekündigt.

Ein Highlight selbst für «Sesamstrassen»-Verhältnisse waren in den vergangenen Jahren die Auftritte von Michelle Obama. Bei einem von ihnen mampfte Grobi der First Lady das Frühstück weg. Sie selbst sei fünf gewesen, als die ersten Folgen sie elektrisierten, sagte Obama kürzlich auf einer Gala.



Drei Jahrzehnte später dann seien ihre Töchter mit der Sendung aufgewachsen. Und schliesslich hätten Mutter und Töchter die «Sesamstrasse» für die Dreharbeiten gemeinsam besucht. «Wir waren total überwältigt vor Ehrfurcht. Unsere Gesichter füllten sich mit Staunen», sagte Obama. Nichts auf der Welt sei damit vergleichbar, die «Sesamstrasse» zu besuchen.

Doch wo liegt sie denn eigentlich, die Sesamstrasse? Was Millionen Kinder immer wieder gefragt haben, ist seit Mai etwas leichter zu beantworten: Ein kurzes Stück der 63. Strasse in Manhattan, in der Nähe des Central Park, trägt seitdem den Beinamen «Sesame Street».

Besucher mit grossen Erwartungen aber werden enttäuscht. Die Häuser sind grösser und das Leben ist nicht so unbeschwert wie in der Sesamstrasse aus dem Fernsehen. Es gibt keinen Ernie, der singt, keinen Bert, der schmollt. Und auch Michelle Obama ist nirgends zu sehen.

Die «Sesamstrasse» läuft immer morgens. Das nächste Mal am Montag, 11. November, um 7.45 Uhr auf KiKa. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

Die Serien-Highlights im November
Zurück zur Startseite