«Tatort»-Kritik «Tatort»-Kritik: Künstliche Intelligenz nervt die Kommissare

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21.10.2018

Ein junges Mädchen im Sog ihres hyperintelligenten, aber mörderisch unsensiblen Super-Laptops: Der neue Fall aus München spielte mit Computer-Ängsten, landete dann aber doch beim schaurigen Familiendrama.

Zwei alte Männer, ein Grafik-Kringel auf dunklem Bildschirm und die Finsternis im Internet: Der neue München-«Tatort: KI» mit den Ermittlern Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) wollte viele Fragen rund um die Gefahren von Künstlicher Intelligenz aufwerfen. Das gelang in Teilen. Hier alle Hintergründe zum jüngsten Sonntagskrimi aus der bayerischen Landeshauptstadt.

Worum ging es?

Um allgemeine Überforderungsängste durch moderne Computer-Technik, die nicht einmal mehr Spezialisten so richtig durchschauen. Auch darum, wie unsere computersüchtigen Kids von den Mächten des Internets bedroht und manipuliert – und letztlich sogar zum Äussersten getrieben werden. Fakt ist: Zur Mitte des Films war ein junges Mädchen tot. Die entscheidenden Tipps, mit welchen Mitteln und Tabletten ihr geplanter Selbstmord zum Ziel führt, hatte sich die einzelgängerische Melanie (Katharina Stark) von ihrer KI-getriebenen Horrormaschine im Kinderzimmer einflüstern lassen.

Um was ging es im Kern?

Um etwas sehr Altmodisches-Trauriges: wie tief die Wunden aufklaffen, wenn Ehen in die Brüche gehen, die Eltern nur noch schreien und zanken, und keiner mehr Zeit und Liebe für die eigenen Kinder findet. So banal, so tragisch!

Muss man vor diesem Schreckgespenst «KI» Angst haben?

Was den Münchner «Tatort» (Buch: Stefan Holtz und Florian Iwersen, Regie: Sebastian Marka) auszeichnete, war der Verzicht auf billige Schockeffekte und Cyber-Grusel, wie wir ihn zuletzt in deutlich überdrehteren Folgen der Reihe gesehen haben – etwa bei dem marodierenden Roboter aus dem jüngsten Berlin-«Tatort: Tiere der Grossstadt». Hier ging es um den alltäglichen Internet-Freund-und-Helfer, der letztlich doch so treuherzig doof ist, dass er Melanie sogar die richtigen Giftpillen empfiehlt. Wie unabsehbar die Folgen dieser Technologie für die Menschheit sind, umtrieb auch Forscher-Genie Stephen Hawking bis zu seinem Tod: «Die Entwicklung Künstlicher Intelligenz könnte entweder das Schlimmste oder das Beste sein, was den Menschen passiert ist.»

Wie glaubwürdig war das Bedrohungsszenario wirklich?

Zur Beantwortung dieser Frage sollte man sich nur noch einmal an die ratlosen Gesichter der diesmal besonders grau wirkenden Senior-Ermittler Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) erinnern. Oder aber auch an die Einstellung aus dem realen Rechenzentrum der TU München. In den noch immer schrankgrossen Supercomputern kann man sich komplexe KI-Anwendung gut vorstellen. Wie so eine aufwendig produzierte Software ruckelfrei auf einem handelsüblichen Heim-Laptop laufen sollte, hingegen nicht. Dabei spielt sich allein in den gängigen Chat-Programmen auch heute schon viel Schlimmeres ab, als manche Eltern auch nur ahnen.

Wie glaubwürdig war das Bedrohungsszenario wirklich?

Wenn in den Nebenrollen allzu prominente Namen auftauchen, müssen alle Alarmglocken klingeln. So ging die blutigste Gewalt im Film, der eigentlich lange gar kein Mord-Krimi, sondern eine Vermisstengeschichte war, ausgerechnet von Charakterkopf Dirk Borchardt (Bösewicht-Veteran aus ungezählten TV-Krimis) in der Rolle des überforderten Vaters aus. Und letztlich war es Lisa Martinek («Das Duo») als Melanies Mutter, die mit schockierender Gefühlskälte ihre Tochter in den Tod stolpern liess.

Wer hat überrascht?

Im Alte-Männer-Krimi war die kesse Minirock-Computerexpertin Anna Velot (Janina Fautz, «Allein gegen die Zeit», «Wilsberg») nicht nur für den Kommissars-Assistenten Kalli (Ferdinand Hofer) eine Augenweide. Sie machte ihm frech auch noch ein Angebot, das man eigentlich nicht ablehnen kann: Falls Kalli mit ihr schlafen wolle, solle er das nur sagen. Die Drehbuchautoren erlaubten dann allerdings doch nicht, dass Kalli auf dieses Angebot einging. Für den nächsten Versuch eines «modernen» Kriminalfalls könnte man sich auch mal das junge Team Anna-Kalli als Ermittler-Duo wünschen. In einer besseren Welt.

Wie geht's mit den Münchnern weiter?

Tatsächlich wird sich dieser Traum allerdings erst einmal nicht erfüllen. Das bewährte München-«Tatort»-Team aus Wachtveitl/Nemec hat im Sommer bereits den nächsten Fall «Die ewige Welle» abgedreht. Er spielt im Surfer-Milieu rund um die in München berühmt-berüchtigte Eisbach-Welle.

Der «Tatort» lief am Sonntag, 21. Oktober, um 20.05 Uhr auf SRF 1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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