«Null-Toleranz»-Politik 1800 Migrantenkinder an US-Grenze weiter von Eltern getrennt

AP

23.6.2018

Via Twitter düpiert der US-Präsident die Republikaner: Eine Abstimmung über Einwanderungsreformen ergebe bis zu den Kongresswahlen keinen Sinn mehr. An der Grenze zu Mexiko sind Kinder indes weiter ohne ihre Eltern untergebracht.

Trotz einer Anordnung der US-Regierung sind geschätzt 1800 Kinder von illegal in die USA gereisten Migranten weiter von ihren Familien getrennt. Ein Plan, wie die Kinder und Eltern wiedervereint werden können, sei noch in der Ausarbeitung, teilten die Bundesbehörden am Freitag mit. Die Zoll- und Einwanderungsbehörde ICE erklärte, sie werde 15 000 Betten für Migrantenfamilien bereitstellen. Am Tag zuvor hatte das Pentagon mitgeteilt, auf US-Militärbasen Platz für 20 000 Migranten zu schaffen.

Die «Null-Toleranz»-Politik der USA hatte zur Trennung von Kindern und Eltern nach dem illegalen Grenzübertritt von Mexiko ins Land geführt. Wegen der Regelung aus dem Weissen Haus waren über Wochen hinweg mehr als 2300 Minderjährige von ihren Müttern und Vätern getrennt worden. Dies hatte der Regierung im Inland wie international scharfe Kritik eingebracht. Präsident Donald Trump verfügte schliesslich ein Ende der Familientrennungen.

Aus Regierungskreisen verlautete, die Bundesbehörden arbeiteten an einem zentralisierten Wiedervereinigungsprozess in einer Hafteinrichtung in Texas für alle verbliebenen Kinder. Wie die Zusammenführungen ablaufen sollten, schien zunächst aber unklar. «Das ist eine grosse Frage. Es hat nicht viele Antworten gegeben», sagte ICE-Mitarbeiter Henry Lucero bei einer Veranstaltung im texanischen Weslaco. Allgemein benötige die Behörde ICE einige Tage, um ein gewilltes Elternteil mit seinem Kind zusammenzuführen, sagte er. Nach der Trennung der Familien werden die Kinder von den US-Gesundheitsdiensten beaufsichtigt - und nicht wie die Eltern von den Einwanderungsbehörden.

Der republikanische Senator Marco Rubio besichtigte am Freitag eine Einrichtung nahe Miami, die mehr als 1000 jugendliche Migranten beherbergt. Diese gelten laut offiziellen Angaben als unbegleitete Minderjährige, weniger als 70 von ihnen sind an der Grenze von erwachsenen Angehörigen getrennt worden. Familientrennungen seien «eine fürchterliche Situation», räumte Rubio ein, aber die USA hätten weder das Geld noch die Kapazität, von Einwanderungsbehörden festgenommene Familienmitglieder zusammen unterzubringen. Der Wunsch, Familien zusammenzuhalten, müsse gemeinsam mit Richtlinien umgesetzt werden, die die Flucht der Menschen aus ihren Heimatländern verhindere.

Im US-Kongress stiessen die Republikaner indes auf den Widerstand des Präsidenten. Dieser legte in der Einwanderungsdebatte am Freitag die nächste Kehrtwende hin, als er seine Parteikollegen aufrief, bis zu den Zwischenwahlen im November keine Zeit mehr mit dem Thema Zuwanderung mehr zu verschwenden. Nach einem Wahlsieg werde das leichter sein, sagte Trump. Noch am Dienstag hatte er die Republikaner gedrängt, eine Lösung für die Probleme an der Grenze zu Mexiko zu finden. Nun beschuldigte Trump erneut die Demokraten, für die Schwierigkeiten im Einwanderungsstreit verantwortlich zu sein. Dabei haben die Republikaner in beiden Kongresskammern die Mehrheit.

An der Grenze beklagte die Bürgerrechtsgruppe Texas Civil Rights Project, Zusammenführungen könnten Tage oder Monate in Anspruch nehmen - es gebe keinen Zeitplan. Pressesprecher Zenén Jaimes Pérez kritisierte, die US-Regierung müsse erklären, wie der Prozess aussehen werde; das sei noch immer nicht bekannt. In der Grenzstadt McAllen befragt die Gruppe täglich erwachsene Migranten, um die Unterbringung von Eltern und Kindern in unterschiedlichen Einrichtungen nachzuhalten.

Der Bürgermeister von Los Angeles, Eric Garcetti, sagte, in seiner Stadt seien geschätzt 100 Migrantenkinder von ihren Familien getrennt. Die Verwaltung habe aber wenig Informationen über sie, weil sie unter Bundeskontrolle stünden und Los Angeles daher nicht übernehmen könne. Er kritisierte, die US-Regierung teile ihre Erkenntnisse nicht - die Stadt habe von Aktivisten in Erfahrung gebracht, dass die Kinder über Verträge auf Bundesebene in Pflegefamilien und Gruppenheimen untergebracht worden seien. Viele der Kinder seien sehr jung - einige zu jung, um ihre Eltern zu identifizieren.

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