Unruhen im Iran Armee und Geheimdienst fordern Todesstrafe für Demonstranten

dpa/tpfi

24.9.2022

Die paramilitärischen Truppen der iranischen Revolutionsgarde marschieren während einer Militärparade zum Gedenken an den Jahrestag des Beginns des irakisch-iranischen Krieges 1980-88 vor dem Schrein des verstorbenen Revolutionsgründers Ayatollah Khomeini in der Nähe von Teheran. 
Die paramilitärischen Truppen der iranischen Revolutionsgarde marschieren während einer Militärparade zum Gedenken an den Jahrestag des Beginns des irakisch-iranischen Krieges 1980-88 vor dem Schrein des verstorbenen Revolutionsgründers Ayatollah Khomeini in der Nähe von Teheran. 
Bild: Vahid Salemi/AP/dpa

Im Dutzenden Städten Irans liefern sich Demonstranten Auseiandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Armee und Geheimdienst sprechen eine scharfe Warnung aus. Erstmals meldet sich der deutsche Bundeskanzler Scholz zu den Protesten.

dpa/tpfi

24.9.2022

Irans Streitkräfte haben angesichts nicht enden wollender Proteste auf Schärfste vor einer Störung der Sicherheit im Land gewarnt. «Wir werden den Feinden nicht erlauben, die Situation auszunutzen», hiess es in einer Mitteilung, wie die iranische Nachrichtenagentur Isna am Freitag berichtete. Auch der Geheimdienst warnte nach Angaben der Agentur Tasnim vor einer Teilnahme an «illegalen Versammlungen».

Justizchef Gholam-Hussein Mohseni-Edschehi hatte am Donnerstag ein hartes Durchgreifen der Sicherheitskräfte bei den landesweiten Protesten angeordnet. Mindestens 17 Menschen wurden bei den Unruhen bereits getötet. Aktivisten befürchten jedoch eine deutlich höhere Opferzahl.

Regierung organisiert Gegenproteste

Auslöser der Proteste ist der Tod der 22 Jahre alten Iranerin Mahsa Amini. Sie wurde vor gut einer Woche von der Sittenpolizei wegen eines Verstosses gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen. Was genau mit Amini nach ihrer Festnahme geschah, ist unklar. Jedenfalls fiel sie ins Koma und starb am Freitag in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück. Seitdem demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung.

Demonstranten protestieren während in der Innenstadt von Teheran und skandieren Parolen gegen den Tod der 22-jährigen Iranerin Mahsa Amini.
Demonstranten protestieren während in der Innenstadt von Teheran und skandieren Parolen gegen den Tod der 22-jährigen Iranerin Mahsa Amini.
Archivbild: Uncredited/AP/dpa

Die iranische Führung mobilisierte am Freitag ihre Anhänger. Nach Angaben der Staatsmedien gingen Tausende Menschen auf die Strassen, um sich mit dem Regierungskurs zu solidarisieren. Bei den von der Regierung organisierten Demonstrationen marschierten Anhänger nach dem Freitagsgebet durch mehrere Städte, wie auf Bildern des Staatsfernsehens zu sehen war. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna riefen die Demonstranten auch Slogans wie «Tod Amerika» oder «Tod Israel» sowie «Unser Volk ist wach und hasst Unruhestifter». Der Protest richtete sich gegen systemkritische Äusserungen bei den Unruhen der vergangenen Tage.

Internet massiv eingeschränkt

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äusserte sich am Freitag zu den Protesten im Iran: «Es ist schrecklich, dass Mahsa Amini im Polizeigewahrsam in Teheran gestorben ist», schrieb Scholz am Freitag auf Twitter. «Egal wo auf der Welt: Frauen müssen selbstbestimmt leben können - ohne um ihr Leben fürchten zu müssen.»

Als Reaktion auf die Proteste hat die Regierung den Zugang zum Internet massiv eingeschränkt, und insbesondere mobile Netzwerke sind weitgehend abgeschaltet. Dutzende Menschen wurden laut iranischen Medien im Rahmen der Proteste verhaftet. Unter ihnen sind nicht nur Teilnehmer der Unruhen, sondern auch Aktivisten und Journalisten. Auch die Journalistin Nilufar Hamedi, die den Fall Aminis als eine der Ersten bekannt gemacht hatte, wurde in der iranischen Hauptstadt Teheran inhaftiert.

Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften. Insbesondere in den Metropolen sehen viele Frauen die Regeln inzwischen aber eher locker und tragen beispielsweise ihr Kopftuch nur auf dem Hinterkopf - zum Ärger erzkonservativer Politiker. Religiöse Hardliner im Parlament versuchen seit Monaten, die islamischen Gesetze strenger anwenden zu lassen.