Medizin/DiagnoseDiagnose von Leberzirrhose im Endstadium
SDA
28.4.2020 - 12:17
Patienten mit einer Leberzirrhose sind oft nur durch eine Organtransplantation zu retten. Standard für die Bewertung der Dringlichkeit des Eingriffs ist eine komplexe Formel aus verschiedenen Laborwerten. Nun gibt es eine einfachere und treffsicherere Methode.
Eine Zirrhose entsteht nach landläufiger Meinung durch jahrelangen starken Alkohol-Konsum oder eine chronische Hepatitis B oder C. Doch mittlerweile steht die durch Übergewicht verursachte nicht-alkoholische Fettleber an zweiter Stelle der Ursachen für eine Leberzirrhose.
In allen Fällen wandelt sich die Leber in narbiges Bindegewebe um. Das Organ – das neben der Entgiftung auch für die Bildung lebenswichtiger Stoffe verantwortlich ist – kann seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen. Anders als bei Herz oder Niere gibt es für die Leber jedoch kein künstliches Ersatzsystem. Am Ende hilft nur noch die Transplantation.
Die Grazer Forscher haben gemeinsam mit internationalen Kollegen entdeckt, dass sogenannte HDL-bezogene Biomarker robuste Indikatoren für das Fortschreiten der Erkrankung und Überleben bei chronischem Leberversagen darstellen. Die Studienergebnisse wurden kürzlich im «Journal of Hepatology» veröffentlicht. «Es ist faszinierend, welche Treffsicherheit unsere Einzelparameter zeigten», schwärmt Rudolf Stauber von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Med-Uni Graz
Niedrige Cholesterinwerte als Alarmzeichen
Den Forschern war aufgefallen, dass bei Patientinnen, die an einer Leberzirrhose erkrankt sind, häufig ein niedriger Spiegel von Gesamtcholesterin und speziell des HDL-Cholesterins vorliegt. Auch das HDL-Cholesterin transportierende Apolipoprotein-A-1 (ApoA-1) war niedriger.
«Die HDL-assoziierten Apoproteine nehmen bei zunehmender Schwere der Lebererkrankung weiter ab und sind bei der schwersten Form, dem akut-chronischen Leberversagen, welches eine 90-Tage Mortalität von rund 50 Prozent aufweist, besonders niedrig», erläuterte der Experte.
HDL-assoziierte Apoproteine, aber auch bestimmte HDL-assoziierte Phospholipide haben eine entzündungshemmende Wirkung und schützen daher den Körper. Sinkt der HDL Spiegel ab, geht dieser Schutzmechanismus verloren. «Wir wollten in einer Langzeitverlaufsbeobachtung herausfinden, wie die HDL-Quantität und -qualität mit dem Fortschreiten und Überleben von Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung zusammenhängen», berichtete Stauber.
Ein Indikator ersetzt drei Parameter
Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe um Gunther Marsche vom Lehrstuhl für Pharmakologie der Med-Uni Graz und internationalen Kollegen untersuchten die Forscher die HDL-Cholesterinspiegel (HDL-C). Untersucht wurden auch deren Untergruppen HDL2-C und HDL3-C, ApoA-1, sowie die Cholesterin-Efflux-Kapazität von mehr als 500 Patienten mit Leberzirrhose unterschiedlicher Schweregrade.
Dabei zeigte sich, dass die Ausgangswerte von HDL-C und ApoA-1 bereits bei stabiler Zirrhose signifikant niedriger waren als bei der gesunden Kontrollgruppe. HDL-C-Werte geringer als 17 mg/dl oder ein ApoA-1-Wert unter 50 mg/dl gingen mit einer Drei-Monate-Sterblichkeit um 50 Prozent einher.
Laut Stauber lieferten sowohl HDL-C als auch ApoA-1 als Einzelparameter eine ähnliche prognostische Information wie der MELD-Score (Model for Endstage Liver Disease), der anhand einer komplexen Formel aus den Parametern Bilirubin, Creatinin und INR errechnet wird. Seine Höhe sagt die Wahrscheinlichkeit voraus, mit der Patient und Patientin drei Monate überleben.
Die Forschergruppe will in eine weiteren Projekt den prognostischen Wert von HDL-Biomarkern in einer grossen internationalen Kohorte validieren und dann mit den bisherigen MELD-Parametern kombinieren, um die Prognose-Einschätzung bei Leberzirrhose weiter zu verbessern.
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