Russlands neue Atomdrohung «Die Welt wird bis zum Sommer dieses Jahres noch unsicherer»

tafi/dpa/AFP

14.4.2022

Dimitri Medwedew (rechts) ist ein enger Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin und droht Finnland und Schweden unverhohlen, sollten die Länder der Nato beitreten.
Dimitri Medwedew (rechts) ist ein enger Vertrauter von Russlands Präsident Wladimir Putin und droht Finnland und Schweden unverhohlen, sollten die Länder der Nato beitreten.
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Finnland und Schweden erwägen einen Nato-Beitritt. Der Putin-Vertraute Dimitri Medwedew erklärt die Länder zu «offiziellen Gegnern Russlands» – mit weitreichenden Folgen für die Sicherheit des Baltikums.

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14.4.2022

Russland droht schon wieder mit Atomwaffen. Mit Blick auf die finnische und schwedische Bevölkerung erklärte Dmitri Medwedew im Messenger-Dienst Telegram, dass «niemand, der bei klarem Verstand ist, eine Zunahme der Spannungen an seiner Grenze wünschen und neben seinem Haus Iskander-, Hyperschallraketen und Schiffe mit Atomwaffen haben möchte».

Medwedew ist ehemaliger Präsident Russlands und die derzeitige Nummer zwei des russischen Sicherheitsrats. Der Politiker gilt als Vertrauter Wladimir Putins und ist zuletzt häufiger als Hardliner aufgefallen. Falls Finnland und Schweden der Nato beitreten, würden die beiden Länder «offiziell Gegner Russlands», schrieb er.

«In diesem Fall kann schon nicht mehr von einem atomwaffenfreien Status des Baltikums die Rede sein», drohte Medwedew in seinem Nachrichtenkanal bei Telegram offen mit der Stationierung von Atomwaffen in der Region. «Womöglich wird die Welt dann schon bald, also bis zum Sommer dieses Jahres, noch unsicherer.»

Finnland macht bei Nato-Entscheid vorwärts

Finnland rückt derweil einer Entscheidung über einen Nato-Beitritt zügig näher. Ministerpräsidentin Sanna Marin sagte am Mittwoch bei einem Besuch in Stockholm, sie wolle zwar keinen Zeitplan vorgeben. Die Regierungschefin rechne aber damit, dass ein finnischer Entschluss «innerhalb von Wochen, nicht innerhalb von Monaten», stehen werde.

Die finnische Regierung hatte dem Parlament in Helsinki nach der Invasion russischer Truppen in der Ukraine eine umfassende Sicherheitsanalyse vorgelegt, die sich mit den Vor- und Nachteilen einer Nato-Mitgliedschaft auseinandersetzt. In der Woche nach Ostern will sich das Parlament damit befassen.

Sollte Finnland die Nato-Mitgliedschaft beantragen, müsste sich das Land der Analyse zufolge auf umfassende Versuche der Einflussnahme sowie Risiken vorbereiten. Zu den Nachteilen zählten auch zunehmende Spannungen an der 1'300 Kilometer langen finnisch-russischen Grenze.

Ein Vorteil wäre es, dass Finnland unter die im Nato-Artikel 5 verankerte kollektive Verteidigung schlüpfen würde. Die Mitgliedschaft würde Finnland hingegen nicht dazu verpflichten, die Stationierung von Atomwaffen, ständigen Stützpunkten oder Truppen zu akzeptieren.

Russland verstärkt westliche Flanke

Das militärische Vorgehen Moskaus in der Ukraine hat sowohl in Finnland als auch in Schweden zu einer dramatischen Kehrtwende in der öffentlichen und politischen Meinung hinsichtlich eines Beitritts zur Nato geführt. Bislang arbeiten die Länder zwar mit dem Verteidigungsbündnis eng zusammen, sind aber keine Mitglieder.

Im Fall eines Beitritts würden sich die Grenzen des Bündnisses mit Russland mehr als verdoppeln. «Diese Grenzen müssten verteidigt werden», stellte Dimitri Medwedew klar und verwies auf die Verlegung von Infanterie und Luftabwehrsystemen in den Nordwesten Russlands sowie auf die Verlegung von Seestreitkräften in den finnischen Meerbusen.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bestätigte, dass «darüber schon oft gesprochen wurde» und dass Wladimir Putin angesichts des wachsenden militärischen Potenzials der Nato einen Befehl zur «Verstärkung unserer westlichen Flanke» erteilt habe.

Auf die Frage, ob diese Verstärkung auch Atomwaffen umfassen würde, sagte Peskow: «Das kann ich nicht sagen. Es wird eine ganze Liste von Massnahmen und notwendigen Schritten geben. Darüber wird der Präsident in einer separaten Sitzung sprechen.»